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Demokratie 2.0 in den USA

"Obama ist der perfekte Internet-Kandidat"

16.10.2008
Von 
Kriemhilde Klippstätter ist freie Autorin und Coach (SE) in München.

Ersetzen Blogs Nachrichtenagenturen?

Jennifer Skala, Redakteurin des politischen Blogs "Hotline On Call" , runzelt die Stirn, als ihr europäische Journalisten die Frage stellen, was denn der Unterschied zwischen einem Blog und einer Online-News sei. Ein Blog ist nach ihrer Definition "ein konstanter Informationsfluss, der auch Kommentare, Bilder und Videos enthalten kann". Die Sprache sei, etwa im Vergleich zu Online-News, aber viel informeller; man dürfe im Blog-Beitrag auch Stimmung machen. Wichtig sei vor allem die Geschwindigkeit, mit der veröffentlicht wird. "Der Neuigkeitenzyklus hat sich erhöht: Alles läuft viel schneller."

Deutsche Blogs funktionieren demgegenüber viel behäbiger: Zuerst kommt die Nachricht, die dann im Blog kommentiert wird. Information und Kommentar bleiben hierzulande meist noch getrennt.

Die Blogger in den USA, so scheint es, sind ständig auf der Jagd nach dem Scoop, dem Ereignis, über das sie als erste berichten können. Dabei durchforsten die Mitarbeiter traditioneller Medien, also von Zeitung, Radio und TV, oftmals die bekanntesten Weblogs und holen sich dort die aktuellsten Meldungen und Gerüchte. Die Blogger übernehmen damit die Aufgabe, die traditionell die Nachrichtenagenturen übernommen haben: die schnelle Übermittlung von Neuigkeiten. Da aber Meinungen und Gerüchte mit der Nachricht verwoben werden, besteht die Gefahr, dass die Blogger ein für den Leser undurchschaubares Neuigkeitenpaket schnüren - das erinnert an die Finanzpakete, die US-Banken aus guten und schlechten Immobilienkrediten schneiderten und die selbst Finanzprofis nicht mehr durchblickten.

So bleibt die Frage der Verantwortung für die News noch außen vor, wird aber zunehmend gestellt. Erst kürzlich wurde vom "iReport", der von CNN betrieben wird, die Falschmeldung gestreut, Apple-Chef Steven Jobs sei mit Verdacht auf Herzinfarkt in ein Krankenhaus eingeliefert worden, worauf der Kurs der Apple-Aktie massiv an Wert verlor. Ob die Meldung eine gezielte Fehlinformation war, wird derzeit von der US-Börsenaufsicht untersucht.

Andererseits können Blogs auch das Gegenteil bewirken und Falschmeldungen traditioneller Medien als solche identifizieren, weil oft mehrere Personen einen Vorfall beobachten und in ihren Blogs ihre Sicht der Dinge darstellen können. Jennifer Skala beantwortet die Frage nach der Verantwortung für die Inhalte mit der Pressefreiheit: "Wir haben das verfassungsmäßige Recht zu bloggen."