Glasfaser und Digtalkamera

Nobelpreis für die "Meister des Lichts"

06.10.2009
Wer heute zum Telefonhörer greift oder sich ins Internet einklinkt, nutzt eine revolutionäre Technik.
Unsere moderne Kommunikation wäre ohne Glasfasern undenkbar.
Unsere moderne Kommunikation wäre ohne Glasfasern undenkbar.
Foto: Vodafone

Erst die Hochgeschwindigkeits-Datenübertragung per Glasfaser hat es ermöglicht, glasklare Telefonverbindungen etwa zum Vetter in Italien aufzubauen und Bilder, Texte und Töne in Sekundenbruchteilen rund um den Globus zu schicken. Glasfaserkabel bilden das Rückgrat unserer Informationsgesellschaft. Eine zweite, nicht weniger bahnbrechende optische Erfindung trägt jeder Besitzer einer Digitalkamera mit sich herum: den lichtempfindlichen CCD-Chip, der zudem Forschern unterschiedlichster Disziplinen fundamental neue Einblicke ermöglicht hat. Beide Entwicklungen zeichnet die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften in diesem Jahr mit dem Physik-Nobelpreis aus.

Der 1933 in China geborene Brite und US-Bürger Charles Kao hatte bereits in den 1960er Jahren das Potenzial der Glasfaser erkannt. 1966 gelang ihm an den Standard Telecommunication Laboratories in Harlow (Großbritannien) ein Durchbruch bei der Berechnung, der eine Datenübertragung über 100 Kilometer möglich scheinen ließ - Glasfaser-Standard war damals nur 20 Meter. Nur vier Jahre später gelang die Herstellung des ersten für die Fernübertragung nötigen ultrareinen Glasfaserkabels.

Heute sind weltweit mehr als eine Milliarde Kilometer Glasfaser verlegt, hintereinander geknüpft würden sie 25.000 Mal um den Globus reichen. Und stündlich kommen einige tausend Kilometer hinzu. Glasfasern transportieren nahezu den gesamten Telefon- und Datenverkehr auf unserem Planeten, wie das Nobelkomitee betont, auch Gespräche vom Handy landen am Ende im Glasfasernetz. "Dass die Pressekonferenz von dieser Nobelpreisvergabe in aller Welt im Fernsehen gezeigt werden kann, haben wir nicht zuletzt der Arbeit von Charles K. Kao zu verdanken", unterstrich Komitee-Mitglied Joseph Nordgren am Dienstag in Stockholm. Kao (75) erhält eine Hälfte des mit knapp einer Million Euro (10 Millionen Schwedischen Kronen) dotierten Physik-Preises.

"Die Bedeutung kann man nicht hoch genug einschätzen", urteilte Godehard Walf vom Heinrich-Hertz-Institut (HHI) in Berlin, dem Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, über die Glasfaser. Ohne diese Technik gäbe es Internet und Telefon nicht in diesem Umfang und nicht zu diesen Preisen. "Das ist die Basis für die gesamte Informationstechnik. Und sie spielt mittlerweile in allen Lebensbereichen eine Rolle." Die Bedeutung reiche weit über die Kommunikation hinaus, betonte auch Lukas Eng von der Technischen Universität Dresden. Sensoren im medizinischen Bereich und für Abgase etwa würden nach diesem Prinzip gebaut. Glasfasern ließen sich in Venen einführen oder in Endoskopen verwenden. "Damit kann man Tumoren anschauen oder auch zerstören."

Nicht weniger verbreitet sind die CCD-Chips, für deren Entwicklung sich die US-Forscher Willard Boyle (85) und George Smith (79) die andere Hälfte des diesjährigen Physik-Nobelpreises teilen. Vom "Hubble"-Weltraumteleskop bis zur Erbgutanalyse helfen sie in der Forschung, das bislang Unsichtbare sichtbar zu machen. Sie sind in Mikroskopen und Röntgengeräten eingebaut, in Faxgeräten und Scannern, in Fernsehkameras und Fotohandys. In der Medizin liefern CCD-Sensoren Bilder aus dem Körperinneren - oft in Verbindung mit einem Glasfaserkabel als Endoskop.

Der Fotochip nutzt den sogenannten photoelektrischen Effekt, für den schon Albert Einstein 1921 mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet worden war: Fällt Licht auf einen leitenden Körper oder einen Halbleiter, können negativ geladene Teilchen (Elektronen) freigesetzt werden. In den von Boyle und Smith in den legendären Bell-Laboratorien entwickelten Fotosensoren sammeln sich die Elektronen in einzelnen Zellen, die nacheinander ausgelesen und als Pixel (Bildelemente) umgesetzt werden.

Die "listige und äußerst raffinierte Erfindung" von Boyle und Smith habe "zu einer wahren Anwendungs-Explosion in den letzten zehn Jahren geführt", sagte der schwedische Nobel-Juror und Elektronik-Professor Christer Svensson in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur dpa. Für Boyle selbst war es einer der bewegendsten Momente, als eine Raumsonde die ersten Bilder von der Oberfläche unseres Nachbarplaneten Mars zur Erde gefunkt hat. "Die Sonde war auf der Oberfläche des Mars und benutzte eine Kamera wie unsere - das wäre ohne unsere Erfindung nicht möglich gewesen", schwärmte der frischgekürte Nobelpreisträger im Telefonat mit dem Komitee. "Wir sahen zum ersten Mal die Oberfläche des Mars - das war sehr aufregend!" (dpa/tc)