Notes und Alternativen/Kommunikationsinfrastruktur bei SAP im Wandel

Noch kann sich Notes gegen Internet und Co behaupten

05.01.1996

Da die traditionelle Verteilung von Informationen in Papierform lange dauert und zudem hohe Produktionskosten nach sich zieht, entschloss sich die SAP fruehzeitig, in neue elektronische Informationskanaele zu investieren. Seit Anfang 1993 stellt das Unternehmen allen Mitarbeitern und interessierten Partnern sowie Kunden relevante Informationen via Lotus Notus zur Verfuegung.

Zur Zeit arbeiten schon ueber 5600 interne Nutzer mit diesem Dienst. Mit der Einfuehrung eines elektronisch verfuegbaren Informationssystems entsprach das Softwarehaus dem wachsenden Informationsangebot, das auf allen Unternehmensebenen anfiel und mit alten Instrumenten nicht mehr zu bewaeltigen und zu verteilen war. Fuer die Wahl von Notes als interner Informationskanal sprachen viele Kriterien.

So unterstuetzt das Groupware-Produkt Remote-User und bietet durch eine moderne Benutzeroberflaeche eine einfache und effektive Handhabung. Ein weiterer wichtiger Grund: Notes ermoeglicht das Erstellen von "Compound Documents", das heisst, Buttons, Grafiken, Tabellen, Text und Dateianhaenge sind in einem Dokument verfuegbar. Zudem sprach fuer das Produkt, dass es sich als Standard im Bereich Groupware bereits bewaehrt hatte und eine schnelle weltweite Verteilung von Informationen garantierte.

SAP fuehrte Notes stufenweise ein. In der ersten Phase wurde Groupware fuer 30 User aus dem Marketing und dem Vertrieb installiert. Sie erhielten online Informationen, die vorher nur in gedruckter Form vorlagen. Bis Ende 1993 wurden in einem zweiten Schritt alle Marketing- und Vertriebsmitarbeiter, die ersten wichtigen europaeischen Niederlassungen sowie SAP America an den neuen Informationskanal angeschlossen. Schon ein Jahr spaeter hatten alle Mitarbeiter Zugriff. Jede Niederlassung erhielt einen eigenen Notes-Server.

Mit dem weiteren Ausbau in der eigenen Organisation war es fuer das Notes-Projektteam (Infoline) jedoch nicht getan. Nach dem deckenden internen Angebot des Informationskanals entschloss sich die Unternehmensleitung im August 1994, die europaeischen Partner mit in den Informationsfluss einzubeziehen. Mittlerweile nutzen 158 Partner den Zugriff auf den Kanal, und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen.

So vollzieht sich aufgrund der erfolgreichen Oeffnung derzeit das Roll-out von Notes fuer die amerikanischen und asiatischen Partner. Darueber hinaus sind etwa zehn Kunden aus Europa eingebunden. Alle externen Nutzer erhalten die Informationen gratis. Jedoch entstehen ihnen Kosten fuer Hard- und Software, die Erstinstallation sowie Leitungsgebuehren bei der Replikation der Daten.

Natuerlich verlangt der Infoservice aufgrund seiner hohen User-Zahl ein personell entsprechend ausgestattetes Backoffice. Dieses Team besteht aus sieben Mitarbeitern, darunter zwei Systemadministratoren, die ausschliesslich fuer den Betrieb zustaendig sind und die einzelnen Laender via Mail, Telefon oder persoenliche Besuche unterstuetzen. Darueber hinaus wurden fuer jede Niederlassung Systemadministratoren ausgebildet, die fuer den technischen Support, den Server und die Installationen in ihrer Niederlassung verantwortlich zeichnen.

Zudem gibt es in jeder Abteilung des Hauses einen sogenannten Poweruser, der fuer Training und Support seiner End-User zustaendig ist. Schulung ist Pflicht fuer die Nutzer.

Die Infoline dient in erster Linie als vielfaeltiges Informationssystem in englischer Sprache. Ueber alle relevanten SAP-Themen liefern die verschiedenen Datenbanken einheitliche, nicht redundante und leicht auffindbare Informationen.

Im Bereich Produkt und Strategie finden die Nutzer, wie der Name schon sagt, Informationen zu Strategien und Produkten der SAP sowie genaue Daten zu den R/3-Installationen und Funktionalitaeten, die in den einzelnen Modulen vorhanden sind. Hinzu kommen Release- Informationen und genaue Angaben zu den verfuegbaren Plattformen fuer R/2 und R/3. Ferner koennen die Notes-Nutzer Informationen zu SAP-Partnern abrufen. Informationen ueber Usergroups, zu Veranstaltungen des Hauses sowie zu den Schulungsplaenen und - inhalten bietet die Datenbank im Bereich Service, in der zudem ein R/3-Installationsfuehrer abgelegt ist. In der Datenbank Newswire finden die Nutzer alle Pressemitteilungen sowie tagesaktuelle Clippings aus verschiedenen Medien und Nachrichtenagenturen zu relevanten Themen.

