Österreichische Post liefert erstmals Computer Bildschirmtext bringt eine Mupid-Show heraus

18.06.1982

WIEN (eks) - Eine Bildschirstext-Revolution verspricht Professor Hermann Maurer von der TU-Graz. Der an seinem Institut entwickelte intelligente Decoder "Mupid" macht nicht nur beliebige Farbfernsehgeräte Btx-tauglich. Mupid ist auch ein voll programmierbarer Personal Computer und auf zukünftige neue Btx-Standards vorbereitet. Das Gerät wird ab September 1982 von der Post inklusive Modem um etwa 350 Schilling im Monat vermietet. Postgeneral Übleis und Professor Maurer präsentieren Mupid am 18. Juni erstmals der Öffentlichkeit.

"Die Zeiten, in denen Bildschirmtext nur ein einfaches Informationssystem mit manchmal unverständlicher Menü-Suche, wobei das höchste der Gefühle das Ausfüllen eines Formulars .... war, sind ein für allemal vorüber", meint Professor Maurer, graue - besser bunte Eminenz des österreichischen Btx-Pilotversuches. Denn mit Mupid (Mehrzweck Universell Programmierbarer Intelligenter Decoder) erhält der Btx-Benutzer einen Hobbycomputer, der auch gleichzeitig die Funktionen des BtxDecoders erfüllt.

Bereits diese Decoder-Funktion müßte Mupid weite Verbreitung sichern, denn damit können sowohl ältere TV-Geräte als auch Portable als Btx-Terminals eingesetzt werden. Darüber hinaus verbessert Mupid die Grafikausgabe und beseitigt die derzeit unschönen eckigen Kreise und stufigen Diagonalen. Das Gerät besitzt auch eine Tastatur - genau genommen besteht es aus einem Tastaturgehäuse, das gleichzeitig die Prozessoren enthält - so daß die Trennung in aktive Btx-Anbieter mit Editiergerät und passiv konsumierende Benutzer künftig entfällt.

Grundsätzlich neu ist die Zusammenarbeit zwischen Btx-Computer und Btx-Terminal mittels sogenannter "Telesoftware". Objektprogramme, die zentral gespeichert sind, können geladen und lokal ausgeführt werden. Je nach dem, was geladen wird, verwandelt sich Mupid in

- einen komfortablen Text- und Grafikeditor,

- eine komfortable Unterstützung zum alphabetischen Suchen, zum Markieren von Seiten, für benutzereigene Standardabfragen und zur Entwicklung von Suchstrategien,

- einen Homecomputer für kommerzielle Anwendungen wie Gehalts- oder Steuerberechnungen,

- einen Spielcomputer, vergleichbar den bereits am Markt befindlichen Telespielen,

- ein Kommunikationssystem für Gehörbehinderte,

- ein Datenerfassungssystem mit lokalen Plausibilitätskontrollen.

Das Mupid-Entwicklungsteam von der TU-Graz erwartet enthusiastisch, daß das Btx-System auf diese Weise zur "größten Programmbibliothek wird, die es je gab".

Allerdings findet die Größe solcher im "down stream loading" übertragbarer Programme durch die Häufigkeit von Übertragungsfehlern ihre natürliche Grenze. Diese sind bei Text-oder Grafikausgabe meist nur lästig, würden eine Programm aber unbrauchbar machen. Die mit einiger Verläßlichkeit fernladbaren Programme sind daher wohl auf einige KB-Programmgröße und damit auf relativ einfache Anwendungen beschränkt. Im zentralen Btx-Rechner der Post ist ein Basic-Compiler "fast fertig" und Pascal in Vorbereitung.

Mupid erweitert die Btx-Kommunikation noch um eine audielle Komponente. Ein Tongenerator liefert Signale bei Fehlern oder auch, zusammen mit einer Grußbotschaft, Lieder.

Mupid kann jedenfalls einiges zur weiteren Verbreitung von Btx-Anwendungen beitragen. In Verbindung mit dem geeigneten Modem kann Mupid auch mit verschiedenen Btx-Computern in Verbindung treten, so daß hier ein neuer Geschäftszweig von Informationsanbietern entstehen könnte.

Wermutstropfen für den Büromaschinen- und Elektronik-Fachhandel sind Preis und Vertriebsweg. Ein Mupid wird monatlich weniger als 200 Schilling kosten und damit den ' clairs ZX81, Commodore VC oder H 99/4A, um nur einige zu nennen, einiges aufzulösen geben. Daß die Post diese auch offline verwendbaren Heimcomputer selbst vertreibt, ist ein Präzedenzfall, zunächst für alle Kleinsomputer- und Terminalhersteller, aber auf weitere Sicht für die ganze europäische Computerszene.

Informationen: Prof. H. Maurer, TU-Graz, 8010 Graz, Schießstattg. 4a, Telefon:03 16/8 25-51 12.

Technische Daten:

- Prozessor Z80A, Grundausstattung 81 KB (64 KB RAM + 1 KB schneller RAM + 10 KB PROM),

- alpha-mosaik und alpha-geometrische Grafik in 15 Farben in einem 320 x 240-Punkte-Raster,

- Cursorpositionierung, Scroll, automatischer Aufruf von Folgeseiten, Wartecodes, temporäre Bildabschaltung, Bewegungseffekte,

- ASCII-Tastatur mit zusätzlichem 10er-Block,

- eingebauter Lautsprecher und Tongenerator,

- Größe 40 x 28 x 8 cm, Gewicht etwa 2 kg,

- eigene Stromversorgung, Verbrauch 40 Watt

- schaltbare Übertragungsgeschwindigkeit bis 9600 bps, daher auch Verwendung als asynchrones oder synchrones Terminal möglich

- diverse Interfaces für Bilddigitalisierung, Disketten, Teletext, Speichererweiterungen