Test der Traditionsmarke

Nokia und Smartphones – Ein Comeback mit Hindernissen

12.08.2015
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.

Alte Marken - neues Leben?

Das Wiederaufleben-lassen einst bekannter Marken im Smartphone-Markt ist an sich nichts Neues und dank der zunehmend langsameren Innovationsschübe und der Auslagerung der Produktion an asiatische Auftragsfertiger kein Hexenwerk. So versuchen in der jüngsten Zeit einst bekannte Marken wie Commodore oder Marshall (London) beziehungsweise deren Lizenznehmer ein Comeback - ohne dass sie jemals etwas mit Mobiltelefonen am Hut gehabt hätten.

Ich trage einen großen Namen: Das Ruggedized Smartphone Cat S40 von Bullit Mobile
Ich trage einen großen Namen: Das Ruggedized Smartphone Cat S40 von Bullit Mobile
Foto: Bullitt Mobile

Ähnliches gilt auch für die besonders robusten Cat Phones - hier lieh der Baufahrzeughersteller Caterpillar der Bullit Group seinen bekannten Namen. Etwas anders verhält es sich bei dem Namens-Deal von Alcatel mit TCL (Alcatel OneTouch): Hier nutzt der chinesische Elektronikhersteller den bekannten Namen nach der hundertprozentigen Übernahme eines gemeinsamen Handy-Joint-Ventures im Jahr 2005 weiter. Allerdings legt TCL großen Wert darauf, dass mit dem Deal auch ein Großteil der Handy-Designer von Alcatel wechselte.

Auch Nokia ist davon überzeugt, dass es seinen klingenden Markennamen mit Erfolg versilbern kann - immerhin führten Millionen oder gar Milliarden von Menschen ihr erstes Handy-Telefonat mit einem Nokia-Gerät, in einigen Ländern werden (oder wurden) die Begriffe Mobiltelefon und Nokia gar als Synonyme gebraucht.

Es gibt allerdings auch Dinge, die dagegen sprechen. So belegten die Finnen zwar von 2001 bis 2009 in der von Interbrand geführten Liste der 100 bekanntesten Markennamen zwar immer einen der ersten fünf Plätze. Im vergangenen Jahr befand sich Nokia allerdings bereits auf Rang 98 und könnte 2015 komplett von der Liste der 100 bekanntesten Marken verschwinden. Interbrand führt jedoch nicht als Einzige eine solche Liste: Bei einer Übersicht über verschiedene Brand-Rankings wie sie Ranking the Brands bietet, zeigen sich auch Sweet Spots für Nokia. In den skandinavischen Ländern etwa wird die Marke trotz der vorangegangenen Wellen an Massenentlassungen und Werksschließungen nach wie vor vergleichsweise hoch bewertet. Hierzulande dürfte Nokia hingegen mit der Schließung des Werks in Bochum verbrannte Erde hinterlassen haben.

Patentschatz als Joker

Immerhin: Ein möglicher Vorteil ergibt sich trotzdem, wenn Nokia bei dem Brand-Licence-Deal seinen Patentschatz mit ins Spiel bringt. Aktuell entrichten praktisch alle führenden Hersteller von Android-Smartphones, sowie eine ganze Reihe von Auftragsfertiger Lizenzgebühren an Microsoft, Schätzungen zufolge handelt es sich hier um einen Betrag von bis zu sechs Dollar je Gerät. Im hartumkämpften Smartphone-Markt, wo Newcomer wie die chinesische Xiaomi oder Indiens Micromax den Einstiegspreis laufend weiter nach unten drücken, könnte ein Verzicht auf diese Abgaben über Gewinn oder Verlust eines Produkts entscheiden.

Mit Android kommt die Wende?

Bei der Analyse muss man sich auch in Erinnerung führen, dass es keine zwei Jahre her ist, dass Nokia noch eigene Handys und Smartphones hergestellt hat - und das ziemlich erfolglos. Während die Übertragung von Fertigung, Vertrieb und Marketing an einen Partner zwar das Problem der damals hohen Kosten lösen kann, hat sich an der damals geringen Nachfrage wohl kaum etwas verbessert. Schlimmer: Der Wettbewerb spitzt sich zu, während sich eine allmähliche Sättigung im Smartphone-Markt, insbesondere in den Industrieländern, abzeichnet.

Es sei denn - und hier begeben wir uns von den Fakten ins Reich der Spekulationen, das damals gewählte Betriebssystem Windows Phone war an allem Schuld. Tatsächlich wird dieser Punkt heftig diskutiert, seit der damalige CEO Stephen Elop im Februar 2011 ankündigte, die zukünftigen Nokia-Smartphones statt mit dem Betriebssystem Symbian mit Windows Phone auszustatten. Falls die neue Strategie von Nokia mit Android tatsächlich aufgeht, steht zumindest nachträglich fest, dass Elop (auch) in diesem Punkt falsch lag.