Oracle geht gegen Lizenzhändler vor

10.02.2006
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Diese Auffassung teilt Oracle-Anwalt Wolfgang Fritzemeyer von der Münchner Kanzlei Baker & McKenzie LLP nicht. Der Erschöpfungsgrundsatz erlaube lediglich die Weitergabe des ursprünglich erlangten Werkstücks, also eines Datenträgers, mit den daran eingeräumten Nutzungsrechten. Es sei jedoch nicht gestattet, diese Nutzungsrechte in Teilmengen aufzuspalten und weiterzuverkaufen. Ein Nutzer könne nicht 500 Lizenzen erwerben und dann bei einer späteren Bedarfsminderung die Hälfte davon einfach wieder verkaufen. Zudem hätten die Gebrauchthändler das Problem der Wartung nicht geklärt.

Standpunkt Oracle

  • Der Handel mit gebrauchten Lizenzen beziehungsweise der Weiterverkauf von Softwarelizenzen an Dritte ist rechtswidrig.

  • Die Lizenz ist nur die jeweilige Erlaubnis der Nutzung für einen oder mehrere Nutzer, nicht aber gleichzusetzen mit dem Werkstück.

  • Nutzungsrechte lassen sich nicht in beliebige Teilmengen aufspalten und weiterveräußern.

  • Ein Softwarehersteller kann nicht dazu verpflichtet werden, Kunden Pflegeverträge anzubieten, die seine Software nicht legal erworben haben.

  • Die Entscheidung gilt grundsätzlich auch für andere Hersteller.

"Auch die mit der Lizenz verbundenen Wartungsverträge sind übertragbar", widerspricht Usedsoft-Chef Schneider. Sein Unternehmen kaufe und verkaufe nur Lizenzen mit gültigen Wartungsverträgen. In solchen Fällen müsse der Hersteller diese Wartung weiter liefern, folgert Schneider: "Gekauft ist gekauft - das gilt auch für die Wartung." Schließlich gelten auch bei Gebrauchtwagen Gewährleistung und Garantie weiter. Ein Hersteller könne diese Rechte nicht auf den Erstkäufer beschränken. Die Services sind an das Auto gebunden, nicht an die Person.

Gekauft oder nicht gekauft?

Schneider warnt vor weiteren grundsätzlichen Problemen, sollte das Münchner Urteil auch in den folgenden Instanzen Bestand haben. So stelle sich die Frage, warum Oracle einen Kaufpreis verlange, wenn die damit verbundene Eigentumsübertragung gar nicht richtig oder nur eingeschränkt erfolgt. "In welchem Rechtszustand steckt der Kunde?", fragt der Usedsoft-Chef. Für viele Unternehmen hätte es verheerende bilanzielle Folgen, wenn die Software, die sie für teures Geld eingekauft und verbucht haben, letztlich nichts mehr wert ist, weil sie sich nicht weiterveräußern lässt. "Das kommt einer Enteignung durch Oracle gleich."