Vergleich zwischen ATM und Fast Ethernet als FDDI-Herausforderer

Noch behauptet FDDI seine Position im Backbone

08.11.1996

Ursprünglich nur für den schnellen zentralen Datentransport konzipiert, sind Netzwerk-Backbones heute einer der wichtigsten Bestandteile der Netze. Sie müssen hohen Anforderungen in punkto Zuverlässigkeit, Skalierbar- und Administrierbarkeit genügen.

Im wesentlichen erledigen Backbones zwei Aufgaben: Sie ermöglichen langsamen Clients den Zugriff auf eine kleine Anzahl von High-speed-Servern und verbinden diese untereinander mit einer adäquaten Transferrate. Darüber hinaus sollte das ideale Backbone über ausgeklügelte Management-Mechanismen verfügen und eine robuste Fehlertoleranz aufweisen, so daß beim Ausfall eines Netzsegments die Mission-critical-Server immer noch erreichbar sind.

Derzeit gibt es jedoch keine Technologie, die all diese Anforderungen erfüllt, so daß die Entscheidung für ein Netzwerk-Backbone nur im Zusammenhang mit den Unternehmensprämissen getroffen werden kann.

Letztlich muß sich also jeder IS-Manager die Frage stellen, ob für ihn Kosten, Skalierbarkeit oder Geschwindigkeit die höchste Priorität haben. Um eine Orientierung für die Entscheidungsfindung zu geben, verglich die CW-Schwesterpublikation "Infoworld" drei High-speed-Verfahren für LAN-Backbones: das bewährte Fiber Distributed Data Interface (FDDI) sowie die Herausforderer Fast Ethernet und Asynchronous Transfer Mode (ATM) mit 155 Mbit/s.

Im Gegensatz zu FDDI wurden die beiden neuen Verfahren nicht speziell für den Einsatz in Netzwerk-Backbones entwickelt. So liegt bei Fast Ethernet eine Analogie aus der Sportwelt nahe: eine mit Steroiden auf Hochleistung getrimmte Desktop-Technologie. ATM auf der anderen Seite wurde dagegen von der Telecom-Industrie primär für ihre eigenen Zwecke entwickelt.

Um den Vergleich möglichst praxisnah zu gestalten, legte die "Infoworld" den Fokus auf die prinzipiellen Vorzüge der drei Verfahren und berücksichtigte keine spezifischen Implementierungen, wie sie einige Anbieter im Programm haben.

So bieten die Hersteller teilweise proprietäre virtuelle LAN-Lösungen für Fast Ethernet an, die die Robustheit von ATM erreichen - aber diese Ansätze sind kostspielig und beruhen nicht auf öffentlichen Standards.

Eine andere Erfahrung betraf die Auswahl des Testequipments. Zwar vermarkten mehrere Hersteller alle drei Verfahren, doch ihre Marktpräferenzen wurden deutlich, als die eine oder andere Technologie für den Test angefordert wurde. So leugneten ironischerweise einige Hersteller, FDDI-Produkte zu vertreiben, wohl aus Angst, diese Gattung könnte in einem Vergleichstest den kürzeren ziehen. Andere Hersteller scheinen derart stark auf die Fast-Ethernet-Karte zu setzen, daß sie nicht mit den anderen Mechanismen in Verbindung gebracht werden wollten.

Letztlich bestand das ATM-Testfeld aus Komponenten von Fore Systems Inc. und Adaptec Inc. Von Fore stammten der Backbone-Switch "ASX-200BX" und die beiden Ethernet-Workgroup-Switches "ES 3810", die in Verbindung mit Adaptecs Netzadapter "ATM155 for PCI ANA-5940" eingesetzt wurden. Das Fast-Ethernet-Lager vertraten Network Peripherals Inc. mit dem Backbone-Switch "Nuswitch FE-1200" sowie Asante Technologies Inc. Asante steuerte den Edge-Switch "Ready Switch 5104" sowie die Netzkarten "Asantefast 10/100 PCI, PC Edition" bei. Für FDDI stellten sich wiederum Network Peripherals sowie die Interphase Corp. dem Vergleich. Während Network Peripherals die Switches "FD-212F" lieferte, kamen von Interphase die Adapterkarten "5511 PCI FDDI".

