Oracle geht gegen Lizenzhändler vor

10.02.2006
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

"Ob der Erschöpfungsgrundsatz greift oder nicht, ist dem Wirtschaftsprüfer erst einmal egal", hält Peter Huppertz, Lizenzexperte der Kanzlei Noerr Stiefenhöfer Lutz, dem entgegen. Ein Softwarekauf sei auch dann rechtsgültig, wenn der Weiterverkauf eingeschränkt sei. Huppertz geht davon aus, dass Oracle in diesem speziellen Fall gute Chancen hat, auch die folgenden Instanzen zu gewinnen. Laut einer EU-Richtlinie greife im Download-Bereich der Erschöpfungsgrundsatz nicht. Die Gefahren einer Urheberrechtsverletzung seien größer als bei einer körperlichen Weitergabe. Daher müssten die Rechte online besser geschützt werden.

Die anderen Secondhand-Händler wollen sich von dem Urteil nicht Bange machen lassen. Axel Susen, Geschäftsführer von Susen Software, hält die Frage, ob die Software als Datenträger oder via Internet vertrieben wurde, für Haarspalterei.

Es sei ärgerlich, dass nun Schlagzeilen zu lesen seien, der Handel mit Gebrauchtsoftware sei grundsätzlich illegal, ärgert sich Tobias Kollewe, Chef von Pragmatrade, einer Online-Handelsplattform für Softwarelizenzen. Generell gelte aber nach wie vor das Urteil des BGH. "Letztendlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Hersteller mit dem Handel gebrauchter Softwarelizenzen abfinden müssen."

Im Namen des Volkes …

Am 19. Januar hat das Landgericht München I Folgendes entschieden (Az: 7 O 23237/05):

  • Usedsoft hat es zu unterlassen, "Dritte zu veranlassen, Oracle-Software zu vervielfältigen, indem Dritten durch einen vermeintlichen Erwerb von Lizenzen, insbesondere durch den Hinweis auf deren aktuellen Wartungszustand, der Eindruck vermittelt wird, dass sie zu Nutzung und korrespondierenden Vervielfältigungen berechtigt seien".

  • Usedsoft könne sich nicht auf den Erschöpfungsgrundsatz berufen, begründete das Gericht die einstweilige Verfügung. Der Händler verbreite nicht die Vervielfältigungsstücke der Oracle-Software selbst, sondern veranlasse seine Kunden, neue Vervielfältigungen herzustellen, indem die Software von der Homepage von Oracle heruntergeladen werde. Allerdings, so schränken die Richter ein, sei die Frage, ob Erschöpfung auch an online übermittelten Werken eintreten kann, von der Rechtsprechung noch nicht endgültig entschieden.