Kolumne

Operation am offenen Herzen

13.09.2007

Oracle schluckt Hyperion, Cognos kauft Applix (siehe Seite 7), Business Objects verleibt sich Cartesis und die kleine deutsche Fuzzy Informatik ein. Kein Zweifel, im Business-Intelligence-Markt dreht sich das Übernahmekarussell immer schneller. Und stets werden gute Preise gezahlt, denn die Fusionen bringen den Käufern die Chance, ihr Portfolio auszubauen und ihre Marktpräsenz zu erweitern. Im jüngsten Beispiel etwa öffnet Cognos seine prall gefüllte Kasse, um mit Applix im lukrativen Marktsegment für Performance-Management voranzukommen - was mit dem nun erworbenen mehrdimensionalen Olap-Server "TM-1" nach Einschätzung von Analysten gelingen kann. Die Kanadier schließen eine Lücke zum starken Duo Oracle-Hyperion, so die einhellige Meinung.

Den Anbietern von BI-Tools geht es prächtig, denn sie operieren am offenen Herzen ihrer Patienten. Wollten die Kunden früher lediglich finanzielle Daten analysieren und daraus ihre Lehren ziehen, so sollen heute Informationen her, die proaktives Eingreifen ermöglichen. Man hat erkannt, dass sich Unternehmen mit vergangenheitsbezogenen Finanzdaten allein nicht steuern lassen.

Deshalb lautet nun das Ziel, Abteilungen und Prozesse möglichst exakt kontrollieren und steuern zu können. Die Vision einer ganzheitlichen Planung von Unternehmen ist allgegenwärtig. Besser hätte es für die einschlägigen Softwarehäuser nicht kommen können. Das perfekt gesteuerte und kontrollierte Unternehmen ist eine Illusion. Vollständig erreichbar ist dieses Ziel nicht. Also bleibt stets Raum für Verbesserungen und für weitere Investitionen. Der Unterschied zum ERP-Markt ist deutlich: Die ERP-Anbieter offerieren "geronnene Betriebswirtschaft", so sagte jüngst Professor August-Wilhelm Scheer. Solide Anwendungen also, funktional ausgereift, mit begrenzter Phantasie hinsichtlich Verbesserungen. Jeder setzt ERP-Produkte ein, und die Angebote ähneln sich. Verlieren kann nur, wer sich hier dem Standard verweigert. Kein Wunder, dass sich SAP, Microsoft und Oracle längst auch dem margenträchtigen BI-Markt zuwenden.

Hier nimmt das Anwenderinteresse zu. Laut Forrester Research ist BI 2007 das Softwaresegment, in das die meisten Anwender erstmals investieren wollen. Das Versprechen lautet: Wer sich hier engagiert, kann unternehmenskritische Entscheidungen schneller und kompetenter treffen.

Goldene Zeiten für BI-Anbieter also? Nicht ganz. Viele Anwender haben nicht vergessen, dass sie schon einmal Millionen in Systeme investiert haben, die seinerzeit Namen wie Management- oder Executive-Information-Systems trugen. Oft waren es teure Projekte mit mäßigen Ergebnissen. Diese Anwender bauen ihre Lösungen inzwischen lieber selbst oft auf der Basis einfacher Produkte und Tools. Business Intelligence bleibt also weiterhin gefragt. Dass es die kompakten BI-Anwendungen der Hersteller auch sein werden, ist keineswegs sicher.