Mobile Mitarbeiter über GPRS ans Firmennetz anbinden

O2 stößt Tür zu Firmenanwendungen auf

19.07.2002
MÜNCHEN (pg) - Der Netzbetreiber O2 Germany will Geschäftskunden die Nutzung des Datenfunkdienstes GPRS schmackhaft machen. Mit einer neuen Tarifstruktur, speziellen Endgeräten sowie ersten Anwendungen im professionellen Umfeld soll die dritte Mobilfunkgeneration Gestalt annehmen.

Der Münchner Carrier, ehemals unter dem Namen Viag Interkom bekannt, betrachtet sich gern als Vorreiter im Datenfunk. Tatsächlich stellte das Unternehmen als erstes eine funktionsfähige GPRS-Infrastruktur (GPRS = General Packet Radio Service) auf die Beine und erhielt dafür in Tests auch gute Noten. Doch was nutzt das beste Netz, wenn es an GPRS-fähigen Diensten und Anwendungen fehlt, die darüber laufen.

Das soll sich jetzt ändern. Um dem mobilen Datenfunk Leben einzuhauchen und Verkehr in seinem GPRS-Netz zu generieren, hat O2 Germany Kooperationen mit zahlreichen IT-Partnern geschlossen, die auf mobile Anwendungen spezialisiert sind. Ziel ist es, branchen- und funktionsspezifische Konfigurationen anzubieten, zum Beispiel im Bereich mobiles Office, aber auch beim Zugriff externer Mitarbeiter auf Anwendungen im Firmennetz.

Blackberry und XDA im Sortiment

In den Partnerschaften hat O2 die Aufgabe, die mobile Anbindung zu gewährleisten und entsprechende Endgeräte vorzuhalten. Mit dem "Blackberry" sowie dem brandneuen "XDA" führt das Unternehmen mittlerweile zwei adäquate Handhelds im Programm. Außerdem zählt ab sofort die Funkkarte "Merlin G201" zum Sortiment. Damit können Daten per GSM und GPRS mit Notebooks sowie PDAs übertragen werden.

Unter den verfügbaren O2-Endgeräten stellt der Blackberry in seiner momentanen Ausstattung ein schnörkelloses Tool für die reine E-Mail-Kommunikation via GPRS dar. Um diese Push-Anwendung beim Kunden zu realisieren, wird von einem O2-Partner, zum Beispiel der Dynetics Solution, ein "Blackberry Enterprise Server" (BES) direkt an das Exchange- oder Notes-System des Kunden angebunden. Der BES steuert dann den Austausch von Daten über das GPRS-Netz von O2.

Der Blackberry besitzt zudem alle wesentlichen Anwendungen des persönlichen Informations-Managements. Der Vorteil des Organizer liegt laut O2 in der Kostenkontrolle, die sich aus der monatlichen Flatrate von 56 Euro für die komplette Datenübertragung ergibt. Gebühren für die Internet- und Sprachkommunikation fallen nicht an, weil das Gerät im Gegensatz zum XDA über keine integrierte Sprach- sowie Internet-Access-Funktionalität verfügt. Noch, denn der US-Hersteller RIM hat für das dritte Quartal einen WAP-Browser sowie Telefonfunktionen angekündigt.

Aufgrund seiner Sprach-, WAP- und Web-Tauglichkeit verkörpert der XDA für den Außendienstmitarbeiter die flexiblere Lösung in puncto Darstellung, Komfort und Anwendungsumfang (siehe CW 28/02, Seite 21). Das Smartphone ist in der Lage, E-Mails auch mit Attachments zu empfangen und zu versenden. Darüber hinaus sind Excel, Word und der Mail-Client Outlook standardmäßig in Pocket-Versionen installiert.

Ab Herbst können Anwender dann mit Hilfe des "Microsoft Mobile Information Server 2002" (MMIS) auch direkt auf ihre Firmennetze zugreifen, vorausgesetzt, sie haben Exchange 2000 Server im Einsatz. Auf dem XDA sollte dazu ein Ipsec-Client installiert werden, der über eine Firewall eine sichere Verbindung zum firmeninternen Netz aufbaut.

Wegen des Betriebssystems "Smartphone 2000" ist der XDA stark auf die Microsoft-Umgebungen zugeschnitten. O2 hat aber angedeutet, künftig auch Notes auf dem XDA zu unterstützen. Mit der Beschränkung des Smartphone auf die Microsoft-Welt wollen sich auch andere nicht zufrieden geben. "Wir arbeiten daran, den XDA SAP-fähig zu machen", verrät Bodo Lehmann, IT-Manager des Beratungshauses Comsult in Köln. Das Problem sei, dass der SAP-Client mit 200 bis 250 MB sehr wuchtig ausfällt. "Da ist so ein kleiner XDA im Moment noch ein bisschen überfordert", räumt der Consultant ein.

