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"Online-Glücksspiele haben höheres Suchtpotenzial"

16.02.2008
Von pte pte
Glücksspiele im Internet bergen ein höheres Suchtpotenzial als der Gang in ein Casino. Dieser Auffassung ist nicht nur die Psychologin Chantal Mörsen von der Universität Manz, die am 14. und 15. Februar gemeinsam mit anderen Experten beim "Symposium Glücksspiel 2008" über die Umsetzung des Glücksspiel-Staatsvertrages und die neuesten Erkenntnisse der Glücksspielforschung diskutiert. Aktuellen Studien zufolge gibt es in Deutschland zur Zeit rund 250.000 Spielsüchtige, das entspricht in etwa der Zahl von Drogen- und Alkoholabhängigen. Insbesondere das Online-Glücksspiel stelle eine große Gefahr dar, da es auf die gesellschaftliche Gruppe ziele, die am ehesten für Spielsucht anfällig ist, nämlich junge Erwachsene.

"Online-Spiele haben aus verschiedenen Gründen ein höheres Suchtpotenzial als klassische Glücksspiele", erklärt Gerhard Meyer, Glücksspielexperte und Diplom-Psychologe an der Universität Bremen http://www.ipk.uni-bremen.de , im pressetext-Gespräch. Zunächst einmal sei das Zocken im Internet für Spieler aufgrund der rascheren Ereignisfrequenz viel reizvoller. "Speziell beim Online-Poker können Spieler beispielsweise an mehreren Tischen gleichzeitig spielen und müssen so nicht mehr lange darauf warten, bis sich im Spiel etwas tut", meint Meyer. Auch die beim Spielen im Internet gegebene Anonymität sei in diesem Zusammenhang ein wichtiger Faktor. "Die persönliche Kontrolle im Netz ist mit der in einem Casino nicht zu vergleichen", stellt der Glücksspielexperte fest. "Hinzu kommt, dass private Online-Anbieter in der Regel eine bessere Gewinnquote anbieten als etwa staatliche Betriebe", ergänzt Meyer. Im Allgemeinen seien das Angebot im Internet und die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, einfach vielfältiger.

"Fakt ist, dass wir am Online-Sektor inzwischen ein starkes Glücksspiel-Angebot haben, das von den Bürgern auch genutzt wird", betont Meyer. Um dem Problem entsprechend entgegentreten zu können, bedürfe es eines geeigneten Regelwerks. "Es geht hier meiner Meinung nach nicht darum, ein generelles Verbot auszusprechen. Das hat noch nie zum Erfolg geführt", stellt Meyer klar. Auch der in Deutschland am 1. Januar in Kraft getretene Glücksspiel-Staatsvertrag sei kritikwürdig. Dieser sieht vor, dass Lotterien, Sportwetten und Spielbanken bis 2011 den Ländern vorbehalten bleiben und verbietet unter anderem Wetten und Glücksspiele über das Internet.

"Dass ein generelles Verbot nicht umsetz- und kontrollierbar ist, zeigt gerade derzeit das Beispiel der USA sehr deutlich", so Meyer. Dort hätte dieser Versuch nur dazu geführt, dass sich Online-Spieler neue Wege suchen, wie sie zu ihrem Glücksspiel-Erlebnis kommen. "Mein Vorschlag wäre es hingegen, ein staatlich konzessiertes und kontrolliertes legales Angebot zu schaffen, das mit einem Spielerschutz ausgestattet ist", erklärt Meyer. Speziell im Online-Glücksspielbereich bestehe ohne weiteres die Möglichkeit, das Spielverhalten der Nutzer genau zu analysieren. "Wenn sich beispielsweise starke Zunahmen in der Spieldauer zeigen, könnte so immer noch rechtzeitig eingeschritten werden", schlägt Meyer abschließend vor. (pte)