OCBI gegründet

Open-Source-Initiative für offene Cloud

08.11.2011
Von 
Ludger Schmitz war freiberuflicher IT-Journalist in Kelheim. Er ist spezialisiert auf Open Source und neue Open-Initiativen.
Die Open Cloud Business Initiative (OCBI) hat sich zum Ziel gesetzt, Offenheit im Cloud Computing voranzutreiben und so dem IT-Business neue Wege aufzuzeigen. Sie ist aus der Open Source Business Foundation (OSBF) entstanden.

Erst im Januar dieses Jahres hatte sich in der OSBF eine Projektgruppe "Open Cloud" gebildet. Die hat sich jetzt als Business-Initiative der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Betonung liegt auf Open und auf Business wie Ricco Deutscher, ein ehemaliger McKinsey-Berater und Ex-Manager sowie jetzt Spiritus Rector der OCBI, erklärt: "Wir wollen den Geschäftsnutzen von Offenheit propagieren."

Die Open Source Business Foundation (OSBF) hat Nachwuchs bekommen
Die Open Source Business Foundation (OSBF) hat Nachwuchs bekommen

Die OSBF-Initiative bezieht sich auf zwei ihr voraus gegangene Bestrebungen für eine Öffnung der weitgehend proprietären Cloud-Angebote. Das appellativ gehaltene "Open Cloud Manifesto" und die "Open Cloud Initiative". Von beiden unterscheidet sich die OCBI durch umfangreichere Prinzipien. Sechs Anforderungen an offene Clouds hat die Gruppe definiert:

  1. Alle User- und Metadaten eines Services werden in einem offenen Standardformat dargestellt.

  2. Die Funktionalität eines Services wird über offene Standard-Schnittstellen exponiert. Dabei verlangt die OCBI anders als die OCI keine patentfreien Standards.

  3. Jeder Servicekonsument kann den Service ohne jede Diskriminierung nutzen.

  4. Eigentums- und Zugriffsrechte für alle verarbeiteten Daten legen die Benutzer selbst fest.

  5. Der Service-Provider achtet die Rechte an den Daten des Benutzers/Servicekonsumenten, die dieser Benutzer ihm gewährt.

  6. Alle Veränderungen und Erweiterungen von Open-Cloud-Services werden mittels geeigneter Prozesse und einer geeigneten Infrastruktur durch eine Community abgestimmt.

Alle Datenrechte bleiben beim Nutzer

Die letzten drei Prinzipien sind insofern neu, als sie bei anderen Open-Cloud-Bestrebungen nicht explizit formuliert wurden. Zum einen setzen sie einen juristischen Rahmen, indem sie alle Rechte an Daten den Benutzern vorbehält, während die Provider nur vorübergehende Verarbeitungsaufträge bekommen. Das ist ein deutlicher Unterschied zu den Gepflogenheiten und Geschäftsbedingungen zum Beispiel in sozialen Netzwerken, welche die User-Daten enteignen.

Zum anderen hat die OCBI mit Punkt 6 einen sozialen Aspekt eingeführt, der die Arbeitsweise von Open-Source-Projekten auf die Cloud überträgt: Die Community entscheidet und nicht ein Hersteller. Dabei schwebt der Initiative ein Verfahren vor, wie es in der Eclipse Foundation üblich ist. Dort stimmt ein Leitungsgremium geplante Erweiterungen des Kernprodukts mit den darauf aufsetzenden Spezialprojekten ab, um Inkonsistenzen und Inkompatibilitäten auszuschließen.

Cloud-Anbieter, welche die sechs Prinzipien der OCBI erfüllen, sollen ein "Open Cloud Zertifikat" der OSBF führen dürfen. Diese Bescheinigung sollen Firmen per Selbstzertifizierung erlangen können. Dabei behält sich die OSBF vor, das Zertifikat bei missbräuchlicher Verwendung zu entziehen. Im nächsten Jahr möchte die OCBI ferner einen Open-Cloud-Kongress veranstalten, um mehr Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen und neuere Entwicklungen zu reflektieren. Im Rahmen dieses Kongresses ist vorgesehen, einen "Open Cloud Award" für beispielgebende Projekte zu verleihen. Dabei ist es unerheblich, ob sich diese Projekte auf Plattform-, Infrastructure- oder Software-as-a-Service (PaaS, IaaS, SaaS) beziehen. Denn die OCBI adressiert mit ihren Prinzipien alle drei Cloud-Layer.

Momentan besteht die OCBI aus den OSBF-Mitgliedern Microsoft, Open-Xchange, Suse Linux, Talend und Zimory. Diese bezeichnen die Gründung als "Call for Participation", wie es der OSBF-Vorsitzende Richard Seibt ausdrückt. Sie möchten weitere Unternehmen, ob IT-Anbieter oder -Anwender, zur Mitarbeit aufrufen. Zu tun gibt es mehr als genug. So sind die Kriterien und Prozesse für die Zertifizierung und den Award noch auszuarbeiten.

Trotz diverser offener Punkte ist es laut OCBI-Leiter Deutscher wichtig, heute anzufangen und ein Zeichen zu setzen. "Die OCBI ist ein zukunftsgerichtetes Projekt." Sie werde von den heutigen Cloud-Anbietern wohl kaum wahrgenommen. Denn noch würden diese darauf achten, ihre Anfangsinvestitionen in einer geradeerst entstehende neue Technologie zu amortisieren. Wenn allerdings in vielleicht zehn Jahren der Cloud-Markt einen höheren Reifegrad erreicht habe, dürften sich die Anbieter auf den Geschäftsnutzen von Offenheit in der Cloud besinnen. Für diese Zukunft möchte die OCBI den Boden bereiten. Deutscher: "Die Grundpflöcke sind gesetzt. Jetzt wollen wir die Inhalte und Ziele konkreter ausfüllen."