Oracles Deutschland-Chef Rolf Schwirz: "Vor uns liegt ein hartes Stück Arbeit"

17.11.2005

Umstieg auf SOA?

CW: Also können die Kunden langsam Schritt für Schritt auf SOA umsteigen?

SCHWIRZ: Wie sie die Migration angehen können, dazu erarbeitet Oracle derzeit Vorschläge und White Papers, die zum Jahreswechsel herauskommen werden. SOA ist eine ganz neue Architektur. Wir tun alles, damit wir und unsere Kunden dem Wechsel entspannt entgegenblicken können. Dazu schützen wir die Investitionen unserer Kunden. Oracle hat mittlerweile eine Größe erreicht und erwirtschaftet entsprechende Margen, dass wir uns das leisten können.

CW: Aber es hat doch einige Unruhe unter den Kunden gegeben?

SCHWIRZ: Das ist normal. Mittlerweile hat sich mit unseren Supportzusagen für die bestehenden Softwarelinien die Situation soweit beruhigt, dass wir ganz kontinuierlich weiterarbeiten können. Es gibt eine Strategie und ein Konzept von Oracle. Außerdem sagen wir nicht, es ginge alles ganz leicht. Wir behaupten nicht, der Kunde brauche nur ein paar Tools, die über Nacht liefen, und schon sei er in der neuen Softwarewelt. Für uns gilt es jetzt, unsere Vision wahr zu machen. Das ist ein hartes Stück Arbeit, das da vor uns liegt.

CW: Wie kam das bei den Kunden an?

SCHWIRZ: Gut. Ich möchte unsere Antworten möglichst schnell an alle Partner und Kunden verbreiten. Unser Wettbewerb versucht derzeit natürlich, massiv unsere Kunden abzuwerben. Das meine ich nicht negativ. Im umgekehrten Fall würden wir dasselbe. Es ist jedoch eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen.

CW: Wie konkret können Ihre Vorbereitungspapiere zur Migration denn schon sein?

SCHWIRZ: Wie das im Detail aussieht, kann ich noch nicht sagen. Die Vorbereitungen haben ein paar Monate gedauert, weil das nicht nur eine Strategie ist, sondern dahinter bereits handfeste Maßnahmen stecken. Das bedeutet, wir haben das Szenario zunächst am Schreibtisch einmal durchgespielt, haben eine Machbarkeitsanalyse erstellt und wissen nun, welcher Weg im Detail der gangbarste ist. Jetzt sind wir dabei, die entsprechenden White Papers zu formulieren. Ich vermute mal, diese werden noch nicht so konkret sein, dass keine Fragen mehr offen bleiben. Sie werden aber schon einiges an Substanz mitbringen.

Web-Services

CW: Derzeit baut jeder Hersteller an seinen Web-Services. Werden sich diese Services untereinander verstehen, oder kocht jeder Hersteller wieder sein eigenes Süppchen?

SCHWIRZ: Ich glaube, dass wir uns komplett an die Standards halten, soweit es die gibt. Was hier passiert, ist auch eine grundlegende Veränderung des Geschäftsmodells der Softwareindustrie. Mit diesen Web-Services ist es beispielsweise denkbar, dass sich die Fertigungstiefe eines Softwareunternehmens unterschiedlich definiert, je nachdem, wo man in der Wertschöpfungskette steht. Vielleicht passt sich unsere Industrie mehr und mehr an das Modell der Automobilbranche an. Ich gehe davon aus, dass die großen Blöcke von betriebswirtschaftlichen Prozessen von großen Herstellern geliefert werden. Vertikale Zusatzausprägungen wird es von kleineren Spezialanbietern geben. Beides wird in Zukunft von Haus aus zusammenpassen, wenn sich alle an die Standards halten. Ich kann nicht beurteilen, wie das bei den Wettbewerbern aussieht, aber wir werden uns an die Standards halten.

CW: Wie lange wird es aus Ihrer Sicht dauern, bis sich SOAs in der Fläche durchgesetzt haben werden?

SCHWIRZ: Ich gehe davon aus, dass die ersten Produkte, die man wirklich nutzen kann, etwa 2008 auf den Markt kommen werden. Dann wird es die typischen Adaptionskurven geben. Ich denke, die ganze Geschichte wird uns über den Wechsel des Jahrzehnts hinaus beschäftigen. Ich bin aber davon überzeugt, dass SOA das nächste große Ding in der Softwareentwicklung sein wird - wenn die Unternehmen anständig arbeiten.