Benedetti ruft für sein Haus das "Zeitalter des Minicomputers" aus:

Olivetti geht mit OSA in die Unix-Offensive

27.11.1987

LONDON (CW) - Was für Big Blue SAA ist, nennt sich bei Olivetti jetzt - in Anspielung auf den OSI-Standard - Open Systems Architecture (OSA). Eine "neue Olivetti" mit neuer Unix-Strategie stellte Konzernchef Carlo de Benedetti vor, nämlich die "Olivetti des Minicomputer-Zeitalters". Auf die passende neue Hardware muß der Markt allerdings noch bis zur Hannover-Messe CeBIT warten.

Auch der italienische Multi hat sich mit OSA jetzt auf eine durchgängige Architektur festgelegt. Um die strategische Bedeutung des zukünftigen Konzepts zu unterstreichen, marschierte zur Ankündigung in London das komplette Top-Management des Unternehmens auf: Olivetti-Boß Benedetti ließ sich bei dem Announcement von seinem Vorstandsvize Vittorio Levi und Planungschef Elserino Piol assistieren.

In die OSA-Welt passen laut Olivetti die alten Minicomputer der Linea Uno (L1) mit ihrem Betriebssystem MOS genauso wie die Unix-Rechner der 3B-Reihe von AT&T und die PCs der eigenen M-Serie. In den Mittelpunkt stellt das Unternehmen jedoch die Minicomputer der Baureihe LSX 3000, die im Frühjahr 1988 auf den Markt kommen soll - als strategisches Produkt: als Hardware-Kern der "OSA"-Offensive gegen IBMs internes Portabilitätsmodell Systems Applications Architecture (SAA). Benedetti hofft, mit den neuen Produkten das zu erreichen, was mit den AT&T-Geräten nicht so recht gelingen wollte, nämlich europaweit im Markt für mittlere DV-Systeme Fuß zu fassen.

Die Serie LSX 3000 umfaßt sieben Grundmodelle, die theoretisch bis zu 192 Arbeitsplätze versorgen können; letztere Zahl bezieht sich auf die Version LSX 3080, die mit zwei Prozessoren bestückt ist. Der kleinste der 32-Bit-Rechner, die von Motorola-Chips der 68000-Familie angetrieben werden, läuft nur unter dem "alten" MOS, der größte nur unter Unix V, und die mittleren können es mit beiden Betriebssystemen.

Laut Olivetti entspricht das verwendete Unix-Derivat dem von der europäischen X/Open-Gruppe entwickelten Standard. Man beruft sich ebenso auf ISO/OSI-Standards wie auf Big Blues SNA. Und auch sonst zeigt sich der Computerhersteller aus dem Aostatal offen nach allen Seiten: Ob der Prozessor von Motorola oder Intel ist, ob das Betriebssystem Unix, MS-DOS oder OS/2 heißt, ob man bei der Kommunikation mit X.25 oder X.400, mit Ethernet oder Starlan arbeitet, soll egal sein. So jedenfalls steht's in den Prospekten.

Olivetti vermarktet die Rechner, die mit einem Aufwand von 50 Milliarden Lire in Italien entwickelt wurden, in Deutschland sowohl direkt als auch über den indirekten Vertrieb. Potentielle Kunden für die neuen Minis hat Peter Günthart, Geschäftsführer der deutschen Olivetti-Tochter, in Behörden und Banken sowie im Mittelstand ausgemacht.

Obwohl er mit dem derzeitigen PC-Absatz nicht zufrieden ist - und von dem lebt Olivetti -, glaubt Günthart, die Talsohle überwunden zu haben: "Im nächsten Geschäftsjahr schreiben wir auf jeden Fall schwarze Zahlen."