DV-Unternehmen müssen Mitarbeitern Perspektiven bieten

Ohne klares Motivationskonzept bleiben Betriebe auf der Strecke

29.11.1991

Kein engagierter Mitarbeiter macht auf Dauer immer gerne dasselbe, daher muß ein Unternehmen seiner wichtigsten Ressource, dem Personal, Perspektiven bieten. Diese können nach Auffassung von Roland Volke* unterschiedlich aussehen. Klassische Hierarchiestufen in Linienfunktionen, die Einführung von Expertenlaufbahnen oder auch Stabsstellen bieten sich hier an.

Als Spin-off eines DV-Herstellers, Software- oder Systemhauses beginnt so manche Karriere eines erfolgreichen Software-Entwicklers, Vertriebsmanns oder Anwendungsberaters. Mit ein paar Kollegen und Freunden selbständig gemacht, sorgt das persönliche Engagement und der Enthusiasmus für die kollektive Umsetzung der Unternehmensziele.

Mit verteilten Rollen, doch stimmig in den Vorstellungen und Umsetzungen, realisieren die Gründer oder auch angestellten Geschäftsführer und Mitarbeiter ihre Aufgaben.

Doch der Schwung der frühen Jahre ist schnell dahin. Das Unternehmen wächst, und neuen Kollegen haftet der Gründergeist nicht mehr an. Spätestens jetzt müssen die Firmengründer ihre Ziele in Unternehmensleitlinien festschreiben und damit dem Betrieb eine Identität schaffen.

Ansonsten definiert jeder Mitarbeiter das Unternehmen nach seinem Gusto, und statt einer offiziellen und steuerbaren Corporate Identity gibt es diverse informelle Kulturen. Das hemdsärmelige Wir-Gefühl der Gründerzeit muß einer geplanten und gestaltbaren Identifizierung weichen.

Ein relativ einfaches Mittel, das zu erreichen, ist die Erarbeitung eines Personalentwicklungs-Konzepts. In der Gestaltung schlägt sich bereits die Unternehmensidentität nieder, beispielsweise wie schnell und nachhaltig das Unternehmen auf Marktveränderungen reagiert, welche Bedeutung Kundenpflege hat, wie personelle Spannungen gelöst werden, und nicht zuletzt, welchen Stellen. wert das Management der fachlichen und persönlichen Weiterentwicklung der Mitarbeiter beimißt.

Durch ein derartiges Konzept lassen sich Unternehmensziele konsequent realisieren. Dabei muß der Betrieb nicht einmal Spezialisten neu einstellen oder externe Berater hinzuziehen- bereits mit Personalaufgaben betraute Mitarbeiter können das Konzept erarbeiten.

Vorrang bei der Planung der internen Aufbauorganisation hat bei Unternehmen der Informationsverarbeitung die Förderung des vorhandenen Mitarbeiterpotentials. Gerade in dieser Branche ist die Unternehmensbindung besonders wichtig, da Mitarbeiter im Laufe ihrer Berufstätigkeit ein enormes Spezialwissen erwerben, das für die technische Weiterentwicklung des Unternehmens, seine Marktposition oder Kundenbindung unverzichtbar ist und nur unvollkommen durch neue Mitarbeiter ersetzt werden kann.

Grundsätzlich müßten die Arbeitgeber gerade hier auf eine möglichst geringe Fluktuation Wert legen; in der Praxis dreht sich aber gerade in der Informationsverarbeitung das Personalkarussell so schnell wie in keiner anderen Branche.

Spezialisten wissen um ihren Wert

Spezialisten sind sich ihres Marktwerts und ihrer Exotik meist bewußt, daher muß ein Entwicklungskonzept auch ihren handfesten Karriere-Erwartungen Rechnung tragen. Es gibt verschiedene Ansätze zur Erarbeitung und Realisierung:

- die generelle Weiterbildung aller Mitarbeiter entsprechend ihren konkreten Tätigkeiten und zukünftigen Aktivitäten des Unternehmens,

- die gezielte Nachwuchsförderung sowie,

- die situationsbedingte Förderung oder Weiterbildung einer Gruppe oder Abteilung, die sich aufgrund von Produkt- und Marktveränderungen oder durch personelle Besonderheiten neue Aktionsräume schaffen, neuer Arbeitstechniken bedienen, oder einen neuer Kommunikationsstil finden muß.

Wichtigste Voraussetzung für die Umsetzung des Entwicklungskonzepts ist die Unterstützung durch die Geschäftsführung und die ihr nachgeordneten Hierarchiestufen. Es muß ein festes Budget dafür bereitgestellt und freigegeben sein, und es muß eine definierten Person mit der Planung und Durchführung des konkreten Weiterbildungsangebots betraut werden.

Das erarbeitete Konzept darf kein starres Programm sein, sondern ein verbindlicher realistischer Förderungsrahmen für einen bestimmten Zeitraum- meistens ein Geschäftsjahr. Es sollte erweiterbar und modifizierbar sein, offen für aktuelle Anregungen und Bedürfnisse und bei Existenz eines Betriebsrats mit diesem gemeinsam erarbeitet beziehungsweise abgestimmt sein.

Das Personalentwicklungs-Konzept sollte in Programmform allen Mitarbeitern - mit dem Hinweis auf Modifizierbarkeit - zugänglich sein. Die Veranstaltungen sind inhaltlich kurz beschrieben, und die anvisierte Zielgruppe (Marketing, Entwicklung, Verwaltung etc.) ist benannt.

Veranstaltungen können intern oder extern stattfinden; bei internen Veranstaltungen hat das Unternehmen einen größeren Einfluß auf die inhaltliche Schwerpunktsetzung und dein Zeitpunkt des Weiterbildungsangebots. Bei großem Interesse oder bei Spezialseminaren wie Vertriebstrainings oder Marketing-Seminaren sind interne Veranstaltungen die kostengünstigere Variante. Dabei können die Referenten auch eigene Mitarbeiter sein, die über ihr Fachgebiet, Trends oder unternehmensspezifische Markteintschätzungen informieren.

Zur Effizienzerhöhung von Veranstaltungen, die externe Trainer durchführen, ist die Existenz eines Personalentwicklungs-Konzepts optimal. Die Trainer lernen über die reinen Veranstaltungsziele hinaus die übergeordneten Unternehmensziele kennen, und sie sehen die Weiterbildungmaßnahmen im Kontext. Wenn es sich um gezielte Einzelförderung handelt, bevorzugen Unternehmen individuelle Weiterbildungsprogramme.

Ein ausgeteiltes Konzept beinhaltet auch optimale Seminar und Trainingszeiten. Eine erhöhte Mitarbeiterbindung in administrative und unproduktive Tätigkeiten ist unbedingt zu vermeiden!

Durch die alle Mitarbeiter fördernde Weiterbildungsintention erhöhen sich Firmenloyalität und Arbeitsmotivation beträchtlich. Die Mitarbeiter haben das Gefühl, daß der Arbeitgeber in ihre Zukunft investiert und identifizieren sich stärker als üblich mit den Unternehmenszielen. Die Quintessenz lautet: stärkere Ergebnisorientierung und höherer individueller Output!

*Roland Volke ist Geschäftsführer Atlantic Consultants GmbH, München.