Java in, NC out

Oracle: Schlingerkurs zwischen NC und Datenbank

01.05.1998

"Wir steuern in eine neue Ära des Computings", versuchte Oracles President und Chief Operating Officer (COO) Ray Lane den Besuchern der diesjährigen Benutzerkonferenz "European Oracle User Group '98" in Wien einen innovativen Eindruck zu vermitteln.

Doch nicht mehr der Network Computer (NC), für den sich Unternehmenschef Larry Ellison in den letzten Monaten so begeistern konnte, ist künftig das Maß aller Dinge. Vielmehr gilt die "Networking Computing Architec- ture" (NCA), worunter Ellisons rechte Hand Lane die Kombina- tion von Desktops oder NCs mit Netzapplikationen für das Internet oder Intranet versteht, als künftiges Aktionsfeld der Company aus Redwood Shores, Kalifornien. "Das hat nichts mit dem NC zu tun, sondern mit standardisierten DV-Schnittstellen sowie mit Anwendungen, die auf Applikations-Server ausgelagert werden", konkretisierte Lane. Die Network Computing Architec-ture sei die beste Wahl für die meisten Rechnerumgebungen in den kommenden fünf Jahren.

Den Richtungswechsel in Oracles Kerngeschäft bekräftigte Lane mit den Worten: "Wir tummeln uns künftig in zwei Geschäftsfeldern: das Datenbank-Business rund um den Universal Server inklusive der dazugehörigen Applikationen und Tools sowie das Business mit maßgeschneiderten Paketen für den Endanwender-Markt." Eines stehe allerdings nach wie vor außer Zweifel: Oracle konzentriere sich in Zukunft voll und ganz auf die Programmiersprache Java. Das Internet bilde dabei, so Lane weiter, die Infrastruktur - die beste Plattform für Data-Warehouses und das Data-Mining.

Weniger konkret in Sachen Oracle-Strategie, dafür jedoch um so kritischer zur europäischen IT-Infrastruktur äußerte sich Pier Carlo Falotti Senior Vice-President für Europa, den Mittleren Osten und Afrika: "Das größte Problem für uns Europäer ist der Käfig, in dem wir leben beziehungsweise in dem wir leben müssen", wetterte der Manager über fehlende Voraussetzungen und mangelnde Unterstützung aus den unterschiedlichen Regierungskreisen im Alten Kontinent. Während in den USA Innovationen im DV-Business aufgrund lockerer Gesetze und der damit verbundenen Risikobereitschaft möglich seien, stolperten europäische Firmen, vor allem in Deutschland, allzuoft über Gesetzeshürden.

Überraschender dürfte dem Publikum Falottis Aufzählung der wettbewerbsfähigsten Länder der Welt vorgekommen sein: USA, Singapur, Hongkong, Holland und Finnland. Diese Staaten hätten eines gemeinsam: eine funktionierende IT-Infrastruktur. Falotti: "Deutschland befindet sich nicht in der Liste der ersten 50 Staaten, und Frankreich kann ich in der Tabelle gar nicht finden.".