Ohne IT-Governance geht nichts

26.11.2004
Von Lars Schwarze
Durch PC-Outsourcing lassen sich Kosten reduzieren. Zuvor muss allerdings in eine Standardisierung und zielgerichtete Sourcing-Strategie investiert werden.

Nach wie vor steht bei den CIOs das Thema Kostensenkung ganz oben auf der Agenda. Als probates Mittel gilt Outsourcing. Untersuchungen belegen, dass mehr als die Hälfte der verantwortlichen IT-Manager in Deutschland die Auslagerung zumindest einzelner Prozesse und/oder Applikationen nicht nur planen, sondern in ihrer Strategie explizit festgeschrieben haben.

Vor allem der Desktop-Bereich zeichnet sich durch eine Vielfalt an Varianten und damit steigende Komplexität aus. Dies betrifft sowohl Hard- als auch Software. Die Gründe hierfür sind vielfältig. So ging der Trend schon in der Vergangenheit zu dezentralen und vor allem offenen IT-Umgebungen. Gleichzeitig haben Geschäftsanforderungen wie Mobile Business und Electronic Commerce für noch mehr Komplexität in den Anwendungen und der IT-Infrastruktur gesorgt. Komplikationen schafft auch das Wachstum von Unternehmen - insbesondere durch den Zukauf anderer Firmen mit zunächst einmal nicht kompatibler IT.

Desktops sind Commodity

Grundsätzlich ist der Betrieb von Desktops als Commodity einzustufen, was sie zunächst für ein Outsourcing "qualifiziert". Dies gilt insbesondere für den Kostengesichtspunkt. Die Betrachtung der Gesamtkosten (Total Cost of Ownership = TCO) vieler entsprechender Kundenprojekte zeigt, dass bis zu 50 Prozent der Ausgaben für Hard- und Software aufgewendet werden. Der übrige Anteil entfällt auf Personal sowie externe Dienstleister. Auch wenn diese Zahlen zunächst lediglich eine Orientierung geben und von der jeweiligen Unternehmensssituation abhängen, wird deutlich: Die Optimierung der Hardwarelandschaft alleine reicht nicht, um das Kostensenkungspotenzial auszuschöpfen.

Guter Rat ist also teuer. Doch bei näherer Betrachtung bieten sich viele Maßnahmen an. Beispielsweise lassen sich die direkten Personalkosten sowie die Ausgaben für Dienstleistungen im Wesentlichen durch eine Standardisierung sowie eine darauf aufbauende Automatisierung der Prozesse reduzieren. Bezogen auf die Skaleneffekte ist dabei vor allem die Zahl der Endgeräte und deren Verteilung in der Fläche zu berücksichtigen. Da Desktop-Services größtenteils vor Ort erbracht werden, macht es einen Unterschied, ob etwa 2000 PCs an einem Standort in der Frankfurter City oder verteilt über Deutschland zu betreuen sind.

Ein anderer Punkt ist die in diesem Zusammenhang immer wieder geforderte Homogenisierung der PC-Landschaft. Dieser Ansatz hat zunächst wenig mit Outsourcing zu tun, sondern ist eher als Lieferantenkonsolidierung zu verstehen. Doch die Verwendung eines anderen Begriffs ändert nichts an der Tatsache, dass die Sache sich oft schwer durchsetzen lässt. Klassisch ist die Diskussion, wenn im Rahmen der internen Leistungsverrechnung (ILV) der Fachbereich bemängelt, dass der Desktop, der von der IT angeboten und betrieben wird, viel teurer als ein vergleichbares Aldi-Gerät ist.

Rahmenverträge nur Theorie

In vielen größeren Konzernen existiert zwar ein Rahmenvertrag für den Einkauf von Desktops, auf dessen Basis sich die Kosten auch senken ließen. Tatsächlich wird aber nie ein Desktop über diesen Rahmenvertrag beschafft. Im Falle eines Outsourcings kann der Dienstleister zwar die vielen Lieferanten auf weniger oder gar nur einen reduzieren. Dann murren jedoch die Anwender.

Damit ist man bei der größten Hürde eines PC-Outsourcing-Projekts: Jede Veränderung in Richtung Standardisierung und Homogenisierung wird von den Desktop-Benutzern direkt und meistens sehr negativ wahrgenommen. Im Gegensatz dazu stört es sie in aller Regel nicht, wenn beispielsweise die Server im Rechenzentrum oder die Lieferanten im WAN-Umfeld konsolidiert werden.

Doch zurück zu den harten Fakten. Für eine verlässliche Einschätzung der Kosten, die sich durch PC-Outsourcing sparen lassen, sind zwei wesentliche Punkte zu berücksichtigen: Erstens die Frage: Ist der Fachbereich Eigentümer der Endgeräte? Wenn ja wird es - wie gerade geschildert - schwierig, Standards durchzusetzen, da in diesem Fall der Fachbereich über "seine" Rechner (mit)bestimmen möchte. Zweiter entscheidender Punkt: Sind die Endgeräte für ein benutzerneutrales Konzept vorbereitet? Letzteres bedeutet, dass sich jeder Benutzer an einem beliebigen Desktop anmelden kann und die seinem hinterlegten Profil entsprechende Arbeitsumgebung zur Verfügung gestellt bekommt. Sofern diese Voraussetzung erfüllt ist, können zumindest die Kosten, die im Rahmen hausinterner Umzüge anfallen würden, vermieden werden.