Um eine typische Backbone-Implementierung nachzubilden, wurde ein Testnetz aufgebaut, das aus fünf Servern, einem Backbone-Switch, zwei Edge-Switches und 56 Clients bestand. Jeder Server war direkt mit dem Backbone-Switch verbunden, der unter Verwendung der gleichen Technologie mit den Edge-Switches verknüpft war. Diese wiederum unterstützten vier 10Base-T-Segmente mit fünf beziehungsweise acht Clients. In dieser Konfiguration wurden die drei Kandidaten in den Kategorien "Setup und Installation", "Geschwindigkeit (Tag- und Nacht-Benchmarks)", "Administrierbarkeit", "Troubleshooting und Fehlererkennung" sowie "Preis" bewertet (siehe Tabelle).

In Sachen "Setup und Installation" konnte sich Fast Ethernet mit deutlichem Abstand vor die Konkurrenten setzen. Vor allem die große Verfügbarkeit an Netware- und NT-Treibern sowie die wenigen Konfigurationsparameter überzeugten in dieser Disziplin. Weniger gefiel dagegen die Beschränkung auf eine Kabellänge von 100 Metern, die eine sehr genaue Netzplanung erfordert. Ähnlich verhielt es sich mit FDDI, hier war lediglich bei der Verkabelung ein signifikanter Unterschied festzustellen: Aufgrund der Ringtopologie gibt es keinen zentralen Punkt, an dem alle Leitungen zusammenlaufen. Anders gestaltete sich die Installation von ATM. Hier erforderte die Konfiguration der LAN-Emulation umfangreiche Vorarbeiten. Ebenso erwies sich das Hinzufügen von Backbone-Switches und Edge-Devices als schwierig und zeitaufwendig.

Bei der "Geschwindigkeit" lagen die drei Technologien zumindest tagsüber während des Zugriffs der Clients nahezu gleichauf. Lediglich ATM wies eine um etwa sieben Prozent höhere Performance auf. Mit 25 Prozent fiel der ATM-Vorsprung beim Nacht-Benchmark allerdings deutlich höher aus. Das Plus dürfte im wesentlichen auf der ATM-Fähigkeit beruhen, größere Pakete für die Server-Kommunikation verwenden zu können.

In der Disziplin "Administrierbarkeit" hatte ATM ebenfalls die Nase vorn. Vor allem die zahlreichen Konfigurationsmöglichkeiten für fast jeden Einsatzaspekt halfen dem Verfahren an die Spitze. Von virtuellen Circuits bis hin zur LAN-Emulation ließ sich jeder Punkt bis in das kleinste Detail einstellen - ein Kriterium, bei dem die beiden Konkurrenten die Segel streichen mußten. Lediglich die SNMP-Unterstützung verhinderte, daß FDDI und Fast Ethernet bei dieser Prüfung ganz durchfielen.

Geht es jedoch um "Fehlererkennung und Ausfallsicherheit", hat FDDI die Vorteile auf seiner Seite. Der doppelt ausgelegte FDDI-Ring, auf dem die Daten gegeneinander versetzt transportiert werden, hält selbst bei einem physikalischen Ausfall eines Teilabschnitts den Netzbetrieb aufrecht. Mit einer solchen Ausfallsicherheit können weder ATM noch Fast Ethernet aufwarten. Zwar bietet ATM die Möglichkeit, verschiedene LAN-Emulation-Server (LES) für ein einziges LAN einzurichten, so daß beim Ausfall des zentralen LES das Netz trotzdem weiterarbeitet. Allerdings komplizieren die zahlreichen Statistiken der ATM-Switches die Fehlersuche. Erschwerend kommt hinzu, daß die in Zellen verpackten Ethernet-Pakete teure Analyse-Tools erfordern. Gänzlich abgeschlagen ist in dieser Disziplin Fast Ethernet, das von Haus aus über keine Fehlererkennung beziehungsweise fehlertolerante Mechanismen verfügt. Lediglich die SNMP-Unterstützung bietet heute einen Ausweg aus diesem Dilemma.

