Ohne Generator noch Jahre - und erheblich teurer

03.02.1978

Zur Programmierung von Bildschirmanwendungen setzt Renker in Düren seit vier Jahren den Programmgenerator CPG ein. Undenkbar, wie die Entwicklung ohne CPG verlaufen wäre. "Wir empfinden Hochachtung und tiefe Bewunderung vor allen TP-Anwendern, die in dieser Situation waren und trotzdem Ergebnisse erzielt haben", formuliert Renker-Hauptabteilungsleiter Günter Lattwein überschwenglich. Hier sein Erfahrungsbericht:

Nach dem damaligen Stand des Wissens von 1973 hätten die sechs Renker-Anwendungsprogrammierer laut Schulungsplan des Herstellers insgesamt 372 Manntage oder 1,5 Mannjahre geschult werden müssen, um das theoretische Wissen zur Erstellung von TP-Anwendungsprogrammen zu erhalten: Niemand wird annehmen, daß die anschließend geschriebenen Programme sofort einsetzbar gewesen wären. Unsere Programmierer schrieben hingegen nach je zweitägiger Schulung sofort einsetzbare TP-Programme.

Die Zeitschätzung von Außenstehenden für die Programmierung und den Test eines Anwendungsprogramms, das aus einem Datenbestand jeweils zwanzig Sätze liest und aufbereitet auf dem Bildschirm anzeigt und in diesem Datenbestand vor- und rückwärtsblättern und an beliebiger Stelle aufsetzen kann, liegt zwischen einem Tag und drei Wochen. Vergleichen wir die günstigste Zeitschätzung mit der von CPG-Programmierern benötigten Zeit von 30 Minuten, so ergibt sich für den Programmieraufwand ein Faktor 1:16, das heißt, von den bei uns bestehenden 320 TP-Pragrammen müßten 300 noch geschrieben werden.

Die Speichergröße des oben beschriebenen Programms, das wie alle CPG-Programme alle häufig wiederkehrenden Routinen einer Methodenbank entnimmt, beträgt zirka 600 Bytes. Nehmen wir für ein vergleichbares Assembler-Programm in herkömmlicher Programmierweise einschließlich MAP etwa 3 K an, so müßten wir unseren Programmpool von heute 0,8 MB auf 4 MB vergrößern, um vergleichbare Ergebnisse zu erzielen. Jeder weiß, daß nach dem heutigen Stand der Technik bereits hier vergleichbare Ergebnisse nicht erreicht werden können. Den Vergleich mit höheren Programmiersprachen können wir uns folglich ersparen.

Auf die heutigen, mittleren Antwortzeiten von 0,1 Sekunden müßten wir dabei sicher verzichten.

Eine flexible Unternehmensorganisation erfordert einen entsprechenden Aufwand für die Wartung bestehender Programme. Bei gleichbleibendem Wartungsaufwand würden die Umwandlungszeiten bei herkömmlicher Programmierung auf das Dreifache ansteigen. Unser heutiges System würde den Mehraufwand nicht verkraften. Ein zusätzliches System wäre also allein schon hierfür erforderlich

Wir müßten wie andere CICS-Anwender eine zusätzliche 3340 Platteneinheit für die CICS-Source-Library installieren.

Wie andere CICS-Anwender müßten wir uns wieder an CICS-Abstürze gewöhnen, wenn ein Anwendungsprogrammierer einmal einen Fehler macht.

Bei einem CICS-Release-Wechsel müßten wir alle 320 Programme umwandeln und dabei hoffen, daß der Wechsel glatt verläuft, denn für Tests würde dabei auch an einem längeren Wochenende kaum noch eine Reserve bleiben.

Wir wären wahrscheinlich für alle Zeiten an das CICS oder dessen Nachfolgesystem als Basissoftware gebunden, denn in unserem Stadium wäre ein Wechsel praktisch unmöglich, während wir heute von einem Tag zum anderen dieses System auswechseln können.

Nicht zuletzt stellen wir uns vor, daß wir heute noch mit Programmen von 1973 leben müßten, die für ein vollkommen anderes System geschrieben wurden. 1973 war der Begriff VS noch unbekannt. Für die TP-Programmierung standen 12B K Hauptspeicher real zur Verfügung, und alle Online-Daten lagen auf IBM 2314 Platteneinheiten. Zu dieser Zeit mußten die Programme so zerstückelt werden, daß mit ihnen eine Art VS simuliert werden konnte. Gerade diese Programme führten jedoch zu einer Erhöhung der Paging-Rate nach Einführung des VS im Jahre 1974. Nach dieser Zeit war die Minimierung der Paging-Rate unser größtes Problem. Heute hat unser Hauptspeicher 1 MB real; gepaged wird dabei kaum noch. Alle diese AnpassungsprobIeme interessieren unsere Anwendungsprogrammierer wenig, denn die Anpassung an den technischen Fortschritt übernimmt für sie der CPG.

Wenn Wir uns heute fragen, wie die Entwicklung in unserem Hause ohne CPG verlaufen wäre, kommen wir zu dem Schluß, daß wir ganz am Anfang einer Entwicklung stünden, die wir heute längst abgeschlossen haben. Wenn unser heutiger Stand ohne Programmgeneratoren überhaupt zu erreichen wäre, dann sicher erst in einigen Jahren und mit erheblich größerem Kostenaufwand.

Ing. Günther Lattwein ist Hauptabteilungsleiter für EDV, Organisation und Softwareentwicklung bei der Renker KG in Düren.