Prozess gegen SAP weitet sich aus

Oracle will TomorrowNow-Kunden vor Gericht laden

02.02.2009
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Oracle verschärft das Verfahren gegen den Konkurrenten SAP. Nun sollen auch Kunden der mittlerweile geschlossenen SAP-Tochter TomorrowNow vor Gericht aussagen.

Oracle will im Rahmen seiner Klage gegen SAP ehemalige TomorrowNow-Kunden vor Gericht vorladen. Das geht aus einer Eingabe SAPs an das zuständige Bezirksgericht in Kalifornien hervor. Darin verteidigt der deutsche Softwarekonzern sein Vorgehen, Dokumente, die im Prozess verwendet werden sollen, darauf hin zu prüfen, ob vertrauliche Informationen darin enthalten sind. Darüber weist der SAP-Anwalt darauf hin, welchen Aufwand sein Mandant treibe, um Material und Zeugen für die Klärung des Falles bereit zu stellen.

Oracle hatte SAP im März 2007 verklagt. Der US-Konzern wirft seinem deutschen Konkurrenten vor, über die US-Tochter TomorrowNow Industriespionage betrieben und illegal auf Support-Material von Oracle zugegriffen zu haben. TomorrowNow bot Support und Wartung für die von Oracle übernommenen Softwarelinien von Peoplesoft, Siebel und J.D. Edwards an. Die SAP-Verantwortlichen hofften mit der Übernahme, verunsicherte Oracle-Kunden abwerben zu können.

Dieser Plan ging jedoch nicht auf. Das SAP-Management musste Unregelmäßigkeiten im Geschäftsbetrieb von TomorrowNow einräumen, wies den Vorwurf der wissentlichen Industriespionage aber zurück. TomorrowNow habe durchaus das Recht gehabt, auf Oracle-Material zuzugreifen. Um den Schaden zu begrenzen wechselten die Walldorfer in der Folge das TomorrowNow-Management aus und schlossen die US-Tochter im vergangenen Herbst schließlich ganz.

Was hinter dem jüngsten Schachzug Oracles steckt ist noch nicht klar. Weder ist genau bekannt, was in den besagten Dokumenten steht, noch steht fest, welche Kunden vor Gericht erscheinen sollen. Das Oracle-Mangement wollte sich dazu bislang nicht äußern.

Für Oracle gehe es in dem Verfahren darum nachzuweisen, dass durch das Verhalten von TomorrowNow ein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei, sagt China Martens, Analystin der 451 Group. Der jüngste Schritt deute darauf hin, dass dies dem US-Konzern nicht leicht falle. Ob die Vorladung der Kunden dabei hilft, sei fraglich.

Oracles Aktion sei verständlich, meint dagegen Eric Goldblum, Rechtsprofessor an der Santa Clara University. Schließlich baue SAPs Verteidigung hauptsächlich darauf auf, im Dienst der Kunden gehandelt zu haben. Daher sei es nachvollziehbar, dass Oracle mehr über die Aktionen dieser Kunden wissen wolle. Die TomorrowNow-Kunden vor Gericht zu laden sei allerdings eine harte Maßnahme. Oracle müsse damit rechnen, sich diese Firmen als Kunden zu verprellen. Diese ehemaligen TomorrowNow-Kunden könnten nämlich Wartungskunden von Oracle werden, nachdem die SAP-Tochter ihren Betrieb eingestellt hat. Schließlich bedeute ein solches Verfahren Aufwand und möglicherweise Image-Verlust. Kein Unternehmen sehe sich gerne auf der Anklagebank.

Das nächste Treffen vor dem Richter ist für den 23. Februar angesetzt. Sollten sich die Streithähne in den kommenden Monaten nicht einigen, wird im Februar 2010 offiziell ein Verfahren eingeleitet.