18. Tätigkeitsbericht kritisiert Umgang der Wirtschaft mit Kundendaten

Oberster Datenschützer moniert staatliche Schnüffelei

13.04.2001
MÜNCHEN (CW) - Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Joachim Jacob, hat in seinem "18. Tätigkeitsbericht 1999 - 2000" eine massiv angewachsene Überwachungstätigkeit staatlicher Stellen moniert. Außerdem bemängelte Jacob die mangelnde Bereitschaft der Industrie, ihre Praktiken bei der Verarbeitung von Kundendaten offen zu legen.

Die Zahl der Überwachungsanordnungen sei in den vergangenen fünf Jahren stetig angestiegen: 1995 waren es noch 4674 Überprüfungsanfragen, 1999 aber bereits 12651. Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis im Rahmen der rechtsstaatlichen Ordnung seien grundsätzlich zwar zu akzeptieren. Es stelle sich jedoch die Frage, in welchem Umfang dies erfolgen soll und wie effektiv mit diesem Hilfsmittel der staatlichen Strafverfolgung umgegangen wird.

Jacob kritisierte auch die private Wirtschaft mit deutlichen Worten: Das Interesse, Kunden über den Umgang mit ihren Daten aufzuklären, sei "nicht sehr ausgeprägt". Dabei würden, stellt der Bundesdatenschutzbeauftragte fest, die Bürgerinnen und Bürger zunehmend misstrauisch auf das gestiegene Bedürfnis der privaten Wirtschaft nach aussagekräftigen und umfassenden Sammlungen personenbezogener Daten sowie deren komfortabler Verarbeitungen reagieren. Er verlangt darüber hinaus, dass in Zeiten des E-Commerce Vorschriften entwickelt werden, die Firmen bestrafen, die gegebene Vertraulichkeitsversprechen in Bezug auf persönliche Daten brechen.

Jacob mahnte ferner gesetzliche Vorschriften gegen unerlaubte Bildaufnahmen und deren Veröffentlichung an. Im Internet würden beispielsweise Fotos von Personen in einem Museum oder in Privatwohnungen und Umkleidekabinen sowie in Schwimmbädern oder Geschäften verbreitet, ohne dass diese Menschen eine Ahnung von den Aufnahmen oder ihrer Publikation hätten.

Besondere Aufmerksamkeit finden bei Jacob gentechnische Untersuchungen am Menschen. Diese offenbarten höchst persönliche Informationen in einem Maße, welches die Sensitivität bisheriger personenbezogener Informationen bei weitem übersteige. Anders als beispielsweise das unbefugte Öffnen eines Briefes sind derart gravierende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht aber derzeit nicht strafbar. Der Datenschutzbeauftragte hält deshalb ein gegen jedermann gerichtetes, ausdrückliches und strafbewehrtes Verbot für vordringlich. Dieses soll dafür sorgen, dass ohne besondere Befugnis keine Genome analysiert und Ergebnisse solcher Untersuchungen nicht genutzt werden dürfen.

Einen weiteren gravierenden Mangel hält Jacob der Bundesregierung bei der Protokollierung der akustischen Wohnraumüberwachung vor. Artikel 13 des Grundgesetzes verpflichte die Bundesregierung, den Deutschen Bundestag jährlich über diese Abhöraktionen zu unterrichten. Die Berichte für die Jahre 1998 und 1999 würden, so der Datenschutzbericht, diesen Anforderungen nicht in vollem Umfang gerecht. Wesentliche Informationen, die schlüssige Aussagen zur Effizienz der Maßnahmen und zur Intensität der damit verbundenen Grundrechtseingriffe ermöglichen, würden fehlen.

Zu guter Letzt fordert Jacob vom Gesetzgeber, Auskünfte nach Paragraph 12 des Fernmeldeanlagengesetzes nur für die Verfolgung bestimmter Straftaten zuzulassen. Unabdingbar sei auch, eine Schutzklausel für die Telekommunikation von Personen zu schaffen, die zur Wahrung von Berufsgeheimnissen verpflichtet sind. Hierzu zählt Jacob Geistliche, Ärzte, Rechtsanwälte und Journalisten. Die Europäische Kommission habe im Juli 2000 der rasanten Entwicklung der modernen Kommunikationstechniken mit einem Entwurf für eine EU-Richtlinie über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation Rechnung getragen. Diese neue Richtlinie solle zum Anlass genommen werden, auch im nationalen Recht den Datenschutz in der Telekommunikation und bei den Telediensten in einem einheitlichen Gesetz zu regeln.