Hat Microsoft unfairen Benchmark-Test unterstützt?

NT versus Linux: Studie sorgt für Zündstoff

30.04.1999
SAN FRANZISKO (IDG) - Der zunehmende Erfolg des Open-Source-Betriebssystems Linux nagt am Selbstbewußtsein Microsofts. Die Gates-Company hat eine Benchmark-Studie in Auftrag gegeben, die Linux, verglichen mit Windows NT, klare Schwächen im Server-Betrieb attestiert. Linux-Anhänger sprechen von Schiebung.

"Linux bedeutet keine ernstzunehmende Gefahr für Windows" - so oder ähnlich kommentierten hochrangige Microsoft-Manager inklusive Bill Gates bis dato die anhaltende Open-Source-Euphorie. Doch Microsofts Souveränität scheint unecht. Während die Redmonder mit dem Gedanken spielen, das Linux-Erfolgsrezept Open Source eventuell auf Windows 2000 anzuwenden, sorgt nun eine Studie für Zündstoff in der Linux-Gemeinde.

Stein des Anstoßes ist ein Testergebnis mit dem Titel: "Microsofts NT schlägt Linux bei der Performance". Das eigenen Angaben zufolge "Service-orientierte und unabhängige Testlabor" Mindcraft Inc. kommt zu dem Benchmark-Resultat: "Microsofts Windows NT Server 4.0 arbeitet als File-Server 2,5mal, als Web-Server sogar 3,7mal schneller als Linux." Ein Ergebnis, dessen Glaubwürdigkeit Linux-Anhänger in Frage stellen, zumal Microsoft auf Mindcrafts Web-Seite als Sponsor erwähnt wird.

Vertreter der Open-Source-Gemeinde kritisieren: Mindcraft habe den Benchmark-Test unter äußerst unfairen Voraussetzungen vorgenommen. So sei auf den getesteten Linux-Servern die Version 2.2.2 des Betriebssystem-Kernels zum Einsatz gekommen, obwohl das Release 2.2.3 längst verfügbar war. Darüber hinaus habe Mindcraft unterschiedliche Einstellungen der Raid-Controller für das Management der System-Festplatten verwendet.

Doch selbst diese Mängel hätte die Linux-Gemeinde noch akzeptiert, wäre zumindest die Optimierung der Testsysteme unter gleichen Voraussetzungen geschehen. "Der Benchmark zeigt eindeutig ein perfekt getuntes NT-System im Vergleich zu einem nicht optimierten Linux-Server", gibt Jeremy Allison, führender Entwickler im Samba-Team, zu bedenken.

Während dem Windows NT Server nicht weniger als 1012 MB Auslagerungsdatei zur Verfügung standen, wurde dem Linux-Server keinerlei Swap-Bereich zugebilligt. Dies wiegt um so schwerer, als Linux - unabhängig von der Größe des Arbeitsspeichers - bekanntlich unbedingt eine eigene Auslagerungs-Partition braucht.

Als Gipfel der Unverschämtheit empfinden die Open-Source-Anhänger allerdings das offizielle Statement von Mindcraft, dem freien Betriebssystem fehle es an einer akzeptablen Unterstützung: "Wir haben Fragen an mehrere Linux- und Apache-Newsgroups gestellt, aber keine relevanten Antworten erhalten", wirft das Testinstitut einer Gemeinde vor, die sich seit Jahren der Unterstützung Tausender freier Programmierer und Linux-Enthusiasten rühmt.

Auch eine entsprechende Dokumentation über die Konfiguration des Linux-Kernels 2.2.2 sei im Internet nicht zu finden gewesen. "Mindcraft hat von uns etliche brauchbare Informationen für das Tunen des Linux-Systems erhalten", kontert Eric Raymond, neben Linus Torvalds und Richard Stallman die Schlüsselfigur der internationalen Open-Source-Bewegung, "aber Anfragen unsererseits zu weiteren Informationen über die Testsysteme ignoriert und sogar unsere Tips während der Studie einfach in den Wind geschlagen." Samba-Programmierer Allison: "Ich habe sämtliche Datenbanken und Newsgroups im Web durchstöbert, aber keine einzige Nachfrage von Mindcraft gefunden.