Digitale Policen und Telefonnotizen

Optische Archivierung beschleunigt bei Inter Risk das Tagesgeschäft

10.09.1999
Sechsstellige Kosteneinsparungen belohnen die Inter Risk Versicherungs-AG für die Einführung eines Dokumenten-Managements. Außerdem werden Akten und Dokumente nun nicht mehr verlegt, und Fehlarchivierungen lassen sich vermeiden. Ludwig Mertens* berichtet.

Auf dem Schreibtisch der Sachbearbeiterin sieht es beeindruckend leer aus: keine Papierberge und Aktenstapel. Nicole Schmidt stockt eine Haftpflicht-Deckungssumme auf. Der handgeschriebene Antrag des Kunden findet sich auf der linken Hälfte eines 21-Zoll-Bildschirms. Die rechte Seite zeigt die aktuellen Daten des Versicherungsnehmers. Schmidt ändert den Datenbestand und erstellt ein Antwortschreiben, das am nächsten Morgen in der Poststelle ausgedruckt und von dort versandt wird. "Früher brauchten wir für einen derartigen Vorgang ein bis zwei Wochen", erinnert sie sich. Heute dauert eine Antragsbearbeitung und das Ausstellen einer Police - auch bei Änderungsanträgen - nicht länger als 48 Stunden. "Die Produktivität unserer Betriebsabteilung ist um mindestens 15 bis 20 Prozent gestiegen", resümiert Inter-Risk-Vorstand Dieter Fröhlich.

Seit etwas mehr als einem Jahr arbeiten die Inter-Risk-Mitarbeiter nun mit einem Dokumenten-Management-System. Kern der Anwendung ist die optische Archivierung aller den Versicherungsbetrieb betreffenden Schriftstücke und Unterlagen. Im Januar 1997 installierte die Manage- ment Beratungs Gesellschaft (MBG), Düsseldorf, dafür die IBM-Software "Image Plus/400" in die seit drei Jahren bestehende AS/400-Umgebung mit rund 55 Workstations, um sie kurze Zeit später durch das Nachfolgeprodukt "Visual Info/400" zu ersetzen. Die Schnittstellen für die Verbindung mit dem Versicherungs-Branchenpaket "Inas" von der Alldata Gruppe, Düsseldorf, konfigurierten die DV-Experten von Inter Risk in Zusammenarbeit mit dem Hersteller der Versicherungssoftware.

Hardwareseitig schaffte Inter Risk den Scanner "Accu Feed Plus" von Bell & Howell an, der mit einem PC als Workstation verbunden ist.

Hinzu kommen die IBM-Jukebox "3995C42" mit optischen Speichermedien (Worms) von IBM und Verbateam sowie eine Speichererweiterung für den Host, um für die Library- und Object-Server sowie den Fax-Router Platz freizuräumen. Grafikkarten und 21-Zoll-Monitore an den Arbeitsplätzen waren vorhanden. Rund 100 Manntage hat die komplette Implementierung gedauert. Doch Manager Fröhlich schätzt, daß sich die Investitionskosten nach zwei Jahren amortisiert haben.

So sind die Druckkosten deutlich gesunken: "Wir sparen pro Monat rund 200000 Blatt Papier und 5000 Mark an Kopierkosten", rechnet der Vorstand vor. Bei den Faxkosten betrage die jährliche Ersparnis 5000 Mark, und durch den Wegfall des Regalarchivs entfielen Material- und Raumkosten in Höhe von rund 80000 Mark.

Auch bei der Telefonrechnung machen sich die digital verfügbaren Informationen bemerkbar. Telefonische Anfragen werden schneller erledigt. Früher mußten sich die Sachbearbeiter die Akten kommen lassen; jetzt erscheint die gewünschte Information per Knopfdruck auf dem Bildschirm. Lange Gespräche und Rückrufe werden vermieden. Die Ersparnis pro Jahr beträgt laut Fröhlich 18000 Mark.

Die gesamte für die Betriebsabteilung eingehende Post wird ge- scannt und danach vernichtet, so daß sie nur noch als digitalisiertes, nicht codiertes Abbild ("Non-coded Information") im Tiff-ähnlichen Format Modca existiert. Eingehende Faxe werden erst gar nicht ausgedruckt, sondern wandern direkt in den elektronischen Eingangskorb. Jede Datei erhält eine Indexnummer, in der Regel die Nummer des betreffenden Versicherungsvertrags, und wird auf diese Weise zugleich einem zuständigen Sachbearbeiter oder dessen Arbeitsgruppe zugeordnet.

Sichern innerhalb und außerhalb

Die Dokumente landen zunächst auf der Magnetplatte des Hosts. Die Versicherung kopiert die Platte täglich auf Band und sichert sie wöchentlich zusätzlich außer Haus. Außerdem werden die Daten regelmäßig auf das optische Worm-Medium der Jukebox geschrieben. Sobald diese voll ist, erstellt die DV-Abteilung eine Kopie und bringt diese ebenfalls außer Haus. Erst danach verschwinden die Daten vom Host.

Selbst bei Telefonaten gibt es keine Zettelwirtschaft mehr, denn Notizen werden direkt in das System eingegeben und an die Sachbearbeiter weitergeleitet. Diese finden die Nachrichten mit dem abzuarbeitenden Dokumentenstapel in ihren elektronischen Postkörben. Bereits vorhandene Dokumente oder Briefe zum betreffenden Vertrag lassen sich über den Index direkt aus dem optischen Archiv auf den Bildschirm holen, so daß eine zeitaufwendige Suche in Aktenregalen und Archivräumen entfällt.

Faxsendungen ohne Papier

Damit die Sachbearbeiter die Vorgänge bearbeiten können, blendet die Anwendung Inas-Eingabemasken auf. Letztlich werden nur noch für rund ein Prozent aller Vorgänge Akten benötigt. Doch auch hier hat sich der Verwaltungsaufwand reduziert, denn das System generiert täglich eine Liste der benötigten Altakten für die Registratur. Die vier externen Vertriebsbüros der Versicherung haben über ISDN Lesezugriff auf das Archiv. Somit sind Fragen an die Zentrale seltener.

Auch für die Ausgangspost der Betriebsabteilung gibt es ein neues Verfahren: Zwar werden die im System erzeugten Briefe, Policen und Mahnschreiben zentral für den Postausgang ausgedruckt, es werden jedoch keine Papierkopien angefertigt. Die Dokumente wandern als Textdatei ("Coded Information") direkt in das optische Archiv. Der Faxausgang erfolgt ohne jeglichen Zwischenschritt in Papierform. Lediglich Sicherungsscheine, die von Banken als Kreditsicherheit benötigt werden, haben noch eine Existenzberechtigung als Papieroriginal.

*Ludwig Mertens ist Fachautor in Hamburg.