News von der OpenWorld

Oracle will mehr als nur Cloud-Provider sein

02.10.2014
Von 
Harald Weiss ist Fachjournalist in New York und Mitglied bei New York Reporters.
Das beherrschende Thema auf Oracles diesjähriger Kundenveranstaltung OpenWorld war das klare Bekenntnis des Ex-CEOs und jetzige Technologie-Chef Larry Ellison zur Cloud. Einige Hardware-Ankündigungen laufen indes einer konsequenten Cloud-Strategie zuwider.
Larry Ellisons auf Oracle OpenWorld 2014: "Wir haben das größte SaaS-Angebot und adressieren damit so viele Branchen, wie kein anderer Anbieter."
Larry Ellisons auf Oracle OpenWorld 2014: "Wir haben das größte SaaS-Angebot und adressieren damit so viele Branchen, wie kein anderer Anbieter."
Foto: Harald Weiß

Es hat ein paar Jahre gedauert, aber jetzt ist auch Oracle endlich in der Wolke angekommen und folgt damit der Strategie von Salesforce, Microsoft, SAP, IBM, Amazon und HP. Oracles neue Cloud-Services teilen sich in die drei Bereiche Software as a Service (SaaS), Platform as a Service (PaaS) und Infrastrcture as a Service (IaaS). Laut Ellison ist das Angebot so umfassend, dass man sich bereits als einen der führenden Cloud-Anbieter bezeichnen kann. "Wir haben das größte SaaS-Angebot und adressieren damit so viele Branchen, wie kein anderer Anbieter", sagte er gleich zu Beginn seiner Eröffnungsrede zur OpenWorld in San Francisco (siehe auch Larry Ellison beschwört die Cloud und teilt kräftig aus).

Der Schwenk in die Cloud kommt spät

Oracles Strategie-Änderung von On-Premise-Angeboten zu Cloud-Lösungen war überfällig, denn der Markt hat diesen Schwenk schon längst vollzogen. Laut Gartner nutzen 87 Prozent aller Unternehmen und Organisationen bereits Public-Cloud-Dienste. Das hat bereits dazu geführt, dass 51 Prozent aller IT-Lasten in der Cloud ablaufen - Tendenz stark steigend. So soll schon in sechs Jahren ein Drittel aller Daten in der Cloud sein.

Bei IDC erwartet man, dass der Cloud-Markt jährliche Wachstumsraten von rund 20 Prozent aufweisen wird. Das ist deutlich mehr als die mageren Wachstumsraten, die Oracle in den letzten Jahren melden konnte, die stets unter fünf Prozent lagen. Das lag vor allem an der Hardware und den Lizenz-Verkäufen, die kaum noch zulegen konnten. Im Angebots-Portfolio von Oracle gibt es nur einen Bereich, der im jüngsten Quartal um über 30 Prozent ansteigen konnte: Die Cloud-Services. Doch diese machen gerade mal sechs Prozent vom Gesamtumsatz aus und bewirken auch nur einen Marktanteil von 2,8 Prozent. Bei diesen Zahlen wird deutlich, warum Ellison das Unternehmen ganz schnell auf die Cloud einschwören muss.

Ein auf CIOs ausgerichtetes Cloud-Angebot

Mark Hurd, CEO von Oracle: Unternehmen streben eine Konsolidierung ihrer Cloud-Installationen an.
Mark Hurd, CEO von Oracle: Unternehmen streben eine Konsolidierung ihrer Cloud-Installationen an.
Foto: Harald Weiss

Insgesamt erscheint Oracles Cloud-Angebot umfangreich, gut abgestimmt und auf die Interessen der CIOs und IT-Verantwortlichen ausgerichtet. Denen geht es vor allem um einfache Administrierbarkeit, weitgehende Kompatibilität und Performance. Diese Zielrichtung wurde auch in der Keynote des neuen CEOs Mark Hurd sehr deutlich. Hurd interviewte auf der Bühne die CIOs von einigen Groß-Kunden, wie FedEx, General Electric und Procter & Gamble.

