N-Gage

Nokia N-Gage: Handy-Hersteller setzen alles aufs Spiel

08.04.2008
Von Handelsblatt 
Nokia startet durch: Der finnische Handy-Konzern bietet nun Spiele für seine Konsole N-Gage im Internet auf einer speziellen Plattform zum Download an. Damit will Nokia den Marktführer Nintendo angreifen.

Nach zwei Notbremsungen startet Nokia jetzt noch einmal durch: Seit gestern bietet der weltgrößte Handy-Hersteller seine seit langem angekündigte Spieleplattform N-Gage im Internet an. Über zunächst fünf Handy-Modelle des finnischen Konzerns lassen sich Spiele von der Plattform herunterladen. Ursprünglich hatte Nokia den Dienst bereits im vergangenen Jahr starten wollen, doch wegen technischer Schwierigkeiten wurde der Stapellauf zweimal verschoben. Mit der Online-Game-Plattform unternimmt Nokia einen zweiten Versuch, dem Marktführer bei mobilen Spielen, dem "Game Boy" von Nintendo, Paroli zu bieten. Bereits Ende 2003 hatten die Finnen ein eigenständiges N-Gage-Gerät auf den Markt gebracht. Doch die Kinderkrankheiten ließen den Vorstoß scheitern.

Mit der N-Gage-Plattform hofft Nokia nun, sich noch ein ordentliches Stück vom Spiele-Kuchen abschneiden zu können. Doch die Finnen sind nicht allein mit ihrem Versuch, neue Einnahmequellen zu erschließen: Bereits im kommenden Monat will das japanisch-schwedische Gemeinschaftsunternehmen Sony-Ericsson mit einem aufgewerteten Online-Portal an den Start gehen. Der südkoreanische Handy-Hersteller Samsung bietet ebenfalls Handy-Spiele an.

Dass die Handy-Produzenten nach neuen Einnahmequellen suchen, hat einen Grund: Während der Verkauf ihrer Geräte in den Industrieländern stagniert, haben die Marktforscher von Gartner in einer kürzlich veröffentlichten Studie errechnet, dass der mobile Spielemarkt sich in den kommenden drei Jahren auf rund 4,3 Milliarden Euro verdreifachen wird. Und die Gartner-Experten erwarten, dass grafisch aufwendige Handy-Spiele in wenigen Jahren mehr Anhänger haben werden als die heutigen Playstation- und Xbox-Spiele.

Erwünschter Nebeneffekt mit dem Einstieg in den Spielemarkt: Handy-Hersteller wie Nokia und Sony Ericsson glauben, dass es mit dem Zusatzangebot leichter werden wird, teurere Multimedia-Handys zu verkaufen. Der Aktienkurs von Nokia stieg in den zurückliegenden beiden Wochen um knapp 20 Prozent auf über 22 Euro. Nokias Vorstoß entspricht der Strategie des Handy-Riesen. Sein CEO Olli-Pekka Kallasvuo sagte bereits im vergangenen Herbst dem "Handelsblatt", dass sein Unternehmen zu einer "Internet-Company" werde.

Die Mobilfunkbetreiber stehen der neuen Ausrichtung von Nokia und Co. skeptisch gegenüber. Die Handy-Hersteller dringen in ihre Domäne ein, dem Verkauf von Musik, Spielen und anderen Inhalten. "Es hat eine Machtverschiebung gegeben: Früher waren die Telekom-Konzerne die Riesen, heute ist es Nokia", meint Telekom-Analyst Anders Elgemyr von der Glitnir Bank in Stockholm. Offen wollen sich die Telekom-Konzerne nicht mit dem Handy-Riesen aus Finnland anlegen, doch hinter vorgehaltener Hand gibt es Kritik. Kein Wunder, denn die Mobilfunkbetreiber fürchten, über kurz oder lang auf eine simple Rolle als Betreiber technischer Infrastruktur reduziert zu werden.

Der Start von Nokias N-Gage-Plattform ist von Spielefans zunächst verhalten positiv aufgenommen worden. Allerdings wurde in Foren bemängelt, dass die Downloads bis zu 40 Minuten dauerten. Die Spiele kosten per Download zwischen sieben und zehn Euro. Preiswerter geht es mit einem Kurzzeit-Abo: Für rund zwei Euro kann man ein Spiel einen Tag lang testen, für bis zu fünf Euro gibt es ein Wochenabo. Zum Start stehen etwa 30 Spiele zur Verfügung, bis Ende dieses Jahres sollen es doppelt so viele sein.