Olivetti: Analysten sagen erst fuer 1995 wieder Gewinn voraus Von Arnd Wolpers*

08.10.1993

Die nachhaltige Abwertung der italienischen Lira beschert den konjunkturgebeutelten Unternehmen suedlich der Alpen eine drastische Verbesserung der Wettbewerbsposition im Export. Seit Sommer 1992 verlor die Lira gegenueber der Mark knapp 30, gegenueber dem Dollar knapp 50 und gegenueber dem japanischen Yen etwa 80 Prozent. Was dies fuer die Wettbewerbsposition von Olivetti, Fiat, Benetton und Co. bedeutet, laesst sich leicht ermessen.

Hinzu kommt, dass mit der Verabschiedung des neuen Wahlgesetzes am 3. August 1993 der Weg fuer eine politisches Wende in Italien geebnet wurde. Das neue Modell, das dem bisherigen System der Parteiherrschaft ("Partitocrazia") ein Ende bereiten soll, wird eine Kombination von Mehrheits- und Verhaeltniswahlrecht sein. Erstmals gibt es aehnlich wie in Deutschland eine Sperrklausel (vier Prozent). Die allmaehliche Wiederherstellung des internationalen Vertrauens in die italienische Politik hat zu Nettokapitalzufluessen auslaendischer Investoren in die italienische Waehrung gefuehrt. Dies hat zusammen mit der Durchbrechung der Scala mobile, der automatischen Korrellation zwischen Anstieg der Konsumentenpreise und dem der Lohnstueckkosten einen deutlichen Rueckgang der Inflation und der kurzfristigen Zinsen bewirkt. Die italienische Inflation notiert heute auf deutschem Niveau, die kurzfristigen Zinsen sind nur noch halb so hoch wie vor einem Jahr, und die Renditen festverzinslicher Papiere haben sich gegenueber dem Durchschnitt der letzten 20 Jahre halbiert.

Diese Kombination aus Abwertungs- und Zinssenkungsphantasien laesst italienische Dividendenpapiere ueberdurchschnittlich aussichtsreich erscheinen. Auch institutionelle Anleger entdecken die Boerse in Mailand wieder. Zu den empfohlenen Werten gehoeren beispielsweise Textilunternehmen wie Stefanell, Benetton, Mazotto aber auch die in den vergangen Jahren so arg gebeutelte Olivetti.

Der Kurs der Olivetti-Aktie hatte sich seit 1986 mehr als gezehntelt. Nach der erfolgreichen Kapitalerhoehung im Fruehjahr dieses Jahres ist die Bilanz wieder in Ordnung. Die Nettoschulden (kurz- und langfristige Schulden abzueglich der Liquiditaet) sind auf nur noch 700 Milliarden Lire gesunken. Dem steht ein Eigenkapital von 2600 Milliarden Lire und eine Bilanzsumme von 14300 Milliarden Lire gegenueber. Der Zinsaufwand wird sich schon 1993, vor allem aber 1994 deutlich reduzieren. Fast die Haelfte der langfristigen Olivetti-Verbindlichkeiten sind sogenannte "Floater". Die Zinsen werden hier der aktuellen Marktentwicklung angepasst, so dass durch die weltweite Zinssenkungstendenz der Zinsaufwand nachhaltig zurueckgehen wird.

Durch die Reduktion der Belegschaft gegenueber 1989 um 16 500 Mitarbeiter (30 Prozent) und noch einmal 7500 (18 Prozent) Beschaeftigte im laufenden Jahr stellen sich erhebliche Kostensenkungseffekte ein. Ob diese allerdings reichen werden, um die sinkenden Verkaufspreise der Olivetti-Produkte auszugleichen, ist fraglich. Zusammen mit dem Abwertungseffekt sollte es Olivetti jedoch gelingen 1994 ein ausgeglichenes Ergebnis zu erwirtschaften.

Im laufenden Jahr wird die italienische Regierung eine Mobilfunklizenz erteilen. Im Moment hat die staatliche SIP noch das Monopol. Ein von Olivetti mit 51 Prozent Anteil gefuehrtes Konsortium hat allerdings eine grosse Chance, diese Lizenz zu erhalten.

Auch die Zusammenarbeit mit DEC sollte sich durch die Verschiebung der Wechselkursrelationen fuer Olivetti lohnen. Das Unternehmen hat begonnen, DEC-kompatible PCs herzustellen und mehr als 80 000 Einheiten pro Jahr an DEC zu liefern. Digital ist mit fuenf Prozent nach CIR der zweitgroesste Olivetti-Aktionaer.

Das Risiko fuer Olivetti-Aktionaere liegt in einer Fortsetzung des PC-Preisverfalls. Durch die Kombination von Kostenentlastung, reduziertem Zinsaufwand und Abwertungsgewinn sollte das Unternehmen jedoch 1994 aus der Verlustzone herauskommen koennen. Analysten erwarten fuer 1995 erstmals seit Jahren wieder einen Gewinn. Olivetti eignet sich als spekulativer Kauf.

*Arnd Wolpers ist Geschaeftsfuehrer der Vermoegensverwaltungsgesellschaft CMW GmbH in Muenchen. Die hier veroeffentlichten Informationen beruhen auf Quellen, die wir fuer vertrauenswuerdig und zuverlaessig halten. Trotz sorgfaeltiger Quellenauswahl und -auswertung koennen wir fuer Vollstaendigkeit, Genauigkeit und inhaltliche Richtigkeit der Angaben eine Haftung nur insoweit uebernehmen, als grobe Fahrlaessigkeit oder Vorsatz Haftung begruenden. Jede darueber hinausgehende Haftung wird ausgeschlossen. Fuer Angaben Dritter uebernehmen wir kein Obligo, Aktienanlagen sind durch staerkere Kursschwankungen gekennzeichnet.