Benutzer dürfen sich nicht blind auf die Anbieter verlassen:

Normungsgremien wirken als das Zünglein an der Waage

11.09.1987

Unix ist nicht nur eine Sache der Software-Anbieter. Auch Normungsgremien und Benutzervereinigungen setzen sich zunehmend mit diesem Betriebssystem auseinander. Hier ein Überblick über die Aktivitäten der verschiedenen Organisationen in der Bundesrepublik und den USA.

Unix hat sich an den deutschen Hochschulen weitgehend durchgesetzt und kommt zunehmend auch in der kommerziellen DV-Welt zum Einsatz. Die damit verbundenen Aktivitäten an den Universitäten und in der Industrie führten im Jahre 1984 zur Gründung der GUUG (German Unix Users Group), der Vereinigung der deutschen Unix-Benutzer.

Hauptanliegen der Organisation ist ein möglichst umfassender, herstellerunabhängiger Informationsaustausch. Die GUUG verfolgt keine eigenwirtschaftlichen Interessen. Ohne Unterstützung durch Firmen ist ihre Arbeit deshalb kaum möglich. Deshalb erachtet es die Benutzervereinigung als wichtige Aufgabe, genau auf den Ausgleich aller Interessen zu achten.

Die erste GUUG-Jahrestagung fand 1985 in Frankfurt statt. Dieses Jahr ist das Meeting von 22. bis 24. September angesetzt. Veranstaltungsort ist Karlsruhe.

Parallel zu AT&T bildete sich in den USA recht früh eine Arbeitsgruppe der amerikanischen Unix-Benutzervereinigung (kommerziell orientiert) mit der Bezeichnung "/usr/group", um unabhängig von AT&T eine Standardbeschreibung zu erarbeiten. Dieses Werk bestand zunächst aus einer Sammlung von Definitionen, Vorschlägen (zum Beispiel "Wie soll eine einheitliche Kommandosyntax aussehen" oder "Wie sind Fehlermeldungen aufzubauen"), Ratschlägen ("Wie programmiert man portabel") und Artikeln, die zum größten Teil 1984 in einem Heft mit dem Titel "The /usr/group Standard" zusammengefaßt waren.

Um diese Entwürfe in einen echten Standard umzuwandeln, wurde diese Arbeitsgruppe der Vereinigung "/usr/group" aufgelöst und in eine Arbeitsgruppe des IEEE Institute of Electrical and Electronics Engineers) überführt. Das IEEE hat in den USA etwa die Funktion, welche in der Bundesrepublik der VDI besitzt - das heißt, die von ihm erarbeiteten Standardvorschläge sind zunächst Empfehlungen und nicht verpflichtend. Viele dieser Standards erreichen jedoch die Funktion eines Marktstandards oder gehen sogar zu einem späteren Zeitpunkt in ANSI-, DIN- oder ISO-Definitionen über. Die Arbeitsgruppe erhielt den Namen "P1003 Working Group". Sie unterteilt sich weiter in mehrere Arbeitsbereiche, wobei P1003.1 die Aufgabe hat, eine Definition vorzulegen für "ein auf Unix basierendes Standard-Betriebssystem und die notwendigen Umgebungen, welche es erlauben, Applikationen auf Quellcode-Ebene zu portieren".

Da man sich dessen bewußt war, wie schwierig es ist, die vielen Interessen unter einen Hut zu bringen, ein sich noch weiter entwickelndes Betriebssystem zu normieren, und man zu vielen Problemen noch keine Lösung hatte, erarbeitete das Komitee zunächst einen Versuchsstandard, den IEEE Trial-Use Standard Portable Operating System for Computer Environments". Das entsprechende Dokument wurde 1986 veröffentlicht. Um Problemen mit dem Warenzeichen Unix aus dem Wege zu gehen, erhielt das System den Namen Posix.

Dieser Standardentwurf umfaßt folgende Teile:

- Die Definition von Begriffen und Objekten, die in dem Entwurf benutzt werden. Bei den Objekten werden dabei deren Aufbau, die sie ändernden Operationen und die Wirkung dieser Operationen festgelegt.

- Die Betriebssystem-Schnittstelle und einen Grundstock an Bibliotheksfunktionen jeweils mit der Anbindung an die Sprache C.

- Schnittstellenaspekte bezüglich der Portabilität, des Formats von Datenträgern und bei der Fehlerbehandlung.

Im ersten Entwurf wurden die Bereiche Benutzerschnittstelle (und die Definition der minimal notwendigen Unix-Programme), das Thema Netzwerke, die grafische Schnittstelle, Datenbanken und Record-Ein-/-Ausgabe sowie Portabilität auf Objektformat- und Binärebene ausgeklammert. Für die Sprache C wird auf ANSI-C verwiesen. Ein endgültiger Standard soll Ende 1987 verabschiedet werden. Danach ist geplant, eine Test-Suite zu erstellen, welche es erlaubt, die Einhaltung des Posix-Standards zu überprüfen.

Quelle: GUUG-Tagungsband 1986, Jürgen Gulbins, PCS