NT hat nur maessigen Erfolg als Server-Betriebssystem SNI verweist im PC-Segment auf steigende Verkaufszahlen

11.02.1994

HANNOVER (jm) - Die Siemens- Nixdorf Informationssysteme AG (SNI) durchlebt ein Wechselbad der Gefuehle: Einerseits muss sie - abgesehen von herben Verlusten im Geschaeftsjahr 1993/94 - wie im Vorjahr auch heuer 5000 Arbeitsplaetze abbauen. Andererseits hat sie im PC-Segment lange vermisste Erfolgserlebnisse: Im Geschaeftsjahr 1992/1993 (Ende: 30. September 1993) verkaufte die Siemens-Tochter nach eigenen Angaben weltweit 260000 PCs, 70000 mehr als im Vorjahreszeitraum. Fuer das laufende Finanzjahr planen die Paderborner, 410 000 PCs abzusetzen.

Laut Bolko Kast, General Manager Marketing fuer PC-Systeme bei SNI, verbleiben 40 Prozent der in Augsburg gefertigten PCs in Deutschland, der Rest wird in Europa und Uebersee an den Mann gebracht. Da nach den Worten von Horst Nasko, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der SNI, das letzte Jahresviertel Oktober bis Dezember 1993 fuer SNIs PC-Division "extrem erfolgreich" verlaufen ist, laesst sich die fuer das vergangene Jahr abgesetzte Zahl an SNI-PCs auf mindestens 110 000 hochrechnen.

Dies ist im Lichte der allerdings bislang vorlaeufigen Absatzzahlen von PCs in Deutschland, wie sie das Marktforschungsinstitut International Data Corp. (IDC) aus Kronberg/Taunus fuer 1993 recherchierte, ein sehr achtbares Ergebnis (vgl. auch Seite 27).

Zwar kann man weder den ueber Handelsketten operierenden Vobis (300000 verkaufte PCs) und Escom (ueber 200 000 Stueck) noch IBM und Compaq mit je rund 200000 abgesetzten PCs das Wasser reichen. Gegenueber etwa Hewlett-Packard (50000 Stueck) haben die Paderborner jedoch die Nase recht deutlich vorn. Fuer das laufende Fiskaljahr rechnet SNI nach den Worten von Vorstandsmitglied Hartwig Rogge mit weltweit rund 410 000 verkauften PC-Systemen. Kast aeusserte gegenueber der COMPUTERWOCHE, er habe - als verantwortlicher SNI- Mann am Kap der guten Hoffnung - allein in Suedafrika fuer 10000 PCs Kaeufer gefunden.

Wesentlich zum PC-Erfolg tragen laut Rogge die auf nunmehr 30 Minuten pro Einheit um die Haelfte verkuerzte Fertigungszeit fuer PC- Systeme sowie die ebenfalls halbierte Produktfolgen-Zeitspanne von sechs Monaten bei.

SNI wird auf der CeBIT '94 uebrigens erste Pentium-PCs praesentieren, die mit 90 Megahertz getaktet sind. Offiziell stellt Intel diesen und einen mit 75 Megahertz getakteten Pentium-Chip erst Anfang April - und damit nach den 486-CPUs DX4 - vor.

Rogge, der mit der Aussage "Wir setzen nicht auf Subventionen, sondern auf technologische Fuehrerschaft und Chancengleichheit im internationalen Wettbewerb" wohl einen bissigen Seitenhieb gegen den franzoesischen Konkurrenten Bull austeilen wollte, kuendigte weiteren Personalabbau an. Er drueckte den Zwang zu fortgesetzten Kostenreduzierungen ueber Entlassungen allerdings eleganter aus: Bei gleichbleibendem Umsatz wuerden sich die Arbeitsinhalte und damit die Anzahl der erforderlichen Mitarbeiter in fuenf Jahren etwa halbieren. In der SNI-Produktion wuerde das momentan 7500 Beschaeftigte betreffen.

Hatte Nasko auf der Strategietagung der SNI im Februar 1993 noch hohe Erwartungen in Microsofts Betriebssystem Windows NT gesetzt, so revidierte er diese Einschaetzung in Hannover: "NT hat sich noch nicht so durchgesetzt, wie Microsoft hoffte." NT koenne er sich zwar als Client-Betriebssystem vorstellen. Auf Servern aber sehe er NT "in absehbarer Zeit" nicht. Hiermit bestaetigte der stellvertretende SNI-Vorstand indirekt Aussagen aus der Branche, dass Microsofts vermeintlicher Ueberflieger weit von einer allgemeinen Marktakzeptanz entfernt sei.