Programmiernorm DIN 66 220:

Opposition nimmt zu

14.03.1975

MÜNCHEN - Von der DV-Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt wurde im letzten Jahr ein auch für den Anwender bedeutsamer Schritt in Richtung Vereinheitlichung der Programmierung unternommen: Der Fachnormenausschuß für den Entwurf eines Standardisierten Programmablaufs kommerzieller DV-Anwendungen legte den Norm-Entwurf DIN 66220 vor - "Programmablauf für die Verarbeitung von Dateien nach Satzgruppen." (Vergleiche CW Nr. 3 vom 27. 11. 1974) Die Einspruchsfrist gegen den Entwurf endet am 31. März dieses Jahres.

Neue Einsprüche

Nach der Firma Gemini (CW Nr. 5 vom 31. 1. 1975, Seite 2) gehen jetzt mindestens vier weitere, namhafte Software-Häuser auf die Barrikaden.

Jörg Richter, Inhaber der Advis Softwarepartner, faßt seine Kritik an dem Norm-Entwurf in der Feststellung zusammen, "daß der im Punkt 4 festgelegte Programmablauf und die im Punkt 5 beschriebenen Programmbausteine im Widerspruch zu dem im Punkt 1 definierten Zweck stehen."

Prinzip der zweiten Generation

Dietrich Kracht, Bereichsleiter der Firma GMO, bemängelt "die Behandlung von Stammdateien, als Eingabedatei". Das habe "die Verarbeitung nach dem üblichen Mischprinzip" zur Folge und sei "von der bei der zweiten Hardware-Generation vorherrschenden Form der physisch-sequentiellen Dateiorganisation abgeleitet und nicht problem-orientiert."

Gesamtkonzept der Systementwicklung normen

Während sich SCS (Scientific Control Systems) vor der Einreichung ihres Einspruchs noch nicht äußern mochte, bemängelt Geschäftsführer Neugebauer von Softlab in München, der Entwurf sei zu ausschnitthaft. Es sei inopportun, eine alleinstehende Disziplin zu einem Zeitpunkt zu normen, an dem das BMFT einen Forschungsauftrag vergibt über Einsatzmöglichkeiten von software-technologischen Methoden, die einen Normungseffekt bewirken (vergleiche CW Nr. 8 vom 21. 2. 1975, Seite 12).

Und der Anwender?

Ihn sollten durchaus alle Entwicklungen interessieren, die zu einer Normierung führen. Ihm könnte einmal der "staatlich normierte Programmierer" als Nachwuchs ins Haus stehen.

Kommunale Anwender würden Software-Normen - Konsequenz vorausgesetzt - in ihre Richtlinien aufnehmen müssen und für EDV-Berater und Software-Häuser ergäbe sich bei einer Vielzahl von Kunden die Notwendigkeit, danach zu arbeiten. Die letzteren haben es erkannt. Auch die Anwender - und das gilt verstärkt für deren Verbände - sollten bei der Entstehung mitwirken und nicht hinterher die Norm kritisieren. Wehret - offenbar unzureichenden - Anfängen. CW steht als Podium zur Verfügung.