Zu blauäugig in punkto Markenschutz

Online-Marketing in der rechtlichen Grauzone

29.06.2009
Von pte pte
Immer mehr Unternehmen verlagern ihre Marketing- und Werbeaktivitäten ins Internet und begeben sich damit oft unbewusst in rechtliche Grauzonen.

Denn viele sind sich bisher nicht darüber im Klaren, wie mit den Themen Marken- und Datenschutz online richtig umzugehen ist. Dass sich Firmen bei der Benutzung von Marketing-Tools wie Google Adwords oder Google Analytics schnell auf rechtlich dünnem Eis bewegen können, wird allzu oft noch übersehen. Das liegt einerseits daran, dass sich die Werbetreibenden häufig nur unzureichend über Marken- und Datenschutzfragen informieren. Gleichzeitig steckt aber auch auf rechtlicher Seite vieles noch in den Kinderschuhen. "Online-Marketing ist als eigene Materie nicht unmittelbar gesetzlich geregelt. Hier spielen viele Rechtsbereiche - wie etwa Marken- und Wettbewerbsrecht, Mediengesetz, Datenschutzgesetz oder Telekomgesetz - hinein", erklärt Bettina Windisch-Altieri, Rechtsanwältin und Expertin auf dem Gebiet IT- und Internetrecht, im pressetext-Interview.

Es gebe viele Fragen, die von den Gerichten noch nicht endgültig geklärt seien. Vieles befinde sich noch in der Entwicklung. "Wir haben in den vergangenen Jahren in Österreich erste höchstgerichtliche Entscheidungen, die mit Online-Marketing zu tun haben, erhalten. Diese betreffen in erster Linie das Marken- und Wettbewerbsrecht beim Einsatz von Tools wie Google Ads", sagt Windisch-Altieri. Nun stehe eine richtungsweisende Entscheidung des EuGH an, die Aufklärung darüber bringen soll, inwieweit das Buchen von fremden Marken- und Firmennamen als Keywords im Rahmen von Online-Kampagnen erlaubt ist. "Derzeit gilt auf jeden Fall Vorsicht bei der Auswahl von Metatags und Keywords. Fremde Namen sollten keinesfalls verwendet werden", erläutert Windisch-Altieri gegenüber pressetext. Was die Verwendung fremder Kennzeichen als Metatags im Quelltext der eigenen Webseite betreffe, habe es dazu in Österreich bereits ein Urteil gegeben. "Demnach handelt es sich dabei um eine Markenrechtsverletzung, wenn die Verwendung der Marke nur dem Zweck dient, die Aufrufhäufigkeit der eigenen Seite zu steigern", so die Internetrechtsexpertin.

Datenschutzrechtliche Fragen werfen sich hingegen bei Analyseprogrammen wie Google Analytics auf. Wer eine solche Software einsetze, solle sich genau erkundigen, welche Nutzerdaten dabei erhoben und gespeichert würden. Dabei steht die zentrale Frage im Raum, inwieweit die Datenverarbeitung erlaubt ist. "Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte eine Analysesoftware benutzen, die ohne Verwendung von IP-Adressen auskommt", rät Windisch-Altieri den Unternehmen. Generell empfiehlt sich ein ausdrücklicher Hinweis auf der jeweiligen Seite, wenn solche Tools zur Anwendung kommen. Ob es sich bei IP-Adressen um personenbezogene Daten handelt oder nicht, ist in Österreich durch die Rechtssprechung bislang noch ungeklärt. In Deutschland zeige sich eine Tendenz dahin, dass die IP-Adressen tatsächlich als personenbezogene Daten zählen, so Windisch-Altieri. Die User selbst sollten zwar vorsichtig sein und können sich etwa durch das Unterdrücken von Cookies schützen. Dennoch müsse niemand fürchten, dass durch den Besuch einer Webseite, auf der Analyseprogramme zum Einsatz kommen, aufgrund der einsehbaren IP-Adresse auch persönliche Daten ersichtlich würden, betont die Rechtsanwältin.

Insgesamt gibt es bis dato zwar wenige Entscheidungen zum Thema Online-Marketing, doch zumindest im Bereich der Werbung, also zum Beispiel Google Adwords, hat es bereits wesentliche Entscheidungen gegeben. "Erscheint bei der Verwendung von Keywords ein fremdes Kennzeichen in der geschalteten Werbeanzeige selbst, so liegt nach einem Urteil des OGH im Fall 'Wein & Co' eine Markenrechtsverletzung vor", erklärt Windisch-Altieri. Noch ungeklärt sei aber, ob dies auch bei unsichtbaren Keywords der Fall ist, die nur die Platzierung der Anzeige steuern.

Zwei solcher Fälle liegen derzeit dem EuGH zur Entscheidung vor. Steht fest, dass eine Verwendung einer fremden Marke als Keyword vorliegt, so sind die rechtlichen Folgen nicht zu unterschätzen. "Es gibt eine ganze Reihe an Konsequenzen. Das beginnt bei Ansprüchen auf Unterlassung und Beseitigung, hinzu kommen Entgeltansprüche und Schadensersatzzahlungen inklusive des entgangenen Gewinns oder der Herausgabe des Gewinns", warnt die Rechtsanwältin. Weiters kann das Urteil veröffentlicht werden, was wiederum dem Image schadet. "Wesentlich ist auch, dass die Ansprüche durch eine einstweilige Verfügung abgesichert werden können. Diese ist sogar möglich, ohne dass man selbst zuvor angehört wurde und tritt sofort in Kraft", ergänzt Windisch-Altieri. Vorsätzliche Verletzungen des Markenrechts können darüber hinaus bei gewerbsmäßiger Begehung gar eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren nach sich ziehen. Von Unternehmen werden diese Rechtsfolgen bisweilen zumeist stark unterschätzt. Dennoch gestaltet sich der Bereich Online-Marketing rechtlich im Grunde nicht anders als jedes andere Werbe- oder Marketingmittel. "Wichtig ist nur, dass die durch das Internet entstandenen neuen Möglichkeiten auch entsprechend in die bestehenden rechtlichen Gefüge eingeordnet werden", betont die Rechtsexpertin abschließend. (pte)