Einkaufsgenossenschaft Südwestdeutscher Apotheker:

Online-Bestellwesen für schnelle Medikamente

06.02.1976

ASPERG - Bei der Einkaufsgenossenschaft Südwestdeutscher Apotheker EGWA in Asperg bei Stuttgart sind 30 Minuten nach Eingang eines Auftrags die bestellten Arzneimittel versandbereit. Bereits zwei bis drei Stunden später liefern die EGWA-Lkw die Arzneien beim Apotheker ab. Die ständige Lieferbereitschaft der Einkaufsgenossenschaft hat dazu beigetragen, daß ein Patient, der einer Apotheke im "Einzugsbereich" der EGWA ein Rezept vorlegt, das erforderliche Medikament noch am gleichen Tage bekommt, ganz gleich welches der 60 000 im Handel befindlichen Präparate vom Arzt verschrieben wurde.

EGWA-Geschäftsführer Gerd Flad ist auf die Leistung seiner Organisation stolz: "Ohne unser neues Online-Bestellsystem würde die Auftragsbearbeitung wesentlich länger dauern."

Diaprojektoren vor Ort

Die EGWA hat eine Online-Anwendung realisiert: Heute sind bereits 60 Prozent aller 500 Apotheken, die der Asperger Genossenschaft angeschlossen sind, per Wählleitung mit dem EGWA-Rechenzentrum verbunden. Dort ist als Zentralrechner eine IBM 370, Modell 125 mit 192 KB installiert; 22 Bildschirmgeräte IBM 3270 stehen lokal in der Abteilung Auftragsannahme (Foto rechts oben).

Vor Ort (in den Apotheken) sind sogenannte Kleinlochkarten-Leser von Siemens oder SEL im Einsatz, die Dia-Projektoren sehr ähnlich sind. Der Apotheker hat nichts weiter zu tun als die für jedes Medikament vorhandene Bestellkarte mit der siebenstelligen, bundeseinheitlichen Pharma-Zentralnummer in das Kartenmagazin des Lesers einzugeben. Alles Weitere erfolgt automatisch: Zu feststehenden Zeiten, die mit dem Apotheker vorher vereinbart wurden, ruft die EGWA im Polling-Verfahren die Bestellungen ab. Auf diese Weise werden pro Sekunde zwei Aufträge mit einer Transfer-Rate von 20 Baud überspielt.

System 7 schirmt die Zentrale ab

Auf der "Empfangsseite" gab es für Gerd Flad und seine DFÜ-Spezialisten "Engpaßprobleme" zulösen: Wenn nämlich mehr als zehn Bestellungen gleichzeitig ankamen, liefen - wie er berichtet - die "schnellen" 20-Baud-Wählleitungen "heiß". Der EGWA-Boß wußte einen Ausweg: Ein IBM System 7-Prozeßrechner übernimmt jetzt die Nachrichtenverwaltung und schirmt als Vorschaltrechner die 370 ab.

So sieht der chronologische Ablauf aus: Ist die letzte Bestellung per DFÜ eingegangen, werden sofort nach der Verfügbarkeitsprüfung am Bildschirm über den Drucker der 370-Anlage Lagerentnahmescheine gedruckt. Sie enthalten eine "sprechende" Lagerort-Nummer, aus der hervorgeht, wo ein Medikament liegt.

Das enthebt die Lagerarbeiter von der mühseligen Aufgabe, die teilweise recht schwierigen Arzneimittelnamen entziffern zu müssen.

Nachdem ein Auftrag das Lager durchlaufen hat und die Sendung zusammengestellt ist, geht der Entnahmebeleg mit den handschriftlichen Eintragungen über das, was tatsächlich zur Auslieferung gelangt, an den Bildschirmplatz zurück. Dort wird die Fakturierung des Auftrags durch Eingabe der Bestell-Nummer veranlaßt. Dadurch wird sichergestellt, daß gelieferte und berechnete Menge übereinstimmen. Das Drucken der Rechnung dauert dann maximal eine Minute - sie kann der Ware bei Auslieferung beigefügt werden.

Die Kartenschaufelei ist vorbei

Der "Rest" ist Sache eines ausgeklügelten Tourenplans: Vor Asperg aus werden täglich 70 verschiedene Touren gefahren, die sternförmig das gesamte Liefergebiet abdecken, das sich in etwa mit den Grenzen von Baden-Württemberg deckt.

Bis vor kurzem wurde das Bestell- und Lieferwesen per Lochkarte abgewickelt. Bei 2000 Aufträgen täglich gab das - so Flad - "eine ganz schöne Kartenschaufelei". Von dem "Online-Effekt" ist er selbst angenehm überrascht: "Wir sind heute wesentlich schneller - obwohl wir mit weniger Personal auskommen."