Was ist im Warenkorb?

Die sensible Schnittstelle zum Endbenutzer macht es auch einem Dienstleister nicht leicht, die angestrebten Einsparungen zu erzielen. Soll etwa der Software-Warenkorb vereinheitlicht und somit beispielsweise die Anzahl der Bürosoftware-Pakete auf einen einheitlichen Standard - besser gesagt: auf eine einzige Lösung - reduziert werden, ist der Endbenutzer wieder involviert. Umgekehrt kann man natürlich nicht alles über einen Kamm scheren. So haben Mit-arbeiter in der Personalabtei-lung zwangsläufig andere An-forderungen als im Marketing. Der sinnvolle Ansatz hier ist es, eine überschaubare Zahl von in sich homogenen Anwendergruppen zu identifizieren und sich auf deren Bedürfnisse einzustellen.

Mobile Devices berücksichtigen

Wesentlich ist auch die genaue Abgrenzung des Auslagerungsprojektes. Gemeinhin wird angenommen, dass Desktop-Services inhaltlich einem einheitlichen Verständnis folgen. Im Detail sind jedoch weitaus genauere Spezifikationen notwendig. So sollte man im ersten Schritt beispielsweise definieren, welche Endgerätetypen im Betrachtungsumfang enthalten sind. Im Zusammenhang einer möglichen Auslagerung der PC-Umgebung auch über Monitore und Notebooks zu reden, müsste eigentlich selbstverständlich sein - ist es aber in vielen Fällen nicht. Zu klären ist ferner, ob Stand-alone- und Netzdrucker sowie kombinierte Kopier-Druck-Geräte ebenfalls outgesourct werden. Wie soll darüber hinaus mit PDAs und anderen Mobile Devices verfahren werden?

Last, but not least sind aber auch die zu erbringenden Services, also Prozesse, zu definieren, die der zukünftige Provider bereitzustellen hat. Geht es beispielsweise lediglich um die Lieferung und den Aufbau, oder soll der gesamte Lifecycle von der Beschaffung und Installation über die laufende Betreuung bis hin zur Deinstallation und Entsorgung durch den Anbieter abgedeckt werden? Zudem sollten Überlegungen im Hinblick auf Schnittstellen zu anderen Disziplinen angestellt werden. Wie verfährt man beispielsweise mit dem eigenen Service-Desk und den schon erwähnten Beutzerprofilen (Stichwort: Asset-Management)? Wie lässt sich das PC-Management von anderen LAN-Services, etwa Remote-Monitoring oder Fern-Softwareverteilung, abgrenzen?

Dann gilt es, den richtigen Anbieter zu finden. Auch bei ei-nem hohen Automatisierungsgrad und intensivem Fern-Monitoring finden Desktop-Services weitgehend vor Ort statt. Insbesondere bei sehr dezentralen IT-Strukturen ist es daher wichtig zu klären, welcher Anbieter den geforderten Vor-Ort-Service an allen Standorten auf dem gleichem Qualitätsniveau leisten kann. Das Problem verschärft sich, wenn eine internationale oder gar globale Lösung in Betracht gezogen wird. Spätestens nach den Erfahrungen mit Daimler-Chryslers gescheitertem Vereinheitlichungsprojekt "PC Global" genießt die Ein-Provider-Strategie kein Vertrauen mehr.

Die zentrale Frage in diesem Kontext bleibt also, wie an jedem Standort die Qualitätsstandards, die notwendigen Skaleneffekte sowie der geforderte attraktive Preis unter einen Hut zu bekommen sind. Da man dazu nach Lage der Dinge mehrere Dienstleister braucht, tritt das viel zitierte Vendor-Management auf den Plan. Soll dieses die einzelnen Provider steuern, oder soll zumindest in Teilen ein Ansatz der Generalunternehmerschaft oder eines Best-of-Breed-Konsortiums verfolgt werden? Diese Fragen respektive die Antworten darauf entscheiden letztendlich, wie der Outsourcing-Vertrag gelebt werden soll - beispielsweise in Bezug auf Beauftragung, Schnittstellen zwischen beauftragender Einheit und Lieferanten sowie finanzielle Abwicklung.

Summa summarum zeigen Erfahrungen, dass sich die PC-Auslagerung lohnen kann. Basis hierfür ist die konsequente Standardisierung, die mit einer entsprechenden IT-Governance einhergehen muss. Diese darf sich nicht in Lippenbekenntnissen erschöpfen. Und: Die erforderliche Standardisierung kann nicht alleine der Service-Provider leisten. Im Rahmen globaler Outsourcing-Vorhaben ist zudem eine Bewertung verschiedener Sourcing-Strategien essenziell, um letztlich ein für die Praxis tragfähiges Konzept zu erreichen. (gh)