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Oracle punktet gegen Lizenzhändler

04.08.2006
Das Oberlandesgericht (OLG) München hat eine Entscheidung des Landgerichts bestätigt, wonach der Gebraucht-Softwarehändler Usedsoft keine online übertragenen Lizenzen weiterverkaufen darf.

Oracle hat einen weiteren Etappensieg im Kampf gegen die Second-Hand-Lizenzhändler erzielt. Nachdem der Datenbankspezialist Anfang des Jahres erfolgreich gegen den Münchner Softwarehändler Usedsoft geklagt hatte, bestätigten nun die Richter am Oberlandesgericht in München in der Berufungsinstanz dieses Urteil.

Die Oracle-Verantwortlichen waren Anfang 2006 vor den Kadi gezogen, weil Usedsoft lediglich die Nutzungsrechte für Software weiter veräußern wollte, die Kunden jedoch aufforderte, sich die entsprechende Software von der Internet-Seite Oracles herunter zu laden (siehe auch: Oracle geht gegen Lizenzhändler vor). Laut dem Urteil des Landgerichts vom 19. Januar dieses Jahres (Az.: 7 O 23237/05) verletze dieses Vorgehen das allein dem Softwarehersteller zustehende Vervielfältigungsrecht. Es sei zulässig, dass Oracle seinen Kunden in Rahmen der Lizenzbestimmungen nur einfache, nicht weiter abtretbare Nutzungsrechte einräume. Diese dürften nicht an Dritte übertragen werden. Daran ändere auch der Erschöpfungsgedanke nichts, wonach ein einmal in Umlauf gebrachtes Produkt ohne Zustimmung des Rechteinhabers weiter verkauft werden darf. Mit einer einstweiligen Verfügung verboten die Richter dem Lizenzhändler den Weiterverkauf der gebrauchten Oracle-Software.

Die Usedsoft-Verantwortlichen, die gegen dieses Urteil sofort Berufung eingelegt hatten, mussten nun jedoch eine weitere Niederlage vor dem Oberlandesgericht einstecken. Der Handel mit online übertragenen Oracle-Lizenzen sei nicht zulässig, räumten sie einer Mitteilung zu dem jüngsten Urteil ein. Allerdings bedeute der Richterspruch keineswegs das Ende für den Handel mit Second-Hand-Lizenzen, betont Usedsoft. Vielmehr hätte das OLG die Rechtmäßigkeit des Handels mit gebrauchter Software grundsätzlich bestätigt. Oracle-Software, die per CD verkauft wurde, dürfe weiterhin gehandelt werden. "Unternehmen müssen aber in Zukunft darauf bestehen, dass sie beim Softwarekauf eine CD erhalten, um sich das Eigentumsrecht an ihrer Software zu sichern", erläuterte Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider. "Sonst lassen sie sich enteignen."

Oracle hatte das Urteil Anfang des Jahres schon als Todesstoss für den gesamten Gebrauchthandel gefeiert. "Der Handel mit gebrauchten Software-Lizenzen beziehungsweise der Weiterverkauf von Software-Lizenzen an Dritte ist rechtswidrig", hieß es in einer Erklärung des Softwareherstellers zu dem ersten Urteil. Die rechtliche Grundlage für Geschäftsmodelle dieser Art sei somit nicht mehr gegeben. Die Softwarehersteller hatten in den vergangenen Jahren das Aufkeimen des Second-Hand-Marktes für Softwarelizenzen mit immer größerem Argwohn beobachtet. Sie fürchteten Einbußen im eigenen Lizenzgeschäft. Die Gebrauchthändler beriefen sich immer auf ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes vom Juli 2000 (Az.: I ZR 244/97). Microsoft hatte gegen einen Händler geklagt, der OEM-Lizenzen weiterverkauft hatte. Die Richter entschieden jedoch, dass sich die Rechte des Herstellers in dem Moment erschöpften, in dem das Produkt verkauft wird.

Rechtliche Klarheit herrsche jedoch auch nach dem jüngsten Urteil nicht, warnen die Usedsoft-Verantwortlichen (siehe auch: Streit um Gebrauchtsoftware geht weiter). Mit der Unterscheidung zwischen Online und via CD übertragener Software verkompliziere sich das Thema weiter. Folge man der Argumentation, dass bei online übertragener Software der Erschöpfungsgrundsatz nicht greife, müsse man sich weiter fragen, in welchem Besitzverhältnis die Oracle-Kunden zu derart erworbener Software stünden. "Experten erwarten hier eine Prozesslawine der Kunden gegen Oracle", heißt es in der Usedsoft-Erklärung.

Der Second-Hand-Lizenzhändler will sich aber noch nicht geschlagen geben. In dem für Herbst angesetzten Hauptsacheverfahren sei erfahrungsgemäß damit zu rechnen, dass die Urteile aus diesem Jahr bestätigt werden, macht sich Usedsoft-Chef Schneider keine Illusionen. Notfalls will er jedoch bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, um die seiner Ansicht nach praxiswidrige Unterscheidung zwischen Online- und CD-Übertragung anzufechten. "Usedsoft und deren namhafte große Kunden sowie die dahinter stehenden Interessengruppen werden es auch weiterhin nicht hinnehmen, dass US-amerikanische Softwaremonopolisten die freie Marktwirtschaft in Deutschland umgehen wollen." (ba)