Novell engagiert sich für Patentreformen

25.05.2007
Der Anbieter unterstützt die Electronic Frontier Foundation, um auf US-amerikanischer und internationaler Ebene grassierende Auswüchse bei der Nutzung von Patenten zu bekämpfen.

"Signifikante Ressourcen" will Novell zum Kampf gegen unangebrachte Patente beitragen. Zu diesem Zweck hat sich das Unternehmen mit der Electronic Frontier Foundation (EFF) zusammengeschlossen. Die gemeinsame Kampagne wird sich in erster Linie gegen das Patentunwesen richten, das im US-amerikanischen Rechtssystem um sich greift. Selbständig und über die EFF will Novell ferner insbesondere auf die World Intellectual Property Organization, eine Abteilung der UNO, Einfluss nehmen, die an einer Harmonisierung des internationalen Patentrechts arbeitet. Ausdrücklich gilt Novells Unterstützung auch der EFF-Initiative "Patent Busting", die den Widerruf von US-Patenten anstrebt, welche lediglich ältere oder banale Erfindungen zur Grundlage haben.

"Solange keine Bereitschaft aller Unternehmen besteht, Patente frei mit anderen zu teilen, fesseln sie im gegenwärtigen Patentsystem offene Standards und Interoperabilität", erklärte Nat Friedman, Chefstratege und technischer Direktor für Open Source bei Novell: "Sie behindern Innovation und Fortschritt, bedrohen die Entwicklung von freier und Open-Source-Software und frieren die Softwareentwicklung ein." Sein direkter Vorgesetzter, Jeff Jaffe, Executive Vice President und Chief Technology Officer bei Novell, ergänzte auf der Open Source Business Conference in San Francisco, Softwarepatente schadeten der IT-Branche mehr, als sie ihr nutzten. Novell werde die EFF direkt finanziell unterstützen.

Novells Koalition mit der EFF erweitert den Widerstand gegen das Patentunwesen in den USA. Dieser ist besonders breit in der IT-Industrie; die meisten Anbieter der Branche sind Mitglied in der Coalition for Patent Fairness, die in Washington auf eingehende Reformen des US-Rechts drängt. Entschiedener Widerstand kommt allerdings aus der Bio- und Pharmaindustrie, die sich gegen Generica (beispielsweise Nachahmungsmedikamente) schützen will. Kürzlich hat eine Entscheidung des obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten die Anfechtung banaler Patente deutlich erleichtert. Vor etwas mehr als einem Monat wurde im US-Kongress ein "Patent Reform Act" eingebracht, dessen Ziel ein weitgehend neues System zur Bewilligung von Patenten ist. Ein weiteres Anliegen ist die Ausschaltung von "Patent Trolls". Das sind Unternehmen, deren einzige geschäftliche Aktivität der Kauf oder die Einreichung von banalen Patenten ist, um anschließend andere Unternehmen oder Anwender um Entschädigungen zu erpressen. Diesbezüglich hat die EFF ihre Aktivitäten jüngst auf die Unternehmen Acacia Research und Acceris konzentriert. (ls)

Meine Meinung:

Novells Unterstützung der EFF ist zweifellos ein wichtiger Beitrag zum Kampf gegen die Auswüchse des Patentunwesens, das droht, von den USA auf die Welt überzugreifen. Gleichwohl steht das Unternehmen nicht plötzlich auf den No-Patents-Barrikaden. Novell beharrt sehr wohl auf seinen eigenen mehr als 500 Patenten und hat diese Position immer wieder bekräftigt. Die jetzt zugesicherte Unterstützung der EFF zeigt auf, dass in der IT-Industrie das Unbehagen über eine zu freizügige Patentvergabe so gewachsen ist, dass ihr auch solche demonstrativen Akte wie der von Novell angemessen erscheinen.

Allerdings ist das nur eine Seite der Medaille: In diesem Fall hat bei Novell sicherlich der Wunsch eine große Rolle gespielt, sich in Free- und Open-Source-Kreisen wieder beliebter zu machen. Ein PR-Manöver in Sachen Patenten ist gerade bei Novell das Mittel der Wahl. Denn das Unternehmen hat durch seinen Vertrag mit Microsoft die Möglichkeiten des Redmonder Konzerns verbessert, eine Patentangst-Kampagne gegen die Open-Source-Welt zu fahren. Microsoft sieht nach jüngeren Erklärungen 235 eigene Patente durch Linux und andere quelloffene Produkte verletzt und hat davon gesprochen, ihm stehe dafür eine Entschädigung zu (mehr dazu hier).

Mit einem ähnlichen Ansinnen - mit einer Klage gegen IBM aber noch kräftiger auf die Pauke hauend - hat SCO bereits den Beweis angetreten, dass heutzutage auch Lachnummern nicht von der Globalisierung ausgeschlossen sind. Das ermutigt offenbar die Open-Source-Anwender: Kürzlich ist im Internet die Initiative "DigitalTippingPoint.com" angetreten, in deren Rahmen Anwender Microsoft auffordern, "verklagt mich zuerst" (mehr dazu hier). Innerhalb der ersten drei Tage haben 830 Anwender unterzeichnet.

Ludger Schmitz