Oracle-Kunden fordern besseren Support

21.11.2006
Rund 30 Prozent der deutschen Anwender bemängeln, dass die Unterstützung des Herstellers nachlässt.

Der Support von Oracle wird schlechter. Das ist das Fazit einer Umfrage der Deutschen Oracle Anwendergruppe (Doag) unter 183 Anwenderunternehmen. Die Ergebnisse der jüngsten Befragung wurden auf der 19. Deutschen Oracle-Anwenderkonferenz Mitte November in Mannheim vorgestellt. Nur 20 Prozent der Befragten gaben an, der Support habe sich im Vergleich zum Vorjahr verbessert. In den beiden vergangenen Jahren hatte diese Quote noch bei 26,5 beziehungsweise 37 Prozent gelegen. Die Hälfte der Antwortenden äußerte, die Supportqualität habe sich im Jahresvergleich nicht verändert. Betrachtet man die Werte der Vorjahre, ist diese Gruppe nur unwesentlich kleiner geworden. Dagegen wuchs die Zahl der unzufriedenen Oracle-Kunden. Hatten sich 2004 und 2005 zwölf beziehungsweise 20 Prozent über eine schlechtere Unterstützung seitens ihres Softwarelieferanten beklagt, waren es 2006 schon 30 Prozent.

Gruppendynamik

Fried Saacke, Vorsitzender der Deutschen Oracle-Anwendergruppe (Doag), ist mit dem Verlauf der diesjährigen Konferenzen in Mannheim zufrieden. Im Rahmen der 19. Deutschen Oracle Anwenderkonferenz empfing die User Group über 1700 Besucher nach rund 1600 im vergangenen Jahr. Auf der 4. Deutschen Oracle-Business-Software-Anwenderkonferenz zählte man dieses Jahr 200 Teilnehmer. Das bedeutet eine Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr. Saacke hofft, das Besucherwachstum in diesem Segment halten zu können. "Dennoch ist der Aufbau dieses Bereichs innerhalb der Doag schwierig, weil der deutsche Application-Markt von Oracle noch nicht besonders stark durchsetzt ist." Parallel schmieden die Doag-Verantwortlichen an einer einheitlichen Oracle-Anwendergruppe, die den Kunden aller zugekauften Produktlinien ein Zuhause bieten soll, berichtet Doag-Vorstand Rolf Scheuch. Das ist allem Anschein nach jedoch nicht einfach. Hier müsse man erst noch eine Vertrauensbasis schaffen. Zudem sei die Doag in der Vergangenheit bei dem Versuch, die verschiedenen User Groups zu integrieren, teilweise wohl zu forsch aufgetreten: "Wir müssen den Gruppen mehr Zeit lassen."

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Sprachbarrieren

Im Detail kritisierten die Oracle-Anwender, dass der Datenbankspezialist zu wenig deutschsprachigen Support anbiete und zu lange brauche, um auf Anfragen zu reagieren. Darüber hinaus zweifelten die Kunden an der Qualität der Supportmitarbeiter. Es entstehe der Eindruck, dass der Softwarehersteller an dieser Stelle spare.

Oracle arbeite an den Problemen, versicherte Dieter Weisshaar, als Vice President verantwortlich für die deutsche Supportorganisation. Angesichts des breit gefächerten und komplexen Portfolios sei es jedoch unmöglich, für jedes Produkt immer einen deutschsprachigen Experten zur Hand zu haben. Wichtiger sei, dass Oracle seinen Anwendern kompetente Mitarbeiter vermitteln könne. Trotzdem müsse man sich um die unzufriedenen Kunden kümmern, räumte Weisshaar ein.

Support goes online

Mitarbeiter würden fortwährend geschult und auf Serviceorientierung getrimmt, betonte der Oracle-Mann. Ferner verwies er auf den Ausbau des Online-Support-Portals "Metalink". Hier seien Tools und Funktionen hinterlegt, mit denen Anwender selbst zu einem guten Support beitragen können sollten. Beispielsweise könnten sie dort ihre Systemkonfiguration hinterlegen, so dass der Oracle-Mitarbeiter im Falle einer Kontaktaufnahme nicht erst mühsam die einzelnen Parameter abfragen müsse. Das beschleunige den gesamten Vorgang.

Dass die Kunden angehalten sind, ihre Anfragen auf Metalink in Englisch einzugeben, tue der wachsenden Beliebtheit des Tools keinen Abbruch, warb Weisshaar. Trotz der generellen Kritik an Oracles Sprachpolitik bestätigte die Doag-Umfrage zumindest diese Einschätzung. Seit vier Jahren steigen die Zufriedenheitswerte für Metalink kontinuierlich leicht an und rangieren momentan bei einem Wert von 6,27 auf einer Zehn-Punkte-Skala. 2002 lag die Zustimmung bei 5,02 Punkten.

Wer kennt Metalink?

