Gründer-Clans auf dem Rückzug:

Olivetti in bedrohlicher Kapitalnot

11.02.1977

MAILAND/IVREA/FRANKFURT (CW) - Die Verbindlichkeiten der Ing. C. Olivetti & Co. S. p. A. in Ivrea haben Ende 1976 mit 581,7 Milliarden -Lire (1,6 - Milliarden Mark) rund 67 Prozent vom Gruppenumsatz (865,4 Milliarden Lire) betragen. Allein 71 Milliarden Lire (oder 8,3 Prozent vom Umsatz) verbraucht Olivetti für die Zinstilgung. Die durch Unterkapitalisierung entstandene Finanzklemme dürfte nun zu einer Änderung der Kapitalstruktur und der Umschichtung der Eigentümer-Rechte führen.

Professor Bruno Visentini, vom Job als italienischer Finanzminister in den Präsidentenstuhl bei Olivetti zurückgekehrt, bastelt an einer Kapitalerhöhung, durch die mindestens 200 Milliarden Lire (550 Millionen Mark) in die Unternehmenskassen fließen sollen. Die hoffnungslose Unterkapitalisierung des Konzerns hat Olivetti vor 13 Jahren (bei der deutschen Olivetti GmbH in Frankfurt sind in der Bilanzsumme von 216,6-Millionen Mark 23 Prozent Eigenkapital enthalten) schon einmal in Schwierigkeiten gebracht.

Möglicherweise verzichtet nun der Olivetti-Familienclan, der noch etwa 25 Prozent der Stammaktien hält, auf seinen Einfluß. In Mailänder Finanzkreisen wird bezweifelt, daß die Familie die ihr zustehende Quote einer so umfangreichen Kapitalerhöhung (derzeit 120 Milliarden Lire Aktienkapital) zeichnen kann. Das würde dazu führen, daß sich das sogenannte Kontrollsyndikat, in dem die Hauptaktionäre mit 50 Prozent Kapitalanteil vereint sind, mit einer qualifizierten Schachtel zufriedengeben müßte, was allerdings zur Einflußnahme auf die Unternehmenspolitik ausreicht. Das Kontrollsyndikat war vor 13 Jahren gegründet worden, um eine akute Finanzkrise abzuwenden, darin steht der Familie Olivetti die "Interventionsgruppe" unter der Führung des staatlichen italienischen Finanzierungsinstitutes IMI gegenüber.