Office-Automation-Ausrüstung für 400 Millionen Dollar:Ford Amerika knüpft feste Bande zu Big Blue

01.08.1986

DETROIT/KÖLN - Die Ford Motor Company, das viertgrößte Unternehmen der Welt, hat sich für die nächsten fünf Jahre auf Big Blue als Hoflieferant festgelegt. Ausschließlich von IBM sollen die Office-Automation-Produkte bezogen werden. Umfang des Geschäfts, bei dem Wang und DEC den kürzeren zogen: 300 bis 400 Millionen Dollar (siehe auch Kolumne, Seite 9).

Zwei Jahre lang war die US-Zentrale des Ford-Konzerns auf der Suche nach einem Büroautomationskonzept für die nordamerikanischen Stammwerke. Jetzt steht fest: Der Autogigant hat sich gegen den von Ford Europa favorisierten IBM-Mitbewerber Wang Laboratories Inc. entschieden. Die bei den europäischen Ford-Töchtern eingesetzte Lösung mit Wang-VM-Rechnern als Mittelbau ist bei der US-Ausschreibung ebenso unterlegen wie ein Angebot von Digital Equipment. Meint ein hochrangiger Ford-Manager: "ln Detroit hat es immer IBM-Freaks gegeben." Außerdem, so heißt es in der Autostadt, habe die IBM beweisen müssen, daß sie sich gegen die aufstrebende Konkurrenz durch DEC behaupten kann. US-Quellen schätzen das Volumen des noch nicht unterzeichneten, aber spruchreifen Auftrags auf 30000 Workstations; Details über die zu liefernden Produkte sind noch nicht bekannt.

In den Kölner Ford-Werken, die in den letzten Jahren eine große OA-Lösung mit Wang-Rechnern aufgebaut hatten, wurde die Nachricht über das IBM-Bekenntnis der Mutterfirma zunächst mit Gelassenheit aufgenommen. Office-Automation-Manager Peter Hellermann: "Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Entscheidung für Europa irgendwelche Auswirkungen hat. Dafür haben wir hier eine zu große etablierte Basis. Deshalb haben wir zur Zeit gar keinen Bedarf nach einem Softwarepaket wie Disoss." In den USA aber fehlt im DV-System des Autokonzerns die mittlere Ebene - die PCs hängen direkt an den Mainframes.

Daß es Schwierigkeiten bei der Kommunikation zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft geben wird, glaubt Hellermann nicht: "Es gäbe eher Inkompatibilitätsprobleme mit bestimmten Produkten von IBM. Um beispielsweise deren eigenen PC IBM-kompatibel zu machen, braucht man Karten von Third-Party-Firmen. Außerdem gibt es den Kampf mit Disoss auf den verschiedenen Systemebenen. Meine Strategie legt viel Wert auf Abteilungsrechner als Server-Geräte und nicht auf PCs, und in dieser Hierarchie fehlt mir bei IBM der Rechner in der Mitte, der nach oben und unten kompatibel ist."

Wang habe sich in puncto IBM-Kompatibilität so "viel Mühe gegeben", daß die DV-Mannschaft in der Deutzer Ford-Zentrale heute in einer "sehr intakten Welt" lebe, lobt der Kölner DV-Chef. Allerdings bedeute diese Anpassung, daß die Geräte leicht durch IBM-Rechner ersetzbar sind. Mit einem Ukas aus Detroit an die hiesige Ford-Filiale, ebenfalls auf IBM umzuschwenken, rechnet die Frankfurter Vertriebszentrale von Wang jedoch ebensowenig wie - offenkundig - die Betroffenen im Deutzer Rechenzentrum.

In den USA kam die Nachricht von Fords Entscheidung für das Disoss-Konzept parallel zur Veröffentlichung des Geschäftsberichts von Wang. Das Scheitern des Bürocomputer-Herstellers mit seinem Angebot wird als neuer Rückschlag in Wangs Bemühungen um die Sanierung seines Unternehmens gewertet.