Nicht nur zu Microsoft-, sondern ebenfalls zu SAP- und anderen Anwendungen im Unternehmen will Dynectic mobilen Mitarbeitern den Weg ebnen. Die Firma installiert dazu beim Kunden mit ihrem "Emoveo M-Business Server" die erforderliche Softwareplattform. Der Server verbindet dann über standardisierte Schnittstellen-Komponenten die mobilen Geräte mit den Unternehmensdatenbanken, ERP- und CRM-Systemen sowie Groupware, darunter SQL-Server, Oracle, SAP R/3, Notes und Exchange. Dabei erkennt der Server automatisch, welches mobile Endgerät Informationen anfordert.

Die Branchenlösungen der Dynetic umfassen Anwendungen für die Bereiche Energie, Service und Vertrieb. Der Kunde Envia Energie Sachsen Brandenburg AG wickelt sein Inkasso zum Beispiel mit Hilfe des Emoveo M-Business Server mobil über Handspring-Endgeräte ab. Dabei greift der Außendienstler auf Kundenstatus- und Zählerinformationen aus SAP R/3 zu. Ein deutsches Aufzugunternehmen wiederum rüstet seine Mitarbeiter mit den GPRS-Handys "R520m" von Ericsson aus, an die Barcode-Scanning-Module angeflanscht sind. Da alle Serviceräume und Objekte mit Barcode ausgestattet sind, kann das Unternehmen auf diese Weise die Arbeitszeiten direkt erfassen.

Drittes Beispiel ist ein Unternehmen für Sanitär, Heizung und Klima, dessen Vertreter mit Compaq-Ipaqs oder XDAs mit GPRS-Modul ausgerüstet sind, die auf einen SQL-Server zugreifen. Die Monteure können damit direkt beim Kunden Kalkulationen für Bäderkombinationen erstellen, Preise, Beschreibungen und Fotos zu Artikeln abrufen und ein dem Kunden unterbreitetes Angebot sofort bestätigen. Das System initiiert dann vollautomatisch eine Auftragsbestätigung und Rechnung. Insgesamt konnten dadurch Geschäftsprozesse optimiert und Kosten reduziert werden.

Prozesse mobil schneller anstoßen

Das bestätigt auch Berater Lehmann, dessen Firma eine mobile IP-VPN-Lösung für St. Gobain, einen Hersteller von Diamantwerkzeugen, konzipierte. Die Vorgabe lautete, fünf Niederlassungen mit 27 Mitarbeitern zu schließen. Die Mehrbelastung des Außendienstes sollte durch den Einsatz modernster Kommunikationsmittel ausgeglichen werden. Außerdem hieß der Auftrag, alle Kundendaten mobil und sicher verfügbar zu machen sowie die Produktion zu beschleunigen.

Das Ergebnis der Comsult war eine GPRS-Anbindung, über die der Informationsfluss per Mail verbessert wurde. Außerdem ist mobil der sofortige Zugriff auf die SAP-Module möglich und können Prozessketten schneller angestoßen werden. Darüber hinaus wurden Lehmann zufolge die Personal-, Kommunikations- und Lagerhaltungskosten deutlich reduziert. Die Vertriebler sind dabei entweder mit "Nokia-6310i"-Handys, kombiniert mit Notebooks, oder mit XDAs unterwegs.

Flankiert wird die mobile Anwendungsoffensive der Münchner durch das neue Tarifmodell "O2 Data". Es richtet sich an Geschäftskunden, die ihre Daten hauptsächlich per GPRS, WAP oder SMS übertragen. Das Angebot ist dabei in zwei Kategorien unterteilt, nämlich "WAP über GPRS" sowie "Internet über GPRS" (siehe Tabellen).

Ebenfalls Bestandteil von O2 Data ist das Paket "GPRS Net Company", für Nutzer des Dienstes "Intranet/IP-VPN". Neben einer einmaligen Anschlussgebühr von 4,30 Euro und monatlichen Grundpauschale von 4,49 Euro gilt für den Kunden ein volumenorientiertes Tarifschema: Bis zu einem Datenvolumen von insgesamt 4 MB werden je 10 KB vier Cent fällig, über 4 MB reduziert sich der Preis für 10 KB auf zwei Cent.

O2-Tarife für WAP über GPRS (brutto)

/ Einmaliger Anschlusspreis / Grundgebühr pro Monat / Pro WAP-Seite

GPRS Standard / keiner / keine / 0,05 Euro

GPRS Click L / 4,99 Euro / 2,49 Euro / 100 WAP-Seiten frei danach: 0,05 Euro

GPRS Click L mit 02 Data / 4,99 Euro / 0 Euro / 100 WAP-Seiten frei danach: 0,05 Euro

O2-Tarife für Internet über GPRS (brutto)

/ Einmaliger Anschlusspreis / Grundgebühr pro Monat / Pro 10 KB

Internet / keiner / keine / 0,05 Euro

GPRS Surf XXL / 4,99 Euro / 17,50 Euro / 1 MB frei danach*: 0,025 Euro

GPRS Surf XXL mit O2 Data / 4,99 Euro / 12,50 Euro / 1 MB frei danach*: 0,025 Euro

*Nicht genutztes Inklusiv-Volumen/Inklusiv-WAP-Seiten verfallen.