OpenStack-Studie von Crisp Research

OpenStack ist in deutschen Unternehmen angekommen

30.10.2014
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Wie lässt sich Cloud-Infrastruktur im Unternehmen einfach bereitstellen und wie können Multicloud-Umgebungen verwaltet werden? Für deutsche IT-Entscheider lautet die Antwort immer häufiger "OpenStack", wie eine brandneue Studie von Crisp Research zeigt.

Das Cloud Management Framework "OpenStack" ist nicht nur bei den großen IT-Providern Thema. Wie die Analysten von Crisp Research in einer gemeinsam mit HP Deutschland initiierten Studie herausfanden, beschäftigen sich viele CIOs, CTOs und Rechenzentrumsleiter mit der Frage, wie sie die Integration diverser Cloud-Angebote auf Dauer managen können. In diesem Zusammenhang kommt zunehmend die herstellerunabhängige und freie OpenStack-Plattform ins Spiel.

"OpenStack steht heute auf der Roadmap vieler CIOs", sagte Carlo Velten, CEO und Managing Director von Crisp Research, anlässlich der Vorstellung der Umfrageergebnisse. Die IT-Macher müssten sich Gedanken machen, wie sie die nächste Generation der IT offen und sicher gestalten wollten. Das breite Einsatzspektrum und das große Ökosystem von OpenStack haben nach Ansicht des Analysten aus dem vormals kleinen Open Source-Projekt eine der mächtigsten Cloud-Infrastrukturlösungen für den Bau und Betrieb von Private, Public und Hybrid Clouds gemacht.

Die OpenStack Foundation selbst bezeichnet ihr Framework gerne als "Cloud-Betriebssystem", mit dem Unternehmen ihre IaaS-Umgebungen (IaaS = Infrastructure as a Service) für Rechen-, Speicher- und Netzwerkressourcen aufbauen und über ein anpassbares Dashboard verwalten können. Gleichzeitig diene es dazu, andere Cloud-Dienste zu integrieren und so Multi-Cloud-Umgebungen zu managen. In deutschen Unternehmen ist das heute ein Thema - und kein nebensächliches, wie Velten versicherte.

Das Cloud-Thema ist allgegenwärtig

Insgesamt 716 IT-Entscheider befragte Crisp im deutschsprachigen Raum. Immerhin 19 Prozent davon setzen Cloud Computing produktiv ein und bezeichnen es als festen Bestandteil der IT-Agenda. Weitere 56 Prozent befinden sich in der Planungs- oder Implementierungsphase und nur 25 Prozent - insbesondere aus kleineren Betrieben mit unter 500 Beschäftigten, zählen die Analysten zum Kreis der Verweigerer. Es bleiben also 533 IT-Entscheider, die Cloud-Infrastrukturen nutzen oder in konkreten Planungen stecken. Von diesen ist 47 Prozent OpenStack ein Begriff und 29 Prozent (154 IT-Entscheider) beschäftigen sich aktiv mit der neuen Technologie.

Laut Crisp stellen die OpenStack-Nutzer grundsätzlich "wesentlich höhere Anforderungen an eine Cloud-Management-Plattform" als andere Cloud-User. Das gelte etwa für Faktoren wie Offenheit, Performance und Skalierbarkeit, Standardisierungsgrad, Funktionsvielfalt, Zukunftssicherheit, Innovationsgrad oder Unterstützung von vielfältigen Hardware- und Technologien. Nur im Bereich des Sicherheitsniveaus stellten OpenStack- und andere Cloud-User dieselben hohen Anforderungen.

IT-Entscheider, die sich mit OpenStack beschäftigen, stellen weit höhere Anforderungen an ihre Cloud-Umgebung als der Durchschnitt.
IT-Entscheider, die sich mit OpenStack beschäftigen, stellen weit höhere Anforderungen an ihre Cloud-Umgebung als der Durchschnitt.

Sieht man sich die Gruppe der OpenStack-Nutzer genauer an, dann zeigt sich, dass diese meist noch am Anfang stehen. Von den 154 OpenStack-Interessenten befinden sich 48 erst in der "Informationsphase", 101 IT-Entscheider stecken in der Planungs- oder Implementierungsphase eines entsprechenden Projekts und elf behaupten von sich, OpenStack bereits produktiv zu nutzen.

René Büst, Senior Analyst und Cloud Practice Lead bei Crisp Research, glaubt, dass die traditionell große Open-Source-Affinität deutscher IT-Entscheider eine optimale Voraussetzung für eine weitreichende Adaption von OpenStack sei. Technologische Offenheit, Kontrolle über die eigene Infrastruktur und dazu vergleichsweise niedrige Kosten dürften auf Dauer eine Magnetwirkung auf die hiesigen IT-Macher entfalten.

Keine Lust auf Cloud-Wildwuchs

Im Gespräch mit OpenStack-erfahrenen IT-Entscheidern hat sich den Studienautoren zufolge gezeigt, dass viele von ihnen zuletzt mit einem Wildwuchs an Systemen zu kämpfen hatten, wenn es um das Administrieren größerer Cloud-Umgebungen ging. Das habe am breiten Einsatzspektrum von IaaS gelegen, das von der Provisionierung einfacher Rechenleistung bis zur Konfiguration komplexer Netzwerk- und Speicher-Dienste reicht. Andererseits hätten die Anwender in den vergangenen Jahren ausbaden müssen, was IT-Anbieter versäumten: die Integration der zugekauften Lösungen in ihr eigenes Portfolio.

