IT im Anlagen- und Maschinenbau/Der Just-in-Time-Tribut

Nur schnelle Lager sind gute Lager

20.04.2001
Bisher von vielen Unternehmen unterschätzt, ist die Lagerhaltung oft ein extremer Kostentreiber. Doch hat sich herumgesprochen, dass eine DV-basierende Effizienz des Lagers nicht nur den Materialnachschub beschleunigt, sondern auch Startinvestitionen und Betriebskosten erheblich senken kann. Wege dorthin gibt es viele. Von Michael Funk*

Immer mehr entwickelt sich die Logistik zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Schnelle Bauteilverfügbarkeit just in time heißt mittlerweile auch im Anlagen- und Maschinenbau das Gebot der Stunde. Je kürzer Teile im Lager verweilen beziehungsweise je schneller sie bei Bedarf wieder ersetzt werden können, umso niedriger sind die Kosten und umso eher ist eine reibungslose Produktion gesichert. Hohe Umschlaghäufigkeit stellt jedoch große Anforderungen an die Logistik und Organisation eines Unternehmens. Schnell sind räumliche Kapazitäten erschöpft, wenn der Lagerraum nicht optimal genutzt wird. Ohne aktuelle Informationen über alle Lagerbewegungen geht rasch der Durchblick verloren: Das Auffinden der Teile wird zu einer Odyssee, wenn die notwendige Stellplatzsicherheit der Waren fehlt. Immer mehr Unternehmen haben dies erkannt und installieren aus diesen Gründen modernste DV-gestützte Lagerorganisationssysteme zur Lagerorganisation.

Elektronische Spürhunde finden jedes BauteilIn aktuellen ausgereiften Systemen sind aufwändige Prüfziffernsysteme mittlerweile Standard. Sie garantieren ein schnelles Wiederauffinden und verhindern gleichzeitig falsches Ein- und Auslagern. Großlagerverwaltungen sind zusätzlich mit Datenfunk ausgestattet. Wird neue Ware ein- oder ausgelagert, kann die Information per Funk direkt an den Zentralrechner übermittelt werden, der die Daten dann automatisch im System verwaltet. Damit sind hohe Aktualität und einfache Verwaltung gewährleistet. Über den Datenfunk wird direkt nach Beendigung der Lagerbewegung dem Lagermitarbeiter die nächste Aufgabe übermittelt. Das zahlt sich vor allem in Form von Staplerausnutzung und kürzeren Wegen aus. Die Anzahl der Ein- und Auslagerungen wird minimiert, Umwege und Leerfahrten lassen sich weit gehend verhindern.

Darüber hinaus informiert die automatische Lagerlogistik über alle Auslastungen und Bewegungen im Lager. So weiß der Anwender jederzeit, wo welche Bauteile stehen. Für kleinere Unternehmen ist vor allem die Modularität vieler Systeme, wie etwa LOS von SHD, wichtig. Sie ermöglichen einen kostengünstigen Einstieg und können parallel zu den Lageransprüchen mitwachsen.

Die Bestandsverwaltung und Lagerung modularer Systeme erlaubt im besten Fall die Führung beliebig vieler Lagerbereiche sowie Lagerplätze und Übergabepunkte, ist also gegenüber späteren Ausbaustufen sehr flexibel. Jeder Lagerplatz ist mit einer Vielzahl von Kennzeichen wie zum Beispiel ABC-Kennzeichen, Gewichtslimitierungen oder Sperrstatus eindeutig definiert und nach größtmöglichem Optimierungspotenzial zu vergeben. Die Verwaltung von verschiedenen Lagermitteln und Ladeeinheiten ermöglicht eine flexible Lagerführung. Die Bestände sind nach verschiedenen Kriterien abrufbar wie zum Beispiel frei verfügbar oder reserviert.

Moderne Lagersoftware lässt die verschiedensten lagerplatzbezogenen Parameter zu. Darüber hinaus können zum Teil auch Informationen über die gelagerten Artikel hinterlegt werden, wie etwa

- Lagertechnik (etwa Euro-Palette, IP, KK)

- Lagerklasse (zum Beispiel Trockenraum)

- Lagerbereich

- Stück pro Gebinde

- Gebinde pro Palette

- Packschema

- Gewicht

- EAN-Codes (Produkt, Palette)

Lagerbereiche: chaotisch oder konventionell?

