Upgrade in alle Richtungen möglich

Novell stimmt Intranetware auf kleine Netzwerke ab

07.02.1997

Was geraume Zeit in den Novell-Labors unter dem Arbeitstitel "Kayak" ausgetüfelt wurde, wird ab 14. Februar weltweit bei Händlern zum Kauf angeboten: eine abgespeckte Version von Intranetware. Die Company aus Provo, Utah, hat das neue Produkt, wie William Donahoo, Senior Director Marketing, mitteilte, speziell für kleine Betriebe und separat operierende Abteilungen in Unternehmen konzipiert. ISB ist für Mini-Netze mit maximal 25 Anwendern ausgelegt.

Die Lite-Version besitzt den gleichen Kernel wie der große Bruder Intranetware (Netware 4.11). Laut Novell sind damit sämtliche gängigen Netware Lodable Modules unter dem angekündigten Produkt zu verwenden. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Lösungen liegt in der deutlich reduzierten Funktionalität der Novell Directory Services (NDS). Bei ISB verfügen die NDS über keine Container und ermöglichen deshalb weit weniger Hierarchie- und Differenzierungsstufen im Verzeichnisbaum.

Die Entwickler haben der jüngsten Novell-Software außerdem noch bei anderen Features Fesseln angelegt. Das betrifft das LAN-Management, weil ISB nur als Single site administriert werden kann, dazu kommt ein eingeschränktes Konfigurationspotential für die Netz- und Anwenderverwaltung, verringerte TK-Dienste sowie der Wegfall der Möglichkeit, eigene Web-Sites zu pflegen.

"Die mächtigen Versionen der Netzwerk-Betriebssysteme wie Intranetware oder der NT Server stellen für kleinere Firmen einen absoluten Overkill dar", erklärte Novell-President Joe Marengi gegenüber der CW die Entwicklung der Lite-Version (siehe CW Nr. 5 vom 31. Januar 1997, Seite 8: "Das Internet hat den Blick auf das Netzwerk verändert"). Marengi weiter: "Warum soll der Kunde für Funktionen zahlen, die er nicht benötigt?" Statt dessen beabsichtigt Novell, das Produkt preisgünstig und aggressiv zu vermarkten. Offiziell nennt das Unternehmen einen Listenpreis von 895 Dollar für eine Server-Lizenz mit fünf Clients, eine Einzellizenz kostet 63 Dollar. Für das Upgrade von anderen Betriebssystemen, ob Novell-Produkte oder nicht, muß der Kunde 495 Dollar bezahlen. Die sogenannten Straßenpreise dürften aber rund ein Drittel unter den Listenpreisen liegen.

Die Rechnung von Novell könnte aufgehen. Marktforschern von IDC zufolge gibt es weltweit rund 6,4 Millionen Unternehmen, die fünf bis 25 PCs im Einsatz haben. 90 Prozent davon sind jedoch, wie Donahoo sagte, noch nicht vernetzt. Die Novell-Strategen hoffen nicht nur darauf, möglichst viele Lizenzen an diese Zielgruppe zu verkaufen, sondern auch, daß diese Klientel später, im Falle wachsender Netze, auf Intranetware aufrüstet. Eine Migration stellt laut Donahoo keine Gefahr dar, weil bei einem Upgrade die Anwender- und NDS-Einstellungen automatisch konfiguriert werden.

Stichwort Konfiguration: Da kleinere Unternehmen in der Regel keinen IT-Profi beschäftigen, hat Novell bei ISB versucht, sowohl die Installation als auch die Administration so einfach wie möglich zu gestalten. Zu diesem Zweck wurde mit "Novell Easy Administration Tool" (Neat) ein Interface entwickelt, das Netzverantwortliche bei der Konfiguration und Verwaltung von Nutzern, Arbeitsgruppen, Applikationen sowie Druckern im Netz unterstützt. In diesem Punkt hält Novell auch, was es verspricht. Die Software läßt sich in der Tat rasch installieren. Auch das Einrichten, Modifizieren sowie Löschen von Netz- und Teilnehmerdaten ist aufgrund der einfachen und übersichtlichen Menüführung von Neat weitgehend problemlos.

Halbherzig ist hingegen der ISDN-Support von ISB gelöst. Das Produkt unterstützt laut Donahoo zwar ISDN, doch sind diese Merkmale in der angekündigten Version nicht vorkonfiguriert. Kunden, die ISDN-Verbindungen nutzen, müssen sich die nötigen Utilities erst aus dem Web laden. Grund dafür dürfte sein, daß ISDN in den USA nicht so verbreitet ist wie in Europa.

Defizite weist das Produkt auch in Sachen E-Mail auf. Es enthält mit Ausnahme der Messaging-Funktionen des integrierten "Netscape Navigator 3.0" keine Nachrichtenelemente. Anwender, die elektronische Post verschicken oder empfangen wollen, müssen erst einen POP-3.0-Server installieren, um kommunizieren zu können. Entsprechende Programme von Drittanbietern sind zwar aus dem Internet abrufbar, doch eher aufwendig.

Komplette Fehlanzeige heißt es auch bei der Faxintegration. Allerdings verlautete aus Kreisen der Novell GmbH, daß Lösungen für das Problem Faxintegration und ISDN durch Dritthersteller kurzfristig gelöst werden sollen.

Die Zurückhaltung Novells beim Messaging liegt allerdings auf der Hand. Die Company würde zusätzlich zu ISB auch gern das eigene E-Mail-Produkt Groupwise an den Mann bringen, das sich in Europa bisher ohnedies schlecht verkauft. Ob Novell diesen Vorsatz auf Dauer durchhalten kann, ist fraglich. Hinter vorgehaltener Hand wurde in Provo bereits laut, daß in ISB schon bald Groupwise-Merkmale integriert werden sollen.

Fester Bestandteil der neuen Software ist hingegen "Netware Connect". Diese Komponente regelt den entfernten Zugriff auf das Intranet sowie das Pooling. Letzteres ermöglicht die geordnete Nutzung von Modem-, Telefon- und ISDN-Verbindungen und soll dadurch helfen, Kosten zu sparen. Netware Connect ist beim Zugriff auf das Internet für den IP-Verkehr zuständig, während ISP intern das Protokoll IPX verwendet. Für den Internet-Zugang zeichnet außerdem der "Novell Web Server 2.5" verantwortlich, der ebenfalls im Lieferumfang enthalten ist. Mit zu den Features von ISP zählt außerdem eine Online-Dokumentation im Hypertext-Markup-Language-(HTML-)Format.