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Glaube 2.0

Online-Kirchen in den USA auf dem Vormarsch

09.11.2009
Von pte pte
Der Siegeszug moderner Kommunikationstechnologien ist auch bei den verschiedenen religiösen Glaubensgemeinschaften nicht unbemerkt geblieben.

Einem aktuellen Bericht des "San Francisco Chronicle" zufolge hat sich in den USA mittlerweile eine völlig neue Form der Kirchengemeinde herausgebildet, die hauptsächlich im Internet stattfindet und eine rasant wachsende Anhängerschaft verzeichnet. Von Gottesdiensten mit virtuellen Predigern über Bibelstunden in Chat-Rooms bis hin zu Online-Beichten und -Taufen wird dabei alles geboten, was den Gläubigen auch bei einem herkömmlichen Kirchgang erwartet.

"Das Internet ist für uns nur eine weitere Umgebung, in der sich echte Beziehungen zu Menschen aufbauen lassen", erklärt Rob Wegner, Pfarrer an der Granger Community Church im US-Bundesstaat Indiana, der seit geraumer Zeit eine eigene Web-Kirche betreibt. Das Netz sei gewissermaßen als "virtuelle Vorhalle" einer Kirche zu sehen, in der sich "verlorene Seelen" einfinden könnten, um wieder zum Glauben zurück zu finden. "Vor 50 Jahren konnte man noch erwarten, dass alle Gläubigen zu einem in die Kirche kommen. Heute müssen wir die Leute dort abholen, wo sie sich aufhalten", begründet Wegner sein Online-Engagement.

Dass Kirchen ihre Aktivitäten derart ausgiebig ins Internet verlagern, stößt bei einigen Vertretern der christlichen Glaubensgemeinschaft allerdings auf heftige Ablehnung. Kritiker bezeichnen das aufkommende Phänomen bereits als "religiöses Fast Food" oder "Christentum light". "Ein virtueller Kirchgang ist eine Ergänzung für den 'Face-to-Face'-Kontakt, kein Ersatz", stellt Matthias Kopp, Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), im Gespräch mit pressetext klar.

Das Prinzip, die Menschen dort abzuholen, wo sie sind, sei nicht neu. "Der Auftrag des auferstandenen Christus, das Evangelium zu verkünden, gilt unbegrenzt und umfasst alle menschlichen Kommunikationsräume und Lebensvollzüge, also auch das Internet", betont Kopp. Obwohl dem Web auch in Deutschland eine zunehmende Bedeutung als Medium der Glaubensinformation, des Austausches und der Seelsorge zukomme, sei die Durchführung einer Online-Messe oder -Beichte aber mit dem katholischen Verständnis unvereinbar. "Es gibt keine Sakramentenspendung via Internet", so Kopp.

Wie auch immer man zu den Internet-Kirchen stehen mag, fest steht, dass die Zahl entsprechender Online-Dienste in letzter Zeit kontinuierlich angewachsen ist. Einer aktuellen Schätzung zufolge sollen in den USA derzeit bereits 40 solcher Webseiten existieren. Auch die Anhängerschaft der neuen Form der Gläubigen-Seelsorge weitet sich beständig aus. So verzeichnet alleine die Homepage der LifeChurch, einem der Pioniere in diesem Metier, durchschnittlich bis zu 60.000 einzelne Seitenaufrufe pro Woche. Die Besucher, die sich dort einfinden, kommen dabei aus 140 verschiedenen Ländern der Welt. (pte)