Münchner SW-Haus hat GUI-Berufsbild entwickelt

Oberflächendesign: Tribut an Kundennähe und Ergonomie

09.10.1992

Die zunehmende Komplexität vieler Softwareprogramme, verbunden mit dem Wunsch des Programmbenutzers nach einer leichten und ergonomischen Bedienerführung, erfordert nach Auffassung von Peter Ratajczak mehr als bloßes Informatikwissen. Diesen Anforderungen gerecht zu werden, hat die Firma CAT ein Weiterbildungsprogramm zum Oberflächendesigner entwickelt.

Viel zu häufig wird die Programmoberfläche aus dem .Bauch heraus entworfen. Dabei sind es gerade die Oberflächen, die dem Kunden quasi als Fenster zum Hersteller dienen. Nur hier erkennt der Anwender auf einen Blick, welcher Aufwand zu seinem Nutzen betrieben wurde.

Verwendet das Entwicklungsteam aber zuviel Zeit auf vorbereitende Gespräche mit dem späteren Anwender, fehlt diese eventuell für die eigentliche Entwicklung. Auch sind Ideen und Wünsche sowohl der Entwickler als auch der potentiellen Kunden, nicht immer sinnvoll - weil sie zum Beispiel nicht ergonomisch sind oder spätere Entwicklungen nicht berücksichtigen. Was fehlt, ist folglich das Berufsbild eines Oberflächendesigners.

Da auf dessen Realisierung nicht gewartet werden kann, wurde in München ein Teddi-train in Bewegung gesetzt. Teddi steht für "Techniken der Dialoggestaltung". Zur Software-Ergonomie bietet das Softwarehaus CAT vier Kurse an. Ein zweitägiger Kompaktkurs vermittelt Managern und Entwicklern die Techniken der Dialoggestaltung. Hier erlernen die Kursteilnehmer die, Standards, Methoden und Werkzeuge, die für den Entwurf und zur Realisierung ergonomischer Bedieneroberflächen erforderlich sind.

Auf den Bedarf des Anwenders zugeschnitten

In einem dreitägigen Intensivtraining zur Praxis der ergonomischen Dialoggestaltung wird Design und Realisierung von Dialogoberflächen vermittelt. Beide Kurse veranstaltet Alfred Zeidler (1) auch als fünftägiges Kompaktseminar. Zum Angebot des Hauses gehört ferner ein fünftägiger OSF/Motif-Kurs.

Die Kurse sind Ergebnis zehnjähriger Entwicklungsarbeit bei CAT im Bereich der Oberflächengestaltung in kommerziellen Projekten. Das so gewonnene Wissen soll nach Angaben des Schulungsleiters Thomas Schreiber anderen Entwicklungsabteilungen und insbesondere den Software-Management- und Planungsabteilungen weitergegeben werden.

Wie bei jedem Projekt, so sollte auch in der Software-Entwicklung geprüft werden, welche Dialogart für den jeweiligen Zweck am geeignetsten ist. Sind es Frage-Antwort-Dialoge, Kommandos, Menüs, Icons, Charts etc.? Hier angemessen etwas zu realisieren, heißt auch, sich am Anwender zu orientieren. Nicht zuletzt die Programmoberflächen sind es, die potentielle Kunden zu Käufern machen. Dies ist bereits bei der Projektierung von Software zu berücksichtigten.

Neben DIN- und ISO-Normen für den ergonomischen Mensch-Maschine-Dialog, sind es die Style-Guides der Hersteller für die Gestaltung von Makro- und Mikrodialogen, Maskenlayout und Farbauswahl, die CAT bei den Dialogtechniken vermittelt. Ferner lernt der Teilnehmer Konzepte moderner Dialoggestaltung kennen. Weiterhin stellen Dozenten User-Interface-Management-Systeme (UISM) und User-Interface-Design-Systeme (UIDS) anhand gängiger Werkzeuge vor. Hier sind es die Standards OSF/Motif, MS-Windows 3.0, der Presentation Manager und Open Look, denen das Augenmerk gilt. Des weiteren sind darauf aufsetzende Tools wie Dialog-Editoren, Dialog- und Application Builder Kursgegenstand.

Nach den Worten Alfred Zeidlers hat jedoch die Praxis gezeigt, daß sich Manager und Entwickler zwar mit dem nötigen Know-how vertraut mache n müssen, sich andererseits nicht darauf ausruhen dürfen. Deshalb will er in seinen Kursen nicht ausschließlich den Ist-Zustand beschreiben, sondern auch auf Entwicklungen eingehen, die künftig Maßstäbe setzen könnten. Hierunter fallen beispielsweise das Visual Programming und die Virtual Reality.

Zusammen mit erfahrenen Trainern will CAT im Praxiskurs Teilnehmer dazu befähigen, an beispielhaften Aufgabenstellungen die geeignete Methodik für Design und Implementierung zu wählen, um zu konkreten Lösungen in diesen ausgewählten Dialoganwendungen zu kommen. Für die zweite Jahreshälfte erarbeitet das Haus einen eigenen Kurs, der sich mit der gesamten Problematik ausschließlich an Entscheidungsträger wendet.

Zeitgewinn durch Rapid Prototyping

Sie tragen letztlich zum Gelingen oder Mißlingen von Softwareprojekten maßgeblich bei. In ihren Abteilungen wird nach Kundenbedürfnissen und deren Befriedigung geforscht. Eine stärkere Einbindung gerade dieser Management-Gruppe in die Belange des Softwareprozesses gilt als elementares Anliegen. Gerade ein planmäßiges Vorgehen in der Frage der Oberflächengestaltung bringt eine Vielzahl an Vorteilen. Für die Entwicklungsphase wäre hier der Zeitgewinn durch Rapid Prototyping zu erwähnen. Durch effiziente Auswahl von geeigneten Entwicklungswerkzeugen ließe sich dieser noch vergrößern dies bedarf aber einer genauen Kenntnis der einschlägigen Anforderungen und der für den Kauf erforderlichen Kriterien.

Wichtiger ist jedoch die Kundenzufriedenheit. Verfügt der Anwender über eine ergonomische Bedienerführung mit den richtigen Dialogarten, wird er sich mit dem angebotenen Programm wesentlich leichter anfreunden, es oft nutzen und vielleicht sogar empfehlen.

Die Teddi-Kurse sind jedoch nicht ausschließlich dem Design, sondern auch der Implementierung von Oberflächen gewidmet. Auch unterschiedliche Hardwarevoraussetzungen sind in der Praxis zu bewältigen. So gehen die Dozenten gesondert auf die Schwierigkeiten, aber auch die Möglichkeiten paralleler Bedienung von Alpha- und Grafikterminals ein. Neben konventionellen Methoden auf alphanumerischen Bildschirmen lernen die Teilnehmer neue Verfahren und Werkzeuge zur grafischen Dialoggestaltung kennen.

Unternehmen, die sich das planmäßige Vorgehen im Bereich der Oberflächenentwicklung aneignen beziehungsweise diverse Konzepte erörtern wollen, bietet der Teddi-train ein entsprechendes Forum zur Straffung der eigenen Entwicklung und zur Sensibilisierung gegenüber Kundenbedürfnissen.

(1) Zeidler/Zellner: Software-Ergonomie, Techniken der DiaIoggestaltung, Oldenbourg-Verlag, München, Herbst 1992