Kolumne

"NT wichtiger als Antitrust-Prozeß"

23.10.1998

Am Montag dieser Woche hat der Antitrust-Prozeß gegen Microsoft begonnen. Was wird passieren? Zunächst einmal gar nichts. Die Kombattanten werden sich gegenseitig mit Vorwürfen überziehen, und Microsoft wird das Verfahren verschleppen. Nach dem Motto: Besser ein Verfahren am Hals als ein Urteil, das uns verbietet, weiter in bestimmten Geschäftsfeldern tätig zu sein.

Selbst wenn der Prozeß wie geplant in acht Wochen beendet ist, dürften sich eine oder mehrere Berufungsverhandlungen anschließen. Sowohl das Justizministerium als auch Microsoft scheinen nämlich entschlossen, den Streit höchstrichterlich entscheiden zu lassen.

Viele Analysten und Marktbeobachter sind sich einig, daß der Ausgang des Prozesses starken Einfluß auf das Geschäftsgebaren der amerikanischen Industrie haben wird. Manche vermuten sogar eine Neudefinition des Kartellrechts.

Offenbar haben sie bei ihrer Analyse nur an die zwei großen erfolgreichen Antitrust-Verfahren in den USA gedacht: an das gegen Rockefellers Standard Oil zu Beginn des Jahrhunderts und an das gegen AT&T, das nach acht Jahren Dauer 1982 mit der Zerschlagung des Telefonkonzerns abgeschlossen wurde.

Im gleichen Jahr endete aber auch der als "Jahrhundertverfahren" bezeichnete Antitrust-Prozeß gegen die IBM: ergebnislos! Anläßlich seiner Eröffnung im Jahre 1975 hatte der damalige Chefankläger Raymond Carlson noch getönt: "Die Regierung wird beweisen, daß IBM auf illegale Weise eine Monopolstellung auf dem Markt für Universalrechner anstrebt und diesen Markt durch grobe Verstöße gegen den freien Wettbewerb und Marktbeherrschung monopolisiert." Ähnliches wollen die jetzigen Ankläger Microsoft nachweisen.

Doch trotz aller Indizien, die sie für wettbewerbswidriges Verhalten des Softwaremarktführers gesammelt haben, dürfte es extrem schwierig und langwierig sein, juristisch zu belegen, daß dieses Vorgehen auf einer zielgerichteten Geschäftspolitik basiert.

Wie und wann auch immer dieser Prozeß endet, eins dürfte klar sein: Auf Microsofts Zukunft wirkt sich der Erfolg oder Mißerfolg von NT 5.0 direkter und schneller aus. Und im Moment sieht es nicht so aus, als würde die Gates-Company auch nur annähernd schaffen, was sie sich mit der neuen Version des Betriebssystems vorgenommen hat.