Fujitsu-Siemens positioniert sich als Integrationsanbieter

Open Seas verbindet Software-Inseln

10.12.1999
MÜNCHEN (bs) - Rund 35 bis 40 Prozent des DV-Budgets geben Unternehmen für die Integration von Anwendungen aus. Die Fujitsu-Siemens Computers GmbH (FSC) bietet mit "Open Seas" dafür eine Werkzeugpalette. Open Seas umfaßt drei Komponenten: einen Enterprise Application Server, der eine Ablaufumgebung für C- und Cobol-Programme, objektorientierte Architekturen und Enterprise-Javabeans-Komponenten bietet. Dieser unterstützt eine verteilte Transaktionsverarbeitung, synchrones und asynchrones Queuing, Load-Balancing, Clustering sowie die Interoperabilität zu SAP-R/3-Systemen. Der Web Integration Server "Web Transactions" soll Main

frame- sowie Unix- und Windows-NT-Applikationen Web-fähig machen. Dazu transformiert er die in der Regel zeichenorientierte Oberfläche von Anwendungen in Formate, die von einem Web-Browser verarbeitet werden können.

Den Einstieg in das EAI-Lager (EAI = Enterprise Application Integration) erhofft sich FSC speziell mit dem Application Integration Server "Biz Transactions". Der Message-Broker verspricht die Integration beliebiger Anwendungen, ohne daß Änderungen an den existierenden Applikationen selbst vorzunehmen sind. Mit dieser Idee stehen die Siemensianer allerdings nicht allein, denn EAI ist in. Neue Anbieter, speziell in den USA, schießen wie Pilze aus dem Boden, und altbekannte Hersteller springen auf den EAI-Zug auf (siehe CW 32/99, Seite 15). Einem im Mai 1999 gegründeten Gremium, dem Enterprise Integration Council (EIC), gehören mittlerweile mehr als 70 Unternehmen an (www.eicouncil.org).

Vorgefertigte Adapter statt Interface-Programmierung

Ein wesentliches Ziel der Integrationsprodukte ist es, die Verknüpfung bestehender und neuer Anwendungen zu vereinfachen. Dazu bieten die EAI-Pakete in der Regel vorgefertigte Schnittstellen-Adapter und gehen damit über die Funktion der Pakete klassischer Middleware und Broker-Techniken hinaus. Die mühsame Interface-Programmierung soll nicht nur erleichtert, sondern die Schnittstellen sollen zudem kompatibel bei Release-Wechseln werden.

Dazu greift FSC auf langjährige Erfahrungen im Bereich Online Transaction Processing (OLTP) und den Transaktionsmonitor "Open UTM" zurück. Ursprünglich für das Siemens-Betriebssystem BS 2000 entwickelt, ist UTM mittlerweile auch auf MVS-, Unix- und Windows-NT-Plattformen zu Hause. Alle drei Produkte der Open-Seas-Suite basieren auf dieser Technik.

Biz Transactions besteht aus zwei Kernbausteinen (siehe Grafik): einem Tool zur Erzeugung von Business-Objekten (BO), dem "Business Object Integrator" (BOI), sowie einem Business Process Integrator (BPI). Der BOI bietet die Möglichkeit, über Adapter Services und Methoden etwa von Mainframe-Anwendungen existierender Programme weiter zu nutzen und sie in Objekte beziehungsweise BOs umzuwandeln. Dazu können Dialogschritte, die ein Anwender in bestehenden Programmen ausführt, wie mit einem Recorder aufgezeichnet und durch zusätzliche Features (Sicherheitsprüfungen etc.) ergänzt werden. So läßt sich etwa die Arbeit eines Sachbearbeiters, der dazu heute mehrere Programme nacheinander oder parallel bedienen muß, in einer neuen Anwendung zusammenfassen. Interessant ist dies insbesondere dann, wenn viele unterschiedliche Programme aufgerufen werden müssen oder integrierte Sichten auf Kunden, Aufträge und Produkte gewünscht werden. Die Daten werden heute oft in einer Vielzahl von Systemen gespeichert, doch eine übergreifende Bearbeitungsmöglichkeit fehlt.

Die Integrationsschicht BPI verknüpft diese BOs, orientiert an den realen Geschäftsabläufen zu Business Process Objects (BPO), also zu Geschäftsprozessen. Die Regeln für diese Abläufe können mittels eines grafischen Werkzeugs modelliert werden. Die Clients greifen über Client-Adapter auf die BPOs zu, die die Umwandlung in die gewünschte Client-Technik wie HTML oder Active X übernehmen. Ein Java-Adapter ist in Arbeit. Server-Connectoren bestehen neben BS 2000 und UTM zu MVS, Cics, IMS, SAP R/3 und IBMs "MQ Series".

Im Vergleich zu Produkten von EAI-Anbietern wie Active Software, Crossworlds und Vitria, die auf Basis von Message Broker nach dem Queuing-Verfahren arbeiten, fußen die Adapter von Biz Transactions auf Remote Procedure Calls (RPCs). Dadurch soll für Dialoge, die sich aus Aufrufen mehrerer Server-Anwendungen zusammensetzen, eine Echtzeitverarbeitung garantiert sein, während bei Message-basierten Ansätzen zusätzliche Kontrollmechanismen wie Zeitüberwachung notwendig sind, damit der Anwender nicht zu lange auf die Antwort warten muß. Zudem sind viele OLTP-Anwendungen für eine Message-Queuing-Verarbeitung nicht ausgelegt. In einem nächsten Release wird Siemens allerdings auch Messaging-Mechanismen anbieten. Der Business Object Integrator ist ab sofort verfügbar.