Fast Ethernet ist im Preis unschlagbar

Dafür konnte Fast Ethernet die Kategorie "Preis" ganz klar für sich entscheiden. Auf dem zweiten Platz landete FDDI, das aufgrund seiner langen Marktpräsenz schon mehrfach verbilligt wurde. Am teuersten kommt den Anwender die noch relativ junge ATM-Technolgie.

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß sich die Technologien radikal in der Art und Weise unterscheiden, wie sie Daten über das Netz transportieren. Jedes Verfahren weist dabei in gewissen Bereichen Stärken auf. Alles in allem entpuppte sich FDDI als Gewinner. Ein Ergebnis, das nicht unbedingt eine Überraschung ist, denn schließlich wurde FDDI ursprünglich für den Einsatz im Backbone-Bereich entwickelt. So kann dieses Verfahren gegenüber den Konkurrenten vor allem mit der starken Fehlertoleranz überzeugen, die von Beginn an eingebaut war.

Unglücklicherweise sieht es jedoch so aus, als ob dies ein Pyrrhussieg für FDDI wäre: Die Tage dieser Technik scheinen bereits gezählt zu sein, da sie nicht weiterentwickelt wird. Zudem ist zu erwarten, daß das ATM- und Fast-Ethernet-Lager in den nächsten Jahren mit Angeboten aufwartet, die die Performance von FDDI übertreffen, selbst wenn sie nicht dessen Fehlertoleranz erreichen. Zumindest momentan kann FDDI seinen Platz als Champion im Backbone aber noch behaupten.

Historie

Mitte der 80er Jahre auf den Markt gebracht, mauserte sich FDDI in vielen Unternehmen zur Backbone-Technologie schlechthin, war sie doch auf Jahre hinaus die einzig echte standardisierte 100-Mbit/s-Lösung für LANs. Die dazugehörige Fehlertoleranz, die mit einer doppelten Ringauslegung der physikalischen Leitungen erreicht wurde, trug das ihre zur FDDI-Erfolgsgeschichte bei. Mittlerweile haben, so amerikanische Quellen, die Hälfte der Fortune-5000-Unternehmen ein FDDI-Backbone installiert, und glaubt man einer Studie der Gartner Group, gehen noch immer 46 Prozent der verkauften 100-Mbit/s-Ports und -Adapter auf das Konto von FDDI.

Fast Ethernet startet das Rennen um die Anwendergunst mit dem Vorteil eines deutlich niederigeren Preisniveaus. Im Vergleich zu den beiden Konkurrenten fehlt dem Verfahren aber die Raffinesse und der Komfort der teureren Lösungen. Salopp ausgedrückt ist es die einzige Aufgabe von Fast Ethernet, Daten schnell und billig zu transportieren.

ATM auf der anderen Seite erweckt den Eindruck eines Fünf-Sterne-Restaurants, dessen vielfältiges Angebot jedoch eher verwirrt als verführt. Schließlich handelt es sich hier um einen Standard, der die Übertragung von Daten, Video und Sprache gleichzeitig über dieselbe Infrastruktur ermöglicht. Dazu verwendet ATM ein komplexes Protokollsystem mit der Konsequenz, daß dem Verfahren grundsätzlich ein einfaches Interface fehlt. Erschwerend kommt der komplizierte Konfigurationsprozeß der LAN-Emulation hinzu. Solange die Hersteller hier keine Abhilfe schaffen, gehören gescheiterte ATM-Projekte zum Alltag.