Start des Bildschirmtext-Versuchs:

Noch Plätze für Btx-Pioniere im ganzen Land

13.02.1981

WIEN (eks) - Am 2. März ist es soweit. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten startet der Pilot-Versuch Telefon-Bildschirmtext. Bis jetzt fanden sich etwa hundert Pioniere bereit, zu mäßigen Postgebühren und nicht unbeträchtlichen Anschaffungskosten für die Ein-/Ausgabegeräte an diesem Versuch teilzunehmen. Die Versuchsdauer ist bis Mitte 1982 geplant. Ab 1983 könnte es dann einen definitiven Postdienst Bildschirmtext geben.

Auch Osterreich experimentiert mit dem neuen Textkommunikationssystem des Telefon-Bildschirmtextes. Anders als in der Bundesrepublik, wo der Versuch nur in Berlin und Düsseldorf läuft, kann man in ganz Osterreich Teilnehmer sein. Erforderlich ist lediglich ein Einzelanschluß, in Österreich "ganzes" Telefon genannt. Die Gebühren (siehe Tabelle 1) sind äußerst gering und wurden vor kurzem sogar noch weiter reduziert. Fast muß man fragen, ob die Einhebung überhaupt lohnt.

Begnügt man sich mit der niedrigen Übertragungsgeschwindigkeit von 75 bps, so kann die Bildschirmtextstelle im Wiener Arsenal von ganz Österreich aus zum Ortstarif und mit einheitlicher Rufnummer (02 29 08) erreicht werden. Übertragungen mit höheren Geschwindigkeiten 300 und 1200 bps (derzeit noch nicht möglich) werden jeweils normale Gesprächsgebühr kosten.

Als Ausrüstung auf der Teilnehmerseite sind derzeit nur Geräte der Firmen ITT und Philips verfügbar (siehe Tabelle 2), jedoch sind gemäß Teilnahmebedingungen auch Btx-Einrichtungen zulässig, die hinsichtlich Aufbau und Funktion keine Beeinträchtigung des Betriebs erwarten lassen. Sparsame Informationsanbieter können sich auch posteigener Eingabeeinrichtungen bedienen. Dies kostet, je nachdem ob der Teilnehmer selbst in die Tasten greift oder dazu einen Postfuchs mietet, 60 oder 270 Schilling je Stunde.

Knapp über hundert Teilnehmer (Tabelle 31 haben sich bis jetzt gemeldet, so daß auch Zögernde noch die Chance haben, zu den maximal 300 Versuchskaninchen zu stoßen. Politische Parteien sind vorläufig zurückhaltend, doch wurde manche parteinahe Organisation vorgeschickt. Zahlreiche neue Studiengesellschaften und Dienstleister wittern ihre Marktchance.

Auf seiten der Post wurde ein General Electric-Rechner 4065 samt der in England verwendeten Prestel-Software für etwa 10 Millionen Schilling importiert. Weitere 4 Millionen wurden in Modems investiert, für 2,5 Millionen kaufte man Prüf- und Meßgeräte. Für 1,5 Millionen Schilling wurde das Rechenzentrum errichtet und mit 1,2 Millionen die sonst fast unerschwinglichen Decoder subventioniert. Ohne Personalkosten läßt Österreichs Post also etwa 20 Millionen Schilling für den Btx-Versuch springen. Den Teilnehmern stehen zunächst 50 000 Btx-Seiten auf zwei 70MB-Platten zur Verfügung.

Farbenpracht gegen Gebühr

Sieben Farben (rot, grün, gelb, blau, magenta, cyan und weiß) erlauben Schrift und Grafik mit doppelter Schrifthöhe, Blinken, verdeckte Schrift, Hintergrundfarben und Separierung von Feldern. Technisch stehen 24 Zeilen zur Verfügung, von denen aber nur 22 individuell gestaltet werden können. Die Zeile 1 enthält Informationen über den Anbieter, Seitennumerierung, Zugangssperren und Gebühren. In Zeile 24 erscheinen Systemmeldungen für den Teilnehmer. Als Gebühr für das Aufrufen einer Seite können Beträge zwischen 10 Groschen und 50 Schilling verrechnet werden, jedoch muß auf der vorangehenden Seite ein entsprechender Hinweis stehen.