Allerdings wird Oracle noch kräftig für sein Supportportal trommeln müssen. Bislang kennen nur wenige Kunden das darin verborgene Potenzial. Auf die Frage, wer das Werkzeug in der Tiefe bereits nutze, reckten sich in dem mit etlichen hundert Oracle-Anwendern gut gefüllten Musen-Saal des Mannheimer Kongresszentrums nur wenige Hände in die Luft.

Fried Saacke, Vorsitzender der Doag, mahnte darüber hinaus eine bessere Unterstützung der Applikationsanwender an. Das betreffe vor allem die zugekauften Anwendungen von Peoplesoft und J.D Edwards. Während Oracle der Doag zufolge mit dem kommenden Release 12 der E-Business-Suite in erster Linie auf der funktionalen Seite Fortschritte gemacht hat - "die Financials-Funktionen sind eine Kampfansage an die SAP", heißt es in einer Mitteilung - gebe es im übrigen Applikationsportfolio Defizite. So weise die Peoplesoft-Software in lokal benötigten Zusatzfunktionen Lücken auf. Für J.D. Edwards "fehlt gerade im Finanzbereich die vollständige Anpassung an die deutschen Gegebenheiten".

Beispielsweise sei die deutschsprachige Dokumentation für die J.D.-Edwards-Anwendungen kaum zu verstehen, lautete eine Kritik. Oracle habe den Anwendern nicht geholfen, mit ihrer Software die anstehende Mehrwertsteuererhöhung zu verarbeiten, monierte ein weiterer Anwender. Ein anderer Kunde beschwerte sich über den Telefonsupport. Es sei kaum möglich, einem indischen Supportmitarbeiter die Fallstricke einer deutschen Umsatzsteuervoranmeldung und ihrer Umsetzung in Software verständlich zu machen. Wenn Oracle den Mittelstand erreichen wolle, müsse sich der Hersteller stärker lokal aufstellen, forderten viele Anwender.

Löcher im Partnernetz

Werner Keller, Vice President für den Bereich CRM Sales von Oracle, gestand Defizite ein. Den hiesigen Mittelstand könne man nur mit deutschsprachigen Dokumentationen für die entsprechenden Produkte gewinnen. Abhilfe versprach er auch für mangelhafte Supportantworten. Zudem müsse Oracle im Applikationsgeschäft noch an seinem Partnernetz arbeiten. Es gebe zu wenige Partner, und es fehle die branchenspezifische Ausprägung: "An dieser Stelle muss und wird Oracle investieren."

Zwar hat aus Sicht Saackes die Ankündigung von Oracle, auch alle zugekauften Anwendungen unter dem "Applications-Unlimited"-Programm unbegrenzt zu unterstützen, für Beruhigung gesorgt. Die Unsicherheiten seien jedoch noch längst nicht ausgeräumt. Gerade im J.D.-Edwards-Umfeld müsse der Hersteller mehr für seine Glaubwürdigkeit tun. Viele Anwender vermissten das Gefühl, dass sich Oracle für ihr Produkt einsetze. Es sei kein Zufall, dass es in Deutschland kaum Neugeschäft mit J.D.-Edwards-Anwendungen gebe. Ihm seien aus der jüngeren Vergangenheit keine Verkaufserfolge bekannt, zieht Saacke eine ernüchternde Bilanz.

Die hiesigen Geschäfte mit J.D.-Edwards-Produkten seien zäh, bestätigte Kasi Färcher-Haag, Geschäftsführer des Oracle-Partners In One. International laufe es besser. Ob das an der übermächtigen SAP oder der allgemeinen Investitionszurückhaltung im deutschen Mittelstand liege, vermochte der J.D.-Edwards-Experte nicht zu beurteilen. Allerdings hätten die lang anhaltenden Konfusionen rund um die Übernahmen dem Geschäft geschadet. Dabei sei Vertrauen verloren gegangen.

Oracle krempelt Vertrieb um

Zudem habe Oracle den Vertriebsweg auf einen Schlag umgeschaltet. Während J.D. Edwards seine Produkte früher direkt verkauft und nur mit Implementierungspartnern zusammengearbeitet habe, gehe der neue Eigentümer seine potenziellen Kunden nur indirekt über Partner an. "Diese Umstellung braucht Zeit." Die Partner müssten sich im Markt neu positionieren. Unterschwellig klang durch, dass sich Färcher-Haag dabei mehr Unterstützung durch den Hersteller wünscht.

Dennoch zeigte sich der Oracle-Partner optimistisch, er glaube an die Zukunft der J.D.-Edwards-Produkte - auch unter dem Oracle-Dach. Wenn erst einmal das Eis im Neugeschäft gebrochen sei, kämen die Geschäfte schnell wieder ins Rollen, prophezeite Färcher-Haag. Die Zeichen dafür ständen nicht schlecht. Auf der Doag-Konferenz hätten sich bereits erste Neu-Abschlüsse angedeutet: "J.D. Edwards ist ein Juwel, das man auch pflegen muss." (ba)