So sagte Xerox-CIO Stephen Little: "Wir haben uns für die Oracle-Cloud entschieden, weil wir einer umfangreich integrierte Lösung den Vorzug geben gegenüber einem Mix von Einzellösungen." Xerox nutzt Oracles Cloud für den Direktvertrieb, hat aber für den indirekten Vertrieb noch SAP sowie verschiedene SaaS-Applikationen von Salesforce im Einsatz.

Eine solche heterogene Cloud-Landschaft ist heute vielfach anzutreffen. Hurd sagte in seiner Pressekonferenz, dass es Unternehmen gäbe, die "über 200 Cloud-Lösungen bei verschiedenen Anbietern im Einsatz haben, die sie schnellstmöglich vereinheitlichen möchten".

Die interne IT stemmt sich gegen Cloud-Wildwuchs

Ellisons erläutert auf der OpenWorld 2014 Oracles Cloud-Fahrplan.
Ellisons erläutert auf der OpenWorld 2014 Oracles Cloud-Fahrplan.
Foto: Harald Weiss

Der Hintergrund für diesen Cloud-Wildwuchs ist historisch begründet. Salesforce, Amazon und viele andere Cloud-Startups fokussierten ihre Vertriebsanstrengungen ursprünglich nicht auf die IT-Abteilungen sondern sprachen die Fachbereiche direkt an. In vielen Fällen schlossen die Fachbereichs-Leiter dann direkt mit den Cloud-Providern Verträge ab, von denen IT gar nichts wusste. Erst nach dem es Probleme mit der Datenkonsistenz, dem Service-Level, der Kompatibilität und der Sicherheit gab, musste IT eingeschaltet werden. Inzwischen hat IT zwar in fast allen Fällen wieder die Kontrolle über die meisten Cloud-Anwendungen erreicht, doch das Chaos kann nicht so schnell beseitigt werden, wie es einst entstanden ist.

Hier sieht Oracle eine seiner Marktchancen, in dem es den IT-Verantwortlichen einen Weg aufzeigt, wie sich die bestehenden Cloud-Anwendungen konsolidieren lassen. Dabei verweist man darauf, dass beispielsweise die Oracle-Cloud auf offene Standards aufsetzt und dass die Datenformate in deren Cloud identisch zu dem sind, was die Oracle-Kunden von ihren On-Premise-Anwendungen her kennen. Hinzu kommt, dass Ellison versprochen hat, dass die Oracle-Cloud-Preise mit denen der Konkurrenz mithalten können.

Zweifel an den interne Oracle-Strukturen

Obwohl Oracles Cloud-Angebote im IaaS-Bereich von der Lösung und der Leistungsfähigkeit her überzeugend wirken, bleibt eine gewisse Skepsis bei den SaaS- und PaaS-Angeboten. Der Grund dafür ist der, dass es nicht ausreicht nur die Technologie und die Produkte auf einen neuen Markt auszurichten, sondern es ist wesentlich wichtiger, auch die internen Strukturen, das interne Knowhow und die Motivation der Partner neu auszurichten. SAP und Microsoft haben da bereits schmerzliche Erfahrungen gemacht, die Oracle erst noch bevorstehen.

Ein besonders wichtiger Punkt ist unter anderem der Vertrieb, der es bislang gewohnt ist, überwiegend Produkte - und nicht Services - zu verkaufen. Zwar sagte Oracles Deutschland-Chef Jürgen Kunz auf Nachfrage, dass man die Provisionen für den Vertrieb derart umgestellt habe, dass der Verkauf eines Cloud-Abonnements höher bewertet wird, als ein vergleichbarer Lizenzverkauf, doch es bleibt abzuwarten, ob die Verkäufer auch bereit sind, das mit einer SaaS-Lösung verbundene Anwendungs-Knowhow zu erlernen.