Seiten können auch gesperrt werden. Entweder sind sie dann nur einem bestimmten Teilnehmerkreis zugänglich, oder während einer Änderung wird jeder Zugriff verhindert.

Ausbau geplant

Der Informationsanbieter erhält eine Statistik über die Zugriffe zu einzelnen Seiten, so daß auch ein Rückschluß auf den Informationswert möglich ist.

Vorläufig ist die Kommunikation noch auf die vom Anbieter vorgegebene Seitenabfolge beschränkt. Im endgültigen System werden auch Dialoge mit dem Rechner und individuelle Mitteilungen von Teilnehmer zu Teilnehmer möglich sein.

Da die Bildqualität bei Bildschirmtext naturgemäß unbefriedigend ist und nur einfache Grafiken zuläßt, entwickelt einer der Väter des österreichischen Versuchs, Prof. Maurer von der TU Graz, derzeit ein Zusatzgerät auf Schmalfilmbasis. Dieses Gerät soll über eine V24-Schnittstelle den Abruf eines Einzelbildes aus vielen tausend Bildern binnen Sekunden ermöglichen.

Rechts- und andere Probleme

Ein wenig leicht hat es sich die Postverwaltung mit den anstehenden rechtlichen Problemen gemacht. Lakonisch verwies Generaldirektor Übleis darauf, daß ein Versuch eben dazu diene, Schwierigkeiten erkennbar zu machen, darunter auch rechtliche.

Das Anbieten von Informationen ist (außer bei Medienunternehmen gem. ° 54 DSG) zweifellos als Übermittlung im Sinn des Datenschutzgesetzes anzusehen. Daraus folgt zweierlei:

1. Registrierung ist erforderlich, da im alIgemeinen keine Rechtsbeziehung zwischen Informationsanbieter und Betroffenem besteht.

2. Zustimmung des Betroffenen ist vor Einspeicherung einzuholen.

Bei der Registrierung treten jedoch weitere Probleme auf. Die Angabe Bildschirmtext-Teilnehmer" als Speis der Empfänger ist zwar vage, wird vom DV-Register aber vermutlich akzeptiert werden. Schwieriger ist es, die grundsätzlich unformatierte Textinformation nach Wunsch der Registerbehörde feinsäuberlich in fortlaufend numerierte Datenfelder zu hacken. Grundsätzlich unmöglich ist nach dem jetzigen Leistungsangebot der Post der Nachweis über stattgefundene Übermittlungen der gem. ° 25 (1) DSG erforderlich, in weiser Voraussicht aber nicht sanktioniert ist.

Überhaupt werden im elektronischen Selbstbedienungsladen Nachweise kaum zu führen sein. Die Post macht lediglich in bestimmten Zeitabständen Plattenabzüge. Zwischendurch geänderte Seiten sind dahin, sofern sie nicht zufällig von irgendwem ausgedruckt wurden.

Gewarnt werden muß auch vor zu hohen Erwartungen bezüglich der Übertragungsqualität. Die posteigene Informationsstelle empfiehlt zunächst probeweise Anschaltung mit Leihgeräten. In einigen Teilen des österreichischen Telefonnetzes könnte es dem lnformationsanbieter nämlich leicht passieren, daß er durch dauernde Übertragungsfehler keine korrekte Seite über die Leitung bringt.

Informationen: ADV, 1010 Trattnerhof 2, 52 32 71: ITT Bildschirmtextsevice Tel.: 93 05 18;

Österreichische Computergesellschaft (Arbeitskreis Bildschirmtext) 42 4t 21;

Österreichische Postverwaltung Bildschirmtextstelle 78 15 11/585;

Philips (Herr Kovarik) 64 55 21/534.