Spezielle Zielgruppeninformationen fuer die Bereiche Marketing, Consulting und Vertrieb sind ebenfalls aus Notes abrufbar. Hinzu kommen einzelne Projektdatenbanken, in denen Berater mit Kunden Informationen ueber das gemeinsame Projekt und seinen Verlauf zusammenstellen, damit jeder autorisierte Projektmitarbeiter aktuelle Informationen online abrufen kann. Fuer die Pflege und Aktualisierung der Inhalte sind die Fachabteilungen zustaendig. Dabei erhaelt jede hinterlegte Datei wichtige Punkte zum Charakter der in dem Dokument gespeicherten Informationen. So ist gekennzeichnet, ob die Information bereits verfuegbar ist oder sich noch in der Planphase befindet. Angaben zum Autor und zum Datum, an dem die Information erstellt wurde, sind ebenfalls im Dokument gespeichert.

Massendaten aus SAP-Systemen in Notes

Die angelegten Workflow-Funktionalitaeten nutzt SAP nicht. Gleiches gilt fuer die Mail-Komponente: Zu diesem Zweck steht den Mitarbeitern das in R/3 angelegte Mail-System fuer die interne und externe elektronische Kommunikation zur Verfuegung.

Fuer die Verbindung zwischen Notes und anderen Softwaresystemen hat SAP keine Schnittstellen entwickelt. Vielmehr wird ein Produkt von Lotus CSG zum Up- und Downloaden von sequentiellen Daten im ASCII- Format eingesetzt, um Massendaten aus den SAP-Systemen in Lotus Notes darzustellen, beispielsweise die Trainingstermine. Darueber hinaus ist die Groupware nicht mit Online-Verbindungen gekoppelt. Vielmehr ist die Remote-Nutzung das dominierende Element.

Hohe Akzeptanz bei den Nutzern

Die Moeglichkeiten des Workgroup-Computing via Notes wurden positiv aufgenommen. Dies dokumentiert die Zahl der taeglichen Zugriffe, die bei zirka 20000 liegt. Bei den ueber 5600 internen Anwendern entspricht dies etwa vier bis fuenf taeglichen Zugriffen pro Nutzer. Mit dieser hohen Resonanz ist das Team der Infoline zufrieden: "Es hat sich schnell gezeigt, dass wir das richtige elektronische Medium gefunden hatten, um wichtige und umfassende Informationen schnell fuer alle Mitarbeiter vorhalten zu koennen." Dabei habe sich ausgezahlt, dass fast alle geschult wurden, damit sie die Angebote auch wirklich effektiv nutzen. Dass sich mehr und mehr Partner sowie Kunden an den Service ankoppeln, ist fuer das Team ebenfalls Indiz dafuer, einen wichtigen und richtigen Schritt getan zu haben. Mittlerweile ist die Groupware-Anwendung kaum mehr aus dem Alltag der SAP-Mitarbeiter wegzudenken.

Der Qualitaet der Inhalte kommt zugute, dass alle Abteilungen die bei ihnen anfallenden Informationen von allgemeinem Interesse schnell und bereitwillig in Lotus Notes bereitstellen. Dies zeigt, dass Notes auch von der Angebotsseite akzeptiert wird, ein Umstand, von dem die in den Informationsfluss integrierten Partner und Kunden stark profitieren.

Ein Punkt muss kritisch angemerkt werden: Die Installation von Lotus Notes und der Aufbau der Infrastruktur zogen hohe Kosten nach sich. Daher arbeitet die SAP zur Zeit an Szenarien zur Kostenreduzierung.

Mit der Nutzung der Online-Dienste WWW, Compuserve und Microsoft Network seit August 1995 hat sich die SAP weitere Wege der Informationsvermittlung und der Kommunikation erschlossen, die fuer das Unternehmen zentrale Bedeutung gewinnen. Bisher ergaenzen sich beide Medien, und SAP nutzt die in Notes aufbereiteten Informationen auch fuer die Online-Dienste. Doch zeichnet sich ab, dass WWW und Compuserve sowie die anderen von der SAP benutzten Online-Dienste eine ernsthafte Konkurrenz fuer Notes darstellen. Zum einen lassen sich Informationen ueber diese Online-Dienste in vielfaeltiger Weise multimedial aufbereiten, zum anderen vereinfachen diese Dienste den Administrationsaufwand und sind dabei erheblich kostenguenstiger. Vor allem Partner, Kunden und Interessenten koennten sich daher fuer diesen Weg entscheiden, um wichtige Informationen ueber SAP und dessen Produkte abzufragen.

*Frank Schnabel ist Pressereferent der SAP AG in Walldorf.