Novell: Mehr Verkauf durch Beratung

11.12.2001
Von 
Riem Sarsam war Redakteurin des CIO-Magazins.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) – Im Geschäft mit Server-Betriebssystemen befindet sich Novell bereits seit geraumer Zeit auf dem absteigenden Ast. Die Netzwerker verloren in den vergangenen Jahren kontinuierlich Marktanteile an Windows und Linux. Mit dem Kauf von Cambridge Technology Partners soll nun Schwung in das Servicegeschäft kommen.

Jack Messman, Vorstandschef von Novell:

"Veränderungen in der Struktur und Größe unserer Organisation werden Novells operative Ergebnisse für das Finanzjahr 2002 verbessern."

„Es ist uns nicht gelungen, unseren Kunden eine großartige Technik auch als Lösung zu verkaufen“, legte Novell-COO Stewart Nelson unlängst den Finger in die Wunde. Was die Company nun retten könnte, seien die Berater von Cambridge Technology Partners. Durch sie, so hofft Nelson, ließe sich das Vertrauen in die Marke wieder stärken. Novell beherrscht laut IDC noch immer 17 Prozent des Marktes für Netz-Betriebssysteme. Trotzdem habe es das Unternehmen nicht geschafft, die gute Qualität seiner Produkte und Services hinreichend bekannt zu machen, meint Dan Kuznetzky, bei IDC Vice President für Systemsoftware.

Im vergangenen Jahr hatte Novell sich zur Umorientierung in Richtung Netzserviceanbieter entschlossen. Mit der jüngsten Version seines Betriebssystems Netware 6.0 läutete das Unternehmen die Ära der Web-Dienste ein. Dennoch soll das ehemalige Prestigeprodukt in der „One-Net“-Strategie nur noch einen untergeordneten Stellenwert einnehmen und als Basis für die Netzservices dienen, mit denen Novell in Zukunft sein Geld verdienen will.

Ein Blick auf die nun vorgelegte Jahresbilanz zeigt, dass Novell hier noch einige Hürden zu überwinden hat. Wegen des schwierigen Marktumfeldes, so CEO Jack Messman, sei der Umsatz mit IT-Services (ohne Cambridge) erstmal weiter gesunken. Immerhin trug das im Frühjahr übernommene IT-Beratungshaus im letzten Geschäftsquartal mit einem Umsatz von 75 Millionen Dollar 25 Prozent zu den Gesamteinnahmen des Konzerns von 308 Millionen Dollar bei. Insgesamt erwirtschafteten die Bereiche Consulting, Support und Schulung rund 30 Prozent des Gesamtumsatzes. Gleichzeitig belasteten jedoch einige Sonderaufwendungen die Bilanz. Der Kauf von Cambridge Technology Partners kostete 255 Millionen Dollar. Abschreibungen hierfür sowie für Aufwendungen für die Entlassung von über 1400 Mitarbeitern, das sind knapp ein Fünftel der Belegschaft, erhöhten die Sonderkosten auf über 110 Millionen Dollar. Novell schließt daher das Quartal mit einem Minus von mehr

als 94 Millionen Dollar ab. Das Defizit im vierten Quartal des Vorjahres hatte sich noch auf 34,9 Millionen Dollar belaufen. Auch für das traditionell schwache erste Quartal erwartet Messman noch keine Besserung.

Auch im gesamten Geschäftsjahr 2001 musste Novell wesentlich höhere Verluste hinnehmen. Das Minus stieg von 31,5 Millionen Dollar im vergangenen Jahr auf mehr als 120 Millionen Dollar. Auf der Umsatzseite gab es dagegen nur leichte Einbußen. Die Einnahmen der Netzwerker rutschten von 1,16 Milliarden Dollar im Vorjahr auf nun 1,04 Milliarden Dollar. Dabei belief sich der Anteil des Servicegeschäfts mit über 300 Millionen Dolar auf rund 30 Prozent. Während Messman für das erste Quartal einen Konzernumsatz zwischen 265 Millionen und 275 Millionen Dollar erwartet, mochte er für das gesamte Jahr keine genaue Prognose abgeben. "Für die Bilanz des Fiskaljahres 2002 erwartet das Unternehmen eine anhaltende leichte Steigerung des Umsatzes und des Gewinns", so die offizielle Stellungnahme. (rs)