Peer-to-Peer-Computing in Reinkultur

Notes-Entwickler Ray Ozzie spürt nach Jahren wieder den Groove

10.11.2000
MÜNCHEN (CW) - Nach drei Jahren Entwicklungszeit kommt der "Notes"-Vater Ray Ozzie mit einer neuen Groupware auf den Markt. "Groove" fängt dort an, wo die alten Server-Lösungen aufhören: bei der direkten Kommunikation zwischen Menschen.

"Teilen" lautet das Prinzip hinter der Software Groove, die bislang in einer kostenlosen Testversion erhältlich ist (www.groove.net). In erster Linie geht es darum, Ideen und Informationen mit Kollegen, Bekannten und Verwandten auszutauschen. Alles funktioniert in Echtzeit, ohne dass ein zentraler Server die Sitzung überwachen muss.

Groove erinnert an einen aufgeblasenen Instant-Messaging-Dienst wie ICQ oder AOL. Per Einladung lassen sich andere Groove-Nutzer verschiedenen Gruppen zuweisen, um dann gemeinsam auf Inhalte zugreifen zu können. Der Content liegt auf den lokalen Rechnern der Mitglieder und wird von der Software automatisch für alle synchronisiert. Sollte ein Gruppenteilnehmer offline sein, erfolgt der Datenabgleich bei der nächsten Einwahl ins Web oder LAN.

Der Funktionsumfang ist bereits in der Preview-Version groß, lässt sich aber für jede Gruppe individuell festlegen. Beispielsweise gibt es Chat- und Notepad-Tools sowie eine "Schultafel" für gemeinsame Zeichnungen.

Gemeinsam zeichnen in EchtzeitAußerdem kann im Groove-Fenster ein Browser für paralleles Surfen gestartet werden, der Kalender nimmt die Termine der Gemeinschaft auf. Verschiedene Spiele ergänzen das Sortiment. Dass sich über Groove auch Sprachnachrichten live an alle angeschlossenen Mitglieder übertragen lassen, erscheint fast schon selbstverständlich.

Zusätzlich können verschiedene Dateien ähnlich einfach wie mit dem Windows-Explorer in die Gemeinschaft eingebracht werden. Auch diese Files stehen allen Nutzern lokal synchronisiert zur Verfügung. Ob Kollegen ihre Powerpoint-Präsentationen oder Freunde die neuesten Urlaubsfotos austauschen wollen, spielt dabei keine Rolle.

Erfolg verspricht sich Ozzie vor allem durch Unternehmen, die weitere Tools für die Software entwickeln - ein Prinzip, das nicht zuletzt Notes zum Durchbruch verholfen hat. "Bizarre Anwendungen" habe er für sein Lotus-Tool gesehen, auf deren Entwicklung er selbst nie gekommen wäre, so Ozzie. Ein Werkzeugkasten für Entwickler lässt sich kostenlos über das Web laden.

Groove basiert auf Microsofts Component Object Model (COM) und verwendet die Extensible Markup Language (XML) sowie Scriptsprachen. Gegenwärtig unterstützt die Software nur Microsoft-Betriebssysteme, eine Erweiterung auf Linux, Mac-OS sowie den Mobilfunk-Standard WAP ist geplant. Für Firmenanwender soll eine Groove-Version erscheinen, die sich entgegen dem ursprünglichen Ansatz von einem zentralen Server aus administrieren lässt. Das Firmen-Release wird etwa 50 Dollar pro Arbeitsplatz kosten. Privatanwender erhalten das Tool wohl kostenlos.