Laut Crisp Research wurde das Management von IaaS-Umgebungen auf Seiten von Microsoft, Oracle oder Cisco lange Zeit vernachlässigt, so dass fast alle großen IT-Anbieter in den letzten Jahren Startups und Technologiefirmen zukauften. OpenStack biete nun die Chance, Funktionen und Innovationen "unter einem Dach" zu bündeln.

Die Offenheit der Technologieplattform, Flexibilität und die Chance, Kosten zu senken, sind wichtige Argumente für OpenStack. Die Angst vor Herstellerabhängigkeit ist dagegen kein Thema.
Die Offenheit der Technologieplattform, Flexibilität und die Chance, Kosten zu senken, sind wichtige Argumente für OpenStack. Die Angst vor Herstellerabhängigkeit ist dagegen kein Thema.

Steht die OpenStack-Infrastruktur erst einmal, stellt sich die Frage nach den Workloads, die die Anwender darauf betreiben wollen. Neben erwartbaren Use Cases wie Web-Services, mobile Applikationen oder E-Commerce finden sich hier überraschend viele klassische Enterprise-IT Workloads. So planen jeweils 44 Prozent der OpenStack-Planer und -Anwender den Betrieb von Datenbanken und die Bereitstellung virtueller Desktops. Das gilt insbesondere für die Großunternehmen, die hierfür eine skalierungsfähige und kostengünstige Betriebsbasis suchen.

Jede Menge potenzielle Workloads

Auch Speicher- und Backup-Szenarien sowie Filesharing sind für die IT-Entscheider in der DACH-Region typische Anwendungsfälle für eine OpenStack-Infrastruktur. Hintergrund dürfte hier die Ablehnung amerikanischer Cloud-Speicher- und File-Sharing-Dienste sein. Neben diesen Use Cases gibt es noch viele weitere Anwendungen, die Anwender auf ihrer OpenStack-Infrastruktur betreiben wollen. Das Spektrum reicht von Netzwerk- und Sicherheits-Workloads über Analytics und High Performance Computing (HPC) bis hin zu Media Streaming oder Unternehmensapplikationen. Letztere stehen für die CIOs und Rechenzentrumsleiter aber derzeit nicht im Fokus ihrer OpenStack-Strategie.

Ähnlich wie bei anderen Open-Source-Produkten verlassen sich die Anwender auch bei OpenStack auf professionelle Distributionen (76 Prozent), obwohl sie das interne Know-how oft als gut einschätzen. Nur rund ein Viertel entscheidet sich für den "Build"-Ansatz und entwickelt die Infrastruktur auf Basis des Quellcodes der OpenStack-Community. Hintergrund ist laut Crisp Research, dass diese Entscheider wissen, wie aufwendig Konfiguration, Bereitstellung, Treiberunterstützung, das Test- und Qualitätsmanagement sowie das Sicherstellen der Skalierbarkeit sind. Fertig paketierte Varianten von OpenStack inklusive Support und Integrationsdienstleistungen minimieren das Implementierungsrisiko und beschleunigen die Umsetzung des Projekts.

Insgesamt wirken die Argumente gegen einen OpenStack-Einsatz schwächer. Anwender fürchten vor allem fehlendes Know-how in den eigenen Reihen.
Insgesamt wirken die Argumente gegen einen OpenStack-Einsatz schwächer. Anwender fürchten vor allem fehlendes Know-how in den eigenen Reihen.

Unter den Distributionen liegt laut Crisp Research HP klar an der Spitze. Die "Helion OpenStack Distribution" bringt es demnach auf einen Anteil von 42 Prozent wenn es um Einsatz und Planung im Kreis der Befragten geht Red Hat folgt mit 14 Prozent, alle anderen liegen im einstelligen Prozentbereich - auch SUSE Cloud (6,1 Prozent). Die Analysten glauben, dass SUSE zurzeit im deutschen Markt relativ wenig wahrgenommen werde: "Ein Grund hierfür liegt möglicherweise an deren junger Vergangenheit sowie der unsicheren Zukunft von Suse in den Händen verschiedener US Private Equity-Investoren", heißt es in der Studie.

Systemhäusern und Integratoren vertrauen deutsche IT-Entscheider zu 41 Prozent, wenn es um die Begleitung der OpenStack-Projekte geht. Auch spezialisierte Beratungsanbieter (37 Prozent), Hardware- und Technologieanbieter (34 Prozent) und die Distributionsanbieter selbst (34 Prozent) werden gerne ins Boot geholt. Crisp Research empfiehlt Integratoren und Systemhäusern, ihre Mitarbeiter "bestmöglich" auf OpenStack zu schulen, hier winke ein großes Geschäft.

OpenStack ist in deutschen Unternehmen angekommen
OpenStack ist in deutschen Unternehmen angekommen
Foto: Natalia Merzlyakova, Fotolia.com

Geht es um den Bekantheitsgrad, den etablierte IT-Anbieter als OpenStack-Spezialisten haben, so liegen IBM, HP und Cisco in Front. Der Abstand zu Verfolgern wie SAP, Fujitsu, Dell, Oracle und SAP ist allerdings nicht groß. (hv)