Der ideale Mitarbeiter von morgen

Ohne fundiertes IT-Wissen geht es nicht

19.08.2015
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Während viele Beschäftigte Trends wie Industrie 4.0 und Digitalisierung begrüßen, fehlt manchen Firmen noch die passende Strategie für den digitalen Wandel.
  • Mobile Unternehmensanwendungen, Datenanalyse und "Costumer Experience Design" als drei große Treiber der Digitalisierung
  • Das Wissen um Prozessabläufe in unterschiedlichen Branchen wird im Berufsalltag gesammelt - nicht an den Hochschulen

Vernetzte Autos und Häuser gelten zwar noch als Avantgarde, doch die Digitalisierung nimmt an Fahrt auf. Dem Handel oder der Automobilbranche kommt schon heute eine Vorreiterrolle zu. "Dass die Digitalisierung in Zukunft eine wichtige Rolle spielt, ist jedem klar. Viele wissen aber noch nicht, wie passende Geschäftsmodelle für ihr Unternehmen aussehen könnten", erläutert Frank Mang, verantwortlich für Accenture Technology.

Frank Mang, Accenture: "In der Digitalisierung liegt die Zukunft."
Frank Mang, Accenture: "In der Digitalisierung liegt die Zukunft."
Foto: Accenture

Hier kommen die Berater ins Spiel. Ihre Aufgabe ist es, Zukunftsszenarien zu entwerfen und neue Chancen auszuloten. "In kleineren Firmen gibt es schon gute Anwendungsbeispiele, doch für einen Dax-Konzern sind solche Projekte ungleich komplexer", weiß Mang und ergänzt: "Jedem ist klar, dass hier die Zukunft liegt."

Unternehmen rüsten sich für den digitalen Wandel

Der Technologie-Experte Mang sieht drei große Treiber der Digitalisierung, nämlich mobile Unternehmensanwendungen (Mobility), Datenanalyse (Analytics, Business Intelligence) und das sogenannte "Customer Experience Design", also die einfache Nutzung von Produkten und Dienstleistungen. Denn Unternehmen sind dabei, ihre digitalen Angebote und Kanäle auszubauen und ihre Organisation für den digitalen Wandel fit zu machen, der damit einhergeht. Auch die Datenanalyse eröffnet viele neue Geschäftsmodelle.

Aber was bedeutet der digitale Wandel für die Mitarbeiter? "Unsere Aufgabe ist es, die Möglichkeiten der Digitalisierung in die reale Welt zu übersetzen", sagt Mang. Dazu brauchen Berater vor allem umfangreiches Wissen über etablierte Technologien wie Business Intelligence (BI), ERP, Analytics sowie Java. Simone Wamsteker, verantwortlich für das Recruiting von Accenture in Deutschland, Österreich und der Schweiz ergänzt: "Unsere Mitarbeiter müssen die Prozessabläufe in unterschiedlichen Branchen genau verstehen, um Ideen für digitale Projekte zu entwickeln und umzusetzen. Dieses Wissen erwerben die wenigsten an den Hochschulen, sondern sie sammeln es im Berufsalltag."

Simone Wamsteker, Accenture: "Unsere Mitarbeiter müssen die Prozessabläufe in unterschiedlichen Branchen genau verstehen, um Ideen für digitale Projekte zu entwickeln und umzusetzen."
Simone Wamsteker, Accenture: "Unsere Mitarbeiter müssen die Prozessabläufe in unterschiedlichen Branchen genau verstehen, um Ideen für digitale Projekte zu entwickeln und umzusetzen."
Foto: Accenture

Interdisziplinären Teams gehört die Zukunft

Aber auch die Expertise von Maschinenbauern, Ingenieuren oder Mathematikern zählt neben den klassischen Disziplinen wie Informatik und Wirtschaftsinformatik zu den gefragten Skills bei Accenture. "Wir haben schon immer Naturwissenschaftler eingestellt. Heute setzen wir sie stärker nach ihren Studienschwerpunkten ein, also beispielsweise Ingenieure in Projekten zum vernetzten Auto oder Industrie 4.0", erklärt Mang.

Zu einem gelungenen Projekt gehört auch ein ansprechendes Design und eine intuitiv bedienbare Oberfläche. Accenture integrierte vor zwei Jahren die global agierende Multimedia-Agentur "Fjord" mit ihren weltweit mehr als 400 Spezialisten, von denen 50 in Berlin arbeiten, in das Beratungsunternehmen, um diesem Trend noch mehr Rechnung zu tragen.

Denn komplexe Aufgaben, wie sie die Digitalisierung bereithält, lassen sich nicht von einem Spezialisten alleine lösen. Interdisziplinäre Teams, in denen sich Mitarbeiter mit unterschiedlichen Qualifikationen gemeinsam einer Aufgabe widmen, werden immer wichtiger. "Unsere Aufgabe ist es, Digitalisierung mit der klassischen IT zusammenzubringen", erläutert Mang.

Wamsteker und ihr Recruiting-Team wollen in diesem Geschäftsjahr 1200 neue Mitarbeiter für Accenture gewinnen. Idealerweise bringt die Hälfte der Bewerber Berufserfahrung mit. "Das Wissen um Unternehmensprozesse ist uns sehr wichtig, ebenso ein Gespür dafür, was sich wie digitalisieren lässt", erklärt die Personalerin.

Aber auch die Berater von Accenture bilden sich kontinuierlich weiter. Weltweit absolviert jeder Mitarbeiter im Technologiebereich rund 70 Trainingsstunden im Jahr. Über das interne Schulungsportal offeriert das Unternehmen rund 25.000 Online-Kurse, virtuelle Trainings und Präsenzveranstaltungen. Doch hier erwartet die Generation Y neue Angebote, wie Wamsteker weiß. "Gerade die jüngeren Kollegen wünschen sich vernetzte und interaktive Lernangebote. Sie wollen im persönlichen Dialog auch von erfahrenen Führungskräften lernen."

Digitalisierung ist bei Accenture kein Fremdwort mehr.
Digitalisierung ist bei Accenture kein Fremdwort mehr.
Foto: ra2studio_shutterstock

Studie: Ängstliche Führungskräfte

Im Frühjahr 2015 befragte Accenture 2500 Arbeitnehmer und 500 Führungskräfte in der Europäischen Union zur Digitalisierung. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten (57 Prozent) zeigten sich optimistisch. Sie gehen davon aus, dass Apps, Roboter, Datenanalyse und künstliche Intelligenz ihren Arbeitsalltag verbessern werden. Etwas kritischer äußerten sich die in Deutschland Befragten, denn hierzulande glauben nur 46 Prozent, dass digitale Technologien einen Vorteil für ihr Arbeitsumfeld bringen werden, zehn Prozent befürchten eine Verschlechterung.

Erstaunlich zurückhaltend äußerten sich die Führungskräfte. Zwar gehen 77 Prozent der befragten Manager davon aus, dass sie in den kommenden drei Jahren den Wandel zum digitalen Unternehmen vollziehen werden, doch der Mehrheit (55 Prozent) fehlt eine passende Strategie. 70 Prozent der deutschen Manager wollen zunächst die weitere Entwicklung abwarten. Das verwundert kaum, denn 62 Prozent gaben an, dass sie keine Digitalstrategie haben. Das bietet Startups im digitalen Umfeld gute Chancen, mit pfiffigen Ideen zu punkten.