Open Source statt nur Linux

29.11.2006
Von 
Ludger Schmitz war freiberuflicher IT-Journalist in Kelheim. Er ist spezialisiert auf Open Source und neue Open-Initiativen.

Chance für kleine IT-Anbieter

Fast jede vierte Einrichtung hat, vor allem auf Server-Ebene, proprietäre Betriebssysteme abgelöst. 21 Prozent führen mit neuen Fachanwendungen quelloffene Lösungen ein. Der mehrheitliche Rest (56 Prozent) verfolgt einen schrittweisen Übergang, wobei die Desktops und ihre Office-Anwendungen an erster Stelle stehen.

Nur ein Viertel der öffentlichen Verwaltungen haben für ihre Projekte IT-Anbieter in Anspruch genommen. In 83 Prozent dieser Fälle kamen kleine regionale Firmen zum Zuge. Immerhin sparten 47 Prozent der öffentlichen Verwaltungen mehr als die Hälfte ihrer Lizenzkosten ein. Auch dies zeigt an, dass nicht nur beim Betriebssystem, sondern auch bei Anwendungen der Umstieg auf Open Source vollzogen wird. Außer dem finanziellen Aspekt heben die Verantwortlichen die größere Unabhängigkeit von Herstellern hervor.

Strukturwandel im IT-Markt

Auf der Seite der IT-Anbieter hat Open Source ebenfalls zu starken Veränderungen geführt. Bei rund einem Viertel macht quelloffene Software heute mindestens 25 Prozent ihres Umsatzes aus. Ein Drittel dieser Anbieter halten sich ohne Open-Source-Programme im Angebot für nicht mehr überlebensfähig. 71 Prozent bieten quelloffene Applikationen als Alternative zu proprietären an. Auch von den Open-Source-abstinenten Anbietern glauben zwei Drittel, dass quelloffene Programme an Bedeutung gewinnen werden.

Von einem "tief greifenden Strukturwandel im IT-Markt" redet inzwischen Hans-Ulrich Schmid von der Wirtschafts- förderung Region Stuttgart GmbH: "Open Source ist kein Strohfeuer."

Die Gewichte auf IT-Anbieterseite hätten sich verlagert: von einst wenigen großen Firmen zu immer mehr und kleineren Dienstleistern, die näher am Kunden seien. Für Schmid heißt das: "Open-Source-Ökonomie bedeutet Softwareversorgung à la carte statt Stammessen."

Die bundesdeutschen und EU-Fördermittel müssten nicht erhöht werden; Schmid fordert eine andere Verteilung: "Man sollte die Gelder auf Open-Source-Software umschichten." Und zwar aus gutem Grund gerade in diese Richtung: "Wenn Code schon öffentlich gefördert wird, dann sollte er auch öffentlich zugänglich sein." Schmid bemängelt ferner die Verwendung proprietärer Dateiformate durch die öffentliche Hand. "Das ist durch nichts zu rechtfertigen." Die Bundesregierung solle wie in Belgien und den Niederlanden die Verwendung offener Standards vorgeben.

Darauf mag Schmid allerdings nicht warten. "Wir brauchen über die Open-Source-Pioniere hinaus mehr Bewegung auf der Anwenderseite. Es ist Zeit, auf den Open-Source-Zug aufzuspringen. Der Weg ist frei."