Software-News: OpenStack-Unterstützung, App-Store für JD Edwards

Neben den umfangreichen Cloud-Ankündigungen gab es auch bei den bisherigen Software-Produkten Neuheiten und Verbesserungen. So erweiterte Oracle sein Angebot im Bereich Software Defined Networking, in dem man jetzt auch OpenStack unterstützt. Das bedeutet, dass eine auf OpenStack ausgerichtete Infrastruktur jetzt auch mit Oracles SDN betrieben werden kann. Oracles SDN ist vor allem für alle Anwender von Bedeutung, die sowohl SPARC- als auch x86-Systeme über dasselbe Fabric betreiben wollen. Laut Oracle lassen sich mit deren SDN-Technologie Einsparungen von bis zu 50 Prozent erzielen.

Umfangreiche Erweiterungen wurden bei der JD Edwards Suite angekündigt. Hierzu gehören vor allem ein App-Store für mobile Unternehmens-Applikationen, mehr In-Memory-Applikationen, neue Features zur Personalisierung, überarbeitet User-Interfaces sowie umfangreiche Applikations-Modernisierungen.

Unklare Hardware-Strategie

Etwas unpassend erscheinen die Neuankündigungen im Bereich Hardware, da diese in direkter Konkurrenz zum eigenen IaaS-Angebot stehen. Oracles Hardware-Chef John Fowler sieht darin aber keinen Widerspruch, da sich Oracles Hardware-Anstrengungen vor allem auf die eigene Cloud ausrichten. "Bis auf die x86-Angebote, basiert unsere gesamte Cloud auf unser eigenen Hardware", sagte er auf Nachfrage. Er geht in diesem Punkt noch einen Schritt weiter und meint, dass auf Dauer, nur die Cloud-Anbieter überleben werden, die über eine entsprechende Hochleistungs-Hardware verfügen. Was jedoch im Widerspruch zu den Mega-Cloud-Anbietern Google und Facebook steht, die ihre Infrastruktur mit einfachen, aber massiv parallelen Servern betreiben.

Ungeachtet dessen stellte Oracle die neue Flash-Storage-Unit FS1 vor, die laut eigenen Angaben in allen Punkten leistungsfähiger sei, als EMCs XtremeIO, doch im Gegensatz dazu nur etwa die Hälfte davon kosten würde (auf Terabyte-Basis). Die zweite Hardware-Ankündigung war die Zero-Data-Loss-Recovery Appliance, bei der die Recovery-Daten fortlaufend mit den Updates an der Datenbank aktualisiert werden.

Die neue Exalytics wurde um eine In-Memory-Datenbank erweitert, wodurch die Performance bis zu hundertmal besser sein soll als bisher. Letztlich wurde noch der SPARC-Prozessor M7 angekündigt, bei dem viel Datenbank-Software direkt in den Prozessor verlagert wurde, damit sollen Datenbankabfragen zehnmal schneller ablaufen können als bisher.

Ellison bleibt der Chef im Laden

Obwohl Ellison als Oracle-CEO zurückgetreten ist, beherrscht er immer noch das Geschehen auf der Veranstaltung.
Obwohl Ellison als Oracle-CEO zurückgetreten ist, beherrscht er immer noch das Geschehen auf der Veranstaltung.
Foto: Harald Weiss

Kurz vor der OpenWorld hatte sich Ellison zum Executive Chairman und Chief Technology Officer ernannt. Gleichzeitig wurden Safra Catz und Mark Hurd zu Co-CEOs befördert. Mit Spannung wurde deshalb erwartet, wie sich das neue Dreier-Gespann jetzt präsentieren würde und wie die Reaktionen bei Kunden und Partnern ausfallen würden.

Zunächst fiel auf, dass sich an den Präsentationen praktisch nichts geändert hatte: Ellison beherrschte die Szene der Neuankündigungen, Hurd sprach mit den Kunden und Frau Catz beließ es bei ein paar Begrüßungsworten. Auch für die Zukunft werden keine gravierenden Änderungen erwartet. "Ellison, Catz und Hurd arbeiten seit Jahren zusammen, es ist nicht davon auszugehen, dass sich daran etwas ändern wird", sagte beispielsweise Bill Kreher, Technologie-Analyst bei Edward Jones. (jha)