IT in der Verwaltung/Informationen, die sich bezahlt machen könnten

Öffentliche gehen auf den IT-Dienstleistungsmarkt

20.03.1998

Immer wieder treten auch Behörden als Anbieter spezieller IT-Dienstleistungen auf den Plan. Die angebotenen Services wurden meist ursprünglich für die interne Verwaltung geschaffen und bereitgestellt. Erst der Zwang zum Sparen, fehlende Abschreibungsmöglichkeiten und steigende Kosten brachten die Verantwortlichen auf die Idee, die eigene IT-Kompetenz als Dienstleistungsprodukt nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu vermarkten, und zwar nicht nur auf Bundes- oder Landesebene. Auch die Kommunen haben das Geschäft mit dem IT-Know-how entdeckt.

Ein typisches Beispiel ist das Vermessungsamt der Stadt München. Vor 17 Jahren begann man hier, das amtliche Grundkartenwerk zu digitalisieren. Die bisherigen analogen Grundstücksdaten und Zeichnungen mußten nach und nach in das System integriert werden. Das Grafische Auskunftssystem mit Sachdatenanbindung und Zeichnungsergänzung (Gausz) von der Frankfurter IFS GmbH hatte seinen Preis: Durch Anschaffung und Pflege der Software sowie die manuelle Digitalisierung der vorhandenen Zeichnungen und Papierdaten, die nun abgeschlossen ist, summierten sich die Kosten auf etwa 20 Millionen Mark. Das System arbeitet jetzt zwar wesentlich kostengünstiger als die papierne Dokumentation, doch das Amt möchte dennoch einen Teil der Investitionen wieder zurückhaben. Aus diesem Grund steht das komplette Grundkartenwerk nun als Informationssystem "Geoinfo München" auf CD-ROM zur Verfügung. Statt der für das gesamte papierne Kartenwerk notwendigen 30000 Mark kostet die CD-ROM lediglich 4500 Mark. In der für Laien bedienbaren Geoinfo sind 138000 Adressen, 145000 Flurstücke, 300000 Gebäude und Gebäudeteile, Grund- und Flurstücknummern, Gemarkungsgrenzen und Hausnummern enthalten. Es handelt sich aber um kein reines Auskunftssystem. Per Maus lassen sich auch Entfernungen und Grundflächen ausmessen sowie feste und bewegliche Objekte (Gebäude, Parkanlagen, Flohmärkte, Festzelte etc.) planen und speichern. Vor allem für Makler, Ingenieur- und Architektenbüros und ähnliche Bereiche sind die Daten höchst interessant, da sie neue Perspektiven der Planung und rationalere, schnellere Arbeitsmethoden erlauben.

Einen ähnlichen Schritt macht nun auch das Statistische Bundesamt. Als Datenlieferant schon bekannt, soll ein neues Hochgeschwindigkeitsnetz den technologischen Gleichstand mit privaten Datenlieferanten halten. Das Netz basiert auf einer mehrstufigen Collapsed-Backbone-Architektur und soll nach Aussagen der Verantwortlichen bis 1999 mehr als 1500 Arbeitsplätze mit Daten versorgen.

In den Reigen derjenigen, die am privaten Markt mitverdienen, hat sich seit einiger Zeit auch das Deutsche Wetteramt eingereiht. Das Amt finanziert sich größtenteils durch den Verkauf spezieller Wetterinformationen, die in bestimmten Branchen, etwa Flugdienst oder Agrarwirtschaft, elementar wichtig sind. Neu ist ein ganz besonderer Profiservice namens PC-MET: Von der Mailbox des Wetterdienstes läßt sich gegen Bezahlung (25 Mark pro Monat) eine Software herunterladen, die regelmäßig und vollautomatisch die aktuellen Wetterdaten für Flugwetter oder Wetterdienstleister (zum Beispiel Radio- und Fernsehsender) hereinholt. Intervall, Uhrzeiten, Region etc. lassen sich vorher einstellen.

Ein ganz normaler IT-Dienstleister

Auch das Hessische Wirtschaftsministerium hat sich etwas Innovatives einfallen lassen. Seine "Hessen-Infoline" versteht das Landesministerium als IT-Leistung für mittelständische und kleine Unternehmen, die an einem Einstieg ins Internet interessiert sind. Unter der Adresse www.hessen-infoline.de erhält man Zugang zur landesweiten Anbieterdatenbank. Alle Internet-Dienstleister des Landes Hessen aus den Bereichen Providing, Gestaltung, Schulung etc. sind hier zu finden.

Ein ganz normaler IT-Dienstleister ist die Datenzentrale Schleswig-Holstein. Die 560 Mitarbeiter stehen nicht nur den Behörden im Lande zur Verfügung, sondern arbeiten auch für privatwirtschaftliche Unternehmen. Von der Idee, über Projektleitung, Projekt-Management und -durchführung bis zur laufenden Betreuung von IT-Vorhaben (Netz-Management, LAN-Betreuung etc.) ist alles zu haben. Dazu gehören die Kontrolle der gesamten Infrastruktur bis zur PC-Ebene, die Softwareverteilung und -aktualisierung, die Datensicherung und die Unterstützung für Büroverfahren. Selbst die Hardware-Installation machen die Schleswig-Holsteiner auch mal in Eigenregie, im Regelfall aber zusammen mit den Lieferanten. Bisher kommen nur etwa fünf Prozent der Kunden aus der Privatwirtschaft, vor allem aus dem Baubereich. Den Löwenanteil decken Landes- und Kommunalbehörden ab. Das muß nach Aussage von Marketing-Leiter Michael Müller trotz der bereits mehreren zehntausend betreuten Rechner nicht so bleiben. "Da wir kaum akquirieren, ist der geringe Anteil privater Auftraggeber nicht verwunderlich. Wir konzentrieren uns vorwiegend auf die öffentlichen Bereiche, haben aber noch genügend freie Kapazitäten, um zusätzliche Aufträge von mittelständischen und kleinen Unternehmen entgegenzunehmen. Auch die Rechenleistung der Datenzentrale ist für jedermann käuflich. Zur Verfügung stehen neben diversen Unix- und NT-Servern auch ein (MVS-) OS/390-Host.

Fazit: Behörden und Ämter entdecken, daß Dienstleistungen eine Möglichkeit darstellen, das knappe Budget zu entlasten.

Beispiele

Dienstleistungen aus öffentlicher Hand:

Datenzentrale Schleswig-Holstein

Kompletter IT-Service und alle RZ-Dienstleistungen

Tel. : 04 31/32 95-0

Städtisches Vermessungsamt München "Geoinfo München", Grundkartenwerk

Tel. : 089/23 32 22 69

Deutsches Wetteramt

Regelmäßige Wetterinformationen per E-Mail frei Haus

Tel. : 069/806 20 Mailbox: 069/80 07 00 85

Statistisches Bundesamt

Hochgeschwindigkeitszugang zur Datenbank

Tel. : 06 11/751

Hessisches Wirtschaftsministerium

Zugang zur landesweiten Anbieterdatenbank für Internet-Providing, Gestaltung, Schulung etc. Tel. : 06 11/81 50 Internet-Site: www.hessen-infoline.de

Michael Funk ist freier Journalist in Partenheim bei Mainz.