Open-Source-Services gefragt

02.11.2005
Von Von Thorsten Wichmann 
Seit kurzem sind Firmen im Aufwind, die ihr Geld mit Services für kostenlose Unternehmensanwendungen verdienen. Ihr Angebot ist attraktiv - aber nicht für jedes Szenario.

Knapp 19 Millionen Dollar Venture Capital (VC) sind ein deutliches Signal dafür, dass die Risikokapital-Geber an eine Idee glauben. In diesem Fall ist die Idee Open-Source-Software (OSS), genauer gesagt ein CRM-System auf Open-Source-Basis. Ziel des Investments war Sugar CRM, derzeit eines der am meisten bejubelten Softwareunternehmen und eine der erfolgreichsten Unternehmensanwendungen auf Open-Source-Basis: Der Anbieter kommt auf 350000 Downloads der OSS-Basisversion in gut einem Jahr und mehr als 300 Kunden für die kommerziellen Versionen mit Support und mehr Funktionalität.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/go/

*73079: Pro und contra Open-Source-ERP;

*73770: Kommerzialisierung von Open-Source-Software;

*73132: Open-Source-CRM mit Wice;

156411: Open-Source-ERP Compiere im Detail.

"Commercial Open Source"

Von traditionellen Open-Source-"Projekten" unterscheidet sich Sugar CRM in seiner knallhar-ten Business-Orientierung: Von "Commercial Open Source CRM" ist die Rede, die Website ist gefällig und zeigt die typischen Slogans professionellen Marketings - ganz anders als etwa beim Klassiker "Compiere", einem schon länger laufenden Projekt für ein quelloffenes ERP- und CRM-System.

Aus Sicht der VC-Geber ist das Open-Source-Modell mindestens aus zwei Gründen interessant: So sind die Entwicklungskosten niedriger als bei proprietärer Software, weil die Entwicklung auf viele Schultern verteilt wird. Aber auch Marketing und Sales kommen deutlich billiger als bei Unternehmensanwendungen üblich. Schließlich kann man die Software einfach herunterladen, testen und sogar produktiv nutzen. Und wer sich dann daran gewöhnt hat oder sie sogar in die Unternehmensprozesse einbaut, der gibt irgendwann auch Geld für Support und sinnvolle Erweiterungen aus. Mit dieser besseren Kostenstruktur kann man - so die Hoffnung - anderen Anbietern Marktanteile abnehmen und neue Zielgruppen erschließen.

Alternativen sind in

Diese Chancen sehen auch eine Reihe anderer Softwareanbieter, und so sind Open-Source-Unternehmensanwendungen besonders in den USA gerade sehr en vogue. Unternehmen wie Pentaho oder Marvel IT haben beispielsweise OSS-Business-Intelligence-Anwendungen auf den Markt gebracht, Groundwork hat sich unter dem Slogan "Von Openview zu Open Source" dem IT-Infrastructure-Monitoring verschrieben, und Anbieter mit Branchenfokus wie Medsphere mit "Vista" bieten spezielle Anwendungen für eine eng umrissene Nutzergruppe.

Ebenfalls in diesem Umfeld unterwegs sind Neugründungen wie Spikesource, das seine Umsätze damit macht, professionelle Anwender über Open-Source-Anwendungen für den Unternehmenseinsatz zu beraten. Auf der anderen Seite unterstützt diese Service-Company Open-Source-Projekte dabei, die Anforderungen von Unternehmen zu erfüllen.

Trotz des zunehmenden Interesses an Open-Source-Unternehmensanwendungen, ihrem niedrigen Preis und der ihnen typischen Anpassbarkeit: Für die Hewlett-Packards, Oracles, SAPs und Sages dieser Welt sind das derzeit noch keine großen Bedrohungen. Denn das Open-Source-Modell eignet sich nicht für jede Unternehmensanwendung gleichermaßen.

So sind in viele Unternehmensanwendungen nationale rechtliche Vorschriften und branchentypische Prozesse integriert. Eine weltweit verteilte Community aus Freiwilligen kann diese nicht im gleichen Umfang und in der gleichen Beständigkeit liefern wie ein Softwarekonzern. Je mehr betriebswirtschaftliches Wissen in einer Anwendung steckt, desto besser ist deshalb in der Regel das traditionelle kommerzielle Modell geeignet. Das zeigt sich auch an OSS-ERP-Projekten wie Compiere oder "Lx-Office", die schon längere Zeit existieren, aber über eine vergleichsweise kleine Fangemeinde noch nicht hinausgewachsen sind.

Je mehr Standards desto besser

Einfaches Customer-Relationship-Management wie in Sugar CRM dagegen eignet sich gut für das OSS-Modell. Die grundlegenden Elemente wie Kunden-, Lead- und Verkaufsdatenbanken sind vergleichsweise einfach und international universell. Und dem Wunsch nach Änderungen oder der Integration mit anderen Anwendungen kommen die leichte Modifizierbarkeit und die Standardorientierung von OSS besonders entgegen.

Eine Fokussierung auf diese Stärken dürfte die Verbreitung von OSS in Unternehmen deshalb stärker beschleunigen als die Entwicklung von quelloffenen Alternativen in allen, auch weniger geeigneten Bereichen. Eine eventuell vorhandene Abscheu gegen kommerzielles Denken sollte aber besser vorher ablegen, wer dabei erfolgreich sein möchte. (ls)