Besonders wichtig für eine effiziente Lagerverwaltung im Anlagen- und Maschinenbau ist die Möglichkeit, verschiedene Lagerbereichsklassifikationen wählen zu können. Zum einen steht die chaotische, zum anderen die konventionelle Lagerhaltung zur Verfügung. In Lagerbereichen mit chaotischer Lagerhaltung wird die Ware von der DV stellplatzbezogen verwaltet. Für die Art der Fachbelegung gibt es unterschiedliche Nutzungsarten:

-Stellplätze mit sortenreiner Belegung ohne Zulagerung

-Stellplätze mit sortenreiner Belegung mit Zulagerung

-Fächer mit Mehrfachbelegung durch unterschiedliche Artikel mit direktem Zugriff auf die Ware

-Blocklager, sortiert oder gemischt gelagert, gezielter Zugriff auf einzelne Paletten kaum möglich (Zugangskonflikte, Transportaufwand).

Neben diesen Bereichen gibt es Lager beziehungsweise betriebliche Funktionsbereiche, für die eine stellplatzbezogene Lagerverwaltung aus unterschiedlichen Gründen nicht zweckmäßig oder sinnvoll ist, weshalb ohne Stellplatzverwaltung konventionell gearbeitet wird, zum Beispiel

-in Fertigungslager

-bei Schüttgut- und Kostenstellenmaterial

sowie

-im Außen- und Konsignationslager.

Im Anlagen- und Maschinenbau haben sich beide Lagertypen bewährt. Ein Lagerorganisationssystem, das auch gemischte Lager verwalten kann, ist zum Beispiel Suite Ilona von 2Con.

Elektronische Aufgabenverteilung

Bestimmte Programme, wie zum Beispiel die individuelle Software für Lagerleitrechner von Duchrow, können auch komplexe Lagersysteme bedienen. Für die Steuerung der Lageranlage ist bei solchen Systemen eine speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) vorgesehen. Sie erhält alle Transportaufträge von einem Lagerleitrechner (LLR). Alle Stör- und Statusmeldungen sowie begonnene und abgeschlossene Transportaufträge meldet die SPS an den LLR. Der LLR verwaltet unter anderem das aktuelle physikalische Lagerlayout. Die eigentliche Lagerverwaltung befindet sich im Materialflussrechner (MFR). Dieser gibt auch alle Anforderungen für Lagerbewegungen automatisch an den LLR weiter. Der Anwender kann bei solchen Systemen alle Stammdaten, Bewegungsdaten für Ein-, Aus- und Umlagerungen, Störungen sowie Fehlerquittierungen auf dem Lagerleitrechner erkennen, bearbeiten und als Ausdruck dokumentieren.

Jederzeit Lageroptimierung möglich

Sehr ausgeklügelt können auch die automatischen Lagerbewegungen sein. So achten ausgereifte Systeme darauf, dass stets schmale Artikel auf breiteren gestapelt werden. Bei gleichen Artikeln entscheidet eine vorher programmierte Prioritätenreihenfolge (Seite, Platz oder Ebene) über den nächstgelegenen Lagerort. Sind mehrere Lagerorte möglich, werden zunächst bereits benutzte Plätze aufgefüllt oder leergeräumt.

Auch ist jederzeit eine Lageroptimierung möglich. Die Software berechnet dann, wie die benutzten Lagerplätze optimal umgelagert werden können, um eine maximale Ausnutzung zu gewährleisten.

Unternehmen, die ihre Lagerplätze optimieren, können erhebliche Kosten sparen. Bereits bei der Planung eines Lagers gibt es hier sehr viele Aspekte zu berücksichtigen. So denken viele Unternehmen zunächst an eine hundertprozentige Lagerplatznutzung, um die anfänglichen Investitionskosten für die Lagerhalle klein zu halten. Sicherlich ist letztendlich eine möglichst hohe Ausnutzung des vorhandenen Platzes sinnvoll und effizient, doch können dadurch verwinkelte Lager mit vielen Ecken entstehen. Diese sind dann zwar extrem platzsparend und zunächst preiswerter, produzieren aber permanente Folgekosten, da wegen der fehlenden Übersichtlichkeit und Enge die Verwaltung sowie der Zugriff erschwert werden. Der optimale Kompromiss zwischen klarer Lagerstruktur und bestmöglicher Platznutzung ist nicht einfach zu ermitteln und sollte ebenfalls ausgereifter Software überlassen werden. Doch Vorsicht: Die von Lagerherstellern bereitgestellten Simulationsprogramme fordern zwar oft detaillierte Variablen, rechnen intern aber ungenau. Die Berechnung fällt dann immer zugunsten eines größeren Lagers, sprich zugunsten des Herstellers aus.

An den richtigen Schrauben drehen

Außerdem sind zur Optimierung viele weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen. So gehören sehr häufig benutzte Bauelemente, im Branchenjargon Schnelldreher genannt, an den Ganganfang in gute Zugriffshöhe. Sondermaße, die von den möglichst standardisierten Pack- oder Fachgrößen abweichen, sollten den speziellen Lagerbereichen der Gewichts- und Abmessungsexoten vorbehalten sein. Gebäudekosten (etwa 40 Prozent) können durch geschickte Planung bereits im Vorfeld minimiert werden. Regal- und Fördertechnikkosten (jeweils zehn Prozent) lassen sich nur begrenzt einsparen. An dem Lager optimal angepassten Flurförderzeugen sollte nicht gespart werden, da gerade sie ein spezielles, kostensparendes Lagerlayout möglich machen. Große Lagerhöhen zum Beispiel sind wesentlich günstiger herzustellen als Fläche. Sind die Bauauflagen kein Hindernis, ist eine Halle umso billiger, je höher sie ist. Folge solch ausgereifter DV: Mit optimierten Steuerungsmaßnahmen lassen sich die mit zirka 40 Prozent enorm hohen Personalkosten deutlich verringern.

Diese bei jedem logistischen System denkbaren Probleme bereits im Planungsstatus in den Griff zu bekommen, hat sich beispielsweise Baumann Software mit LCAD auf die Fahnen geschrieben. Es ist auch für kleinere Betriebe ohne aufwändige automatische Lagerlogistik interessant. Sie berücksichtigt unter anderem alle aufgeführten Gesichtspunkte und liefert nach Eingabe zahlreicher Umgebungsvariablen das für den betreffenden Standort optimale Lagerlayout. Allerdings lässt sie sich nicht in automatische Logistiksysteme integrieren. Dafür ist eine DXF-Schnittstelle vorhanden, die einen Datenaustausch mit allen CAD/CAM-Programmen ermöglicht.

Kein Mangel an ausgereifter Technik

Fazit: Die Industrie liefert Lagersysteme in allen Variationen, die zudem in hohem Maße an die örtlichen und strukurellen Gegebenheiten des Unternehmens anpassbar sind. Sicherlich kosten auch diese Systeme Geld. Doch wer im starken Wettbewerb die Nase vorn haben möchte, sollte sich auch um die beste Effizienz seines Lagers kümmern und hier keine Investitionskosten scheuen. Oft sind es die scheinbaren Kleinigkeiten im Rahmen eines Produktionsablaufs, die letztendlich das Potenzial haben, die Kosten zu dämpfen. An ausgereifter Technik, die auch der Anlagen- und Maschinenbaubranche speziell angepasste Lösungen ermöglicht, mangelt es jedenfalls nicht.

*Michael Funk ist freier Fachjournalist in Monheim.

Auswahl moderner Lagerverwaltungen und Layoutplaner

Hersteller / Produktname / Typ / Internet / Adresse / Telefon

2Con / Suite Ilona / Lagerorganisationssystem mit Nachschubautomation / www.2con.de / Berlin / -

Baumann Software / LCAD / Lagerlayout-Planung / http://home.t-online.de/home/jochen.baumann/ / Am Schloßberg 6, 64372 Ober-Ramstadt / 061 54/63 00 66

CIM GmbH / Prolog / Modulares Lagerverwaltungssystem / www.cim.de / Livry-Gargan-Straße 10, 82256 Fürstenfeldbruck / 081 41/5102-0

Duchrow-Software / Lagerleitrechner-System / Lagerorganisationssystem / www.duchrow-software.de / Rosenthaler Straße 47, 41849 Wasserberg / 024 32/89 27 28

Innolog GmbH / Innolog-LSV-System / Lagerlogistik / www.innolog.de / Technologie Park Herzogenrath (TPH) Kaiserstraße 100, Gebäude II, 52134 Herzogenrath-Kohlscheid/ 024 07/9095-0

SEP Logistik / Relag-System / Lagersteuerung und -verwaltung / www.sepag.de / Ziegelstraße 1, 83629 Weyarn / 080 20/180-700

SHD Datentechnik GmbH / LOS / Lager-Organisations-system / www.shd.de / Rennweg 60, 56626 Andernach / 026 32/295-0 Ardorf Kneip -456

Taylocom / Lager 2002 / Lagerverwaltung / www.taylorcom.de / Drosselweg 13, Technik-Zentrum, 32609 Hüllhorst / 057 44/5551