Office und ERP kommen sich näher

03.11.2006
Anwender von Business-Software wollen eine enge Kopplung mit Office-Software. Lösungen dafür gibt es nicht nur von den Branchenriesen.

Clients von ERP-Systemen sind nicht immer die beliebtesten Programme. Zwar hat sich in den letzten Jahren einiges getan, doch noch immer fällt es Anwendern mitunter schwer, die Frontends ihrer Business-Software in die übrige Desktop-Umgebung einzubetten. Für gewöhnlich buchen Mitarbeiter Stundensätze eines Projektauftrags im ERP-Client, die Korrespondenz mit dem Kunden, Projektdokumente und Ähnliches verwalten sie mit Bürokommunikationsprogrammen. Somit sind sie gezwungen, mehrere Tools zu verwenden, um ihre Arbeit zu erledigen. Office haben die Nutzer akzeptiert, ERP-Frontends weniger. Wer zum Beispiel mit Geschäftsdaten hantiert, greift gern zu Excel, weil das ERP-Frontend sich in puncto Berichtswesen als unflexibel erweist. Dies war auch ein Ergebnis der "ERP-Zufriedenheitsstudie" der Trovarit AG und der computerwoche.

Hier lesen Sie …

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/

582500: Microsofts Office Business Applications;

582499: Lotus Notes ruft SAP;

580796: Was kostet die Office-ERP-Kopplung?

580566: Duet zeigt R/3-Reports in Outlook;

583091: Oracle sucht den Weg auf den Desktop.

Besuchen Sie den IT-Matchmaker: Informationen, Profile und Checklisten zu 600 Geschäftsapplikationen.

www.computerwoche.de/ product_guide/it_matchmaker

Nun versprechen manche ERP-Hersteller, sie könnten die Trennung zwischen Office- und Business-Software aufheben. Anwender wollen sie in die Lage versetzen, bestimmte ERP-Funktionen über Programme wie Outlook und Excel anzustoßen. Der Vorteil: Medienbrüche lassen sich so vermeiden, da der Nutzer zum Beispiel durch das Speichern von Kundenadressen in Outlook auch gleich die entsprechenden Datensätze in der ERP-Umgebung verändert. Zudem verringern sich so möglicherweise Eingabefehler. Und wer Geschäftszahlen ansprechend darstellen möchte, kann diese aus dem ERP-System in Excel laden und mit den Bordmitteln der Microsoft-Software verschönern. Das ging zwar bisher durch Datenexporte so, doch durch eine direkte Kopplung mit dem bestandsführenden System ist es möglich, die Tabellen sofort zu aktualisieren, wenn sich Datensätze ändern.

Besonders laut wirbt SAP für das gemeinsam mit Microsoft entwickelte Produkt "Duet". Über einen Server, der erforderlich ist, um die .NET- mit der von SAP favorisierten Java-Umgebung zu koppeln, lassen sich Office-Anwendungen dazu bewegen, ERP-Funktionen auszuführen.

Office-Kopplung ist nicht neu

Nun ist es aber nicht so, dass nicht schon früher eine Integration zwischen Produkten der Office-Suite und einem ERP-Backend bestanden hätte. Neu ist, dass die Platzhirsche im ERP- beziehungsweise Office-Segment davon sprechen und standardisierte Lösungen schaffen, wo es bislang nur auf Projektebene welche gab. Ferner handelt es sich laut SAP um eine auf Web-Services basierende Lösung, die auch als Anschauungsobjekt für die moderne Softwarekonzepte herhalten soll.

Nach den Worten des Microsoft-Chefs Steve Ballmer war sein Unternehmen unter anderem deshalb an SAP interessiert, um das hauseigene Office mit dem marktführenden ERP-Produkt zu verbinden. Aus der Übernahme wurde bekanntlich nichts, man einigte sich stattdessen auf eine Kooperation, aus der schließlich Duet als erste gemeinsame Entwicklungsinitiative entsprang.

Während Microsoft darauf abzielt, Office als Standard-Frontend für ERP-Lösungen zu etablieren, geht es SAP auch darum, mit dem Verkauf von Duet neue Nutzerschichten in den Unternehmen anzusprechen. Vor allem solche Mitarbeiter, die bisher kaum oder nie ERP-Funktionen nutzen, sollen über die Office-ERP-Kopplung zu SAP-Anwendern werden. Dies setzt neben der Duet-Software natürlich auch zusätzliche ERP-Lizenzen voraus.

Doch Microsoft denkt über Duet hinaus. Der Softwareriese bindet derzeit seine Office-Suite an die eigenen ERP-Lösungen wie "Dynamics Nav" und "Dynamics AX" an. Eine wichtige Rolle spielt dabei der "Dynamics Client", der mit Version 5.0 von Dynamics Nav im nächsten Jahr erscheinen soll.

Office Business Applications

Nach dem Willen Microsofts sollen Anwender künftig Office an ihre jeweilige ERP-Umgebung anpassen, auch wenn diese nicht von Microsoft oder SAP stammt. Das Unternehmen spricht hier von Office Business Applications (OBAs). Die dazu erforderliche Technik steckt aber noch in der Entwicklung. Experten zufolge liegt Microsoft mit dieser Strategie richtig. Joshua Greenbaum, Principal Analyst von Enterprise Applications Consulting, geht davon aus, dass diese Initiative Erfolg haben könnte. Office sei eines der meistgenutzten Systeme im herkömmlichen Büroalltag.

Neu ist die Idee, Office-Programme mit ERP-Backend zu verknüpfen, indes nicht. Einige Hersteller arbeiten schon länger an Lösungen dieser Art. "Infor verfolgt genauso wie SAP und Microsoft die Strategie, die Zahl der aktiven Applikationen auf dem Desktop zu reduzieren, um Anwendern größeren Komfort und die Grundlage für eine effiziente tägliche Arbeit zu bieten", so Markus Stahl, Manager Global Industry & Product bei Infor.

Kleine Firmen sind pfiffig

Der Business-Software-Spezialist IFS hat just eine Excel-Anbindung für die "IFS Applications 7" auf den Markt gebracht. Mit "Office Reporter" erhalten Anwender ein Werkzeug, um Geschäftsdaten in das Microsoft-Produkt zu laden. Zudem soll es möglich sein, via Excel Datensätze im ERP-System zu verändern.

Auch viele kleinere und weniger bekannte Softwarehersteller haben sich des Themas angenommen. So zum Beispiel das auf Einzelfertiger spezialisierte Softwarehaus Schrempp EDV aus Lahr, das zur Office-Integration OLE 2 (Object Linking and Embedding) verwendet. Beispielsweise lassen sich in Outlook Termine, die in "Sivas ERP II" angelegt wurden, simultan mit Kalendereinträgen der Microsoft-Software in einem Fenster anzeigen. Schrempp bindet darüber hinaus auch "Star Office" ein. In Arbeit ist eine Integration von Exchange. Dadurch ließen sich Termine, Kontakte und Aufgaben aus Sivas an den Messaging-Server und damit an Outlook übergeben. Zudem könnten Exchange-Objekte in der ERP-Lösung dargestellt werden.

Zu den Standards vieler Softwarehäuser gehören Funktionen, mit denen sich Geschäftsdaten aus der Business-Software an Excel übertragen lassen. Die Softwareschmiede Vogler & Hauke aus Neckarsulm etwa hat für die Lösung "Professional ERP" Mechanismen geschaffen, über die der Anwender zum Beispiel offene Posten und Umsätze mandantenübergreifend an Excel weiterleitet. Zur betrieblichen Routenplanung hat die Firma zusätzlich das Programm "Microsoft Mappoint" eingebunden. Damit lassen sich auf Grundlage von Kundenadressen und Terminen die günstigsten Routen ermitteln.

Frontend und Backend synchron

Da sowohl Outlook als auch ERP-Programme Kundendaten speichern, ist ein Abgleich sinnvoll. Die Finanzbuchhaltung und Warenwirtschaft "A.eins" der Software-Company Amic aus Kiel verfügt über Methoden, um ausgezeichnete Felder zwischen Desktop- und Server-Programm zu synchronisieren. Zudem eignet sich laut Herstellerangaben Outlook als Wiedervorlage-Werkzeug. Office-Dokumente können Anwender über die integrierte Archivfunktion zum Beispiel an Kundenstammdaten anhängen.

Bei der Office-zu-ERP-Integration geht es jedoch nicht immer nur um Microsofts Office-Paket. Der beliebte Open-Source-Konkurrent "Open Office" lässt sich ebenso mit Business-Software koppeln. Die Oxaion AG aus Ettlingen, Anbieter des gleichnamigen ERP-Produkts, entwickelt in diese Richtung. Oxaion kann zum Beispiel bidirektional Geschäftsdaten mit "Open Office Calc" austauschen, dem Pendant zu Microsofts Excel.

Alternative Linux-Desktop

Ähnliches realisiert der ERP-Anbieter Abas aus Karlsruhe. Er bietet auch einen Linux-Client für seine Business-Lösung an, die sich mit der ebenfalls für dieses Betriebssystem erhältlichen quelloffenen Office-Software verbinden lässt. Abas zufolge liebäugeln neben hiesigen Kunden viele ERP-Anwender in Asien und Osteuropa mit Linux als Server- und Desktop-Plattform und Open Office.

Auch IBM ist bemüht, die eigenen Softwareprodukte an betriebswirtschaftliche Standardsoftware anzubinden - nicht zuletzt deshalb, weil die E-Mail- und Messaging-Produkte mit Microsoft-Produkten im Unternehmensumfeld in Wettbewerb stehen. Die Groupware-Software "Lotus Notes" verfügt seit der Version 7 über Merkmale ("Lotus Notes Access for SAP"), um direkt Daten in SAPs "Mysap ERP" zu ändern und an Workflows teilzunehmen, die im Backend definiert wurden. Notes und die Server-Komponente stehen in direktem Wettbewerb zu Microsofts Outlook und Exchange Server. Notes-User können beispielsweise ihre persönlichen Informationen wie Name und Adresse in den SAP-Modulen "Employee Self-Service" und "Manager Self-Service" aktualisieren. Ferner gestattet es die Integration, in Notes angelegte Termine mit der Scheduling-Komponente von "Mysap CRM" zu synchronisieren.

Ein übergreifendes Kontakt-Management lässt Softwarenutzer Kontaktinformationen aus SAPs HR- und CRM-Software in ihr persönliches Notes-Adressbuch übernehmen. Außerdem lassen sich SAP-Berichte in Notes betrachten und "Work-Items" von SAPs "Business Workflow" in der IBM-Software bearbeiten. Im Notes-Kalender verwaltete Projektzeiten bucht die Software als berechenbare Arbeitszeit im SAP-System. Außerdem gestattet es die Kopplung, via Notes-Frontend Urlaubs- und Reiseanträge zu stellen, die in der ERP-Umgebung verwaltet werden.

Mit "IBM Lotus Workplace für SAP" hat IBM ein über den Browser zu bedienendes Produkt auf den Markt gebracht, das der Anbieter als alternatives Frontend für SAP und damit gegen